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KI als Werkzeug für das strategische Management

KI als Werkzeug für das strategische Management

Die Künstliche Intelligenz (KI) entwickelt sich gegenwärtig zu einem mächtigen Werkzeug für das strategisches Management, das Lernprozesse beschleunigt, verstärkt und verändert. Dies gilt sowohl für die Unternehmensebene als auch für die Ebene der Funktionsbereiche und Geschäftsprozesse. Vorreiter-Unternehmen setzen eine wissensspezifische KI in den verschiedenen Phasen von Strategieprozessen ein und erzielen Wettbewerbsvorteile mit innovativen, KI-basierten Geschäftsmodellen. Dabei hat die generative KI den Charakter eines Weckrufs.

 

In unserer Blogpost-Reihe zur Künstlichen Intelligenz beschäftigt sich dieser Beitrag mit der Rolle von KI im strategischen Management. Darin erläutere ich die zunehmende Bedeutung von KI in Strategieprozessen.

 

Generative KI als Weckruf

Die Anwendung von Künstlicher Intelligenz im strategischen Management ist nicht neu. Bereits seit der Jahrtausendwende haben US-amerikanische Digital-Unternehmen wie Amazon die KI-basierte Personalisierung im Rahmen ihrer innovativen Geschäftsmodelle eingesetzt.1 Erstaunlicherweise ist der Beitrag der KI vielen Nutzern dieser Geschäftsmodelle nicht bewusst.

In unserem 2020 erschienenen Buch Das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz als Game Changer haben wir den Strategieprozess für neue IoT- und KI-basierte Geschäftsmodelle beschrieben2 und relevante Geschäftsmodellmuster behandelt.3 Zu dieser Zeit hielt sich das Interesse an dem Thema in Deutschland allerdings noch in Grenzen.

Der eigentliche Weckruf, der dann eine breite Öffentlichkeit wachgerüttelt hat, ist im November 2022 erfolgt, als OpenAI sein Dialogprogramm ChatGPT veröffentlichte. Diese Aktion löste einen Hype um die generative KI und große Sprachmodelle aus, dem eine gewisse Ernüchterung gefolgt ist.4

Viele Unternehmen fragen sich nun, welche Rolle die Künstliche Intelligenz in ihren Strategieprozessen spielen kann.

 

KI-unterstützte Strategieprozesse auf der Unternehmensebene

Eine Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) kommt zu dem Ergebnis, dass Künstliche Intelligenz Lernprozesse beschleunigt und verstärkt.5 Ein solches erweitertes (augmented) Lernen setzt an den vorhandenen Lernfähigkeiten an. Ein wichtiges Anwendungsfeld sind die verschiedenen Phasen von innovativen Strategieprozessen, die Unternehmen zu einer neuen Form von Wettbewerbsvorteilen verhelfen.

Lernprozess Innovationsstrategie

Am Anfang steht ein KI-Audit zur Analyse der strategischen Ausgangssituationen des Unternehmens und seiner Anwendung von KI. Hieran schließt sich eine KI-unterstützte strategische Vorausschau (Foresight) an, die eine schnellere und leistungsfähigere Früherkennung ermöglicht. Die wissensspezifische KI ist auch ein Mittel bei der Neuausrichtung von Geschäftsmodellen. Eine weitere Phase ist die Gestaltung eines KI-orientierten Stakeholder-Ökosystems. Bei der Auswahl von Partnern gilt es, die richtige Balance zwischen Kooperation und Wettbewerb zu finden.

Eine Basis für relevante Anwendungen bilden innovative KI-Plattform-Architekturen, zu deren Realisierung Unternehmen in der Regel Partner benötigen. Die Umsetzung von Strategien erfolgt mit Hilfe eines agilen, KI-unterstützten Performance Managements. Dabei findet eine enge Abstimmung zwischen der Unternehmensebene und der Ebene verbundener Geschäftsprozesse statt.

Eine entscheidende Rolle bei agilen Strategieprozessen spielen strategische Lernschleifen, die in Form von schnellen Iterationen ablaufen. So wird die Analyse der strategischen Ausgangssituation zu einem dynamischen Prozess.

 

KI-Audit zur Analyse der strategischen Ausgangssituation

Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) kommt zu dem Ergebnis, KI könne bundesweit 330 Milliarden Euro zur Bruttowertschöpfung beitragen. Jedes fünfte Unternehmen setzt bereits KI ein. Die meisten Anwendungen sind aber eher punktuell, z.B. in Form von Chatbots für Kundenanfragen. Erstaunlicherweise sagen 66 Prozent der Unternehmen, KI sei für ihr Geschäftsmodell nicht relevant. 36 Prozent halten die Integration in bestehende Systeme für schwierig. Über das fehlende Know-how der Beschäftigten klagen 47 Prozent. Der NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst glaubt aber dennoch, KI könne der Motor für einen wirtschaftlichen Aufschwung sein.6

Um dieses Ziel zu erreichen, sollten Unternehmen ein KI-Audit durchführen und sich z.B. mit der SWOT-Analyse einen Überblick zu ihrer strategischen Ausgangssituation verschaffen.7 Interessanterweise ähneln sich die Ergebnisse einer solchen Analyse der Stärken, Schwächen, Möglichkeiten und Bedrohungen. Eine Stärke vieler Unternehmen ist, dass sie über viel spezifisches Wissen verfügen, welches das Potenzial zu einer Erweiterung durch KI hat. Dem stehen häufig Schwächen bei einer systematischen Verankerung von KI in Strategien und Prozessen gegenüber. Die Möglichkeiten von KI liegen sowohl in der Produktivitätssteigerung als auch in Innovationsvorteilen durch neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle. Andererseits gibt es vielfältige Bedrohungen durch Konkurrenten, nicht-europäische Stakeholder-Ökosysteme und einen Missbrauch der in Künstlicher Intelligenz steckenden Macht.8

Lernprozess Innovationsstrategie

Auf dieser Grundlage geht es dann in einem nächsten Schritt darum, sich mit Hilfe einer KI-unterstützten strategischen Vorausschau noch besser auf zukünftige Entwicklungen vorzubereiten.

 

KI-unterstützte strategische Vorausschau

Die in den 1970er und 80er Jahren geprägten Begriffe strategische Früherkennung und Vorausschau (Foresight) haben eine längere Vorgeschichte, in der noch heute verbreitete Methoden wie die Szenarioanalyse entstanden sind. Der von uns entwickelte Gamechanger-Radar ermöglicht eine Vorbereitung auf tiefgreifende Veränderungen.9 Mit einer KI-unterstützten strategischen Vorausschau schreiben Vorreiter-Unternehmen nun ein neues Foresight-Kapitel. Dieses Kapitel geht von einem Wandel der Art und Weise aus, wie Menschen im Internet nach Informationen suchen.

So hat Google die neue Suchfunktion „Übersicht mit KI“ entwickelt, die zusammenfassende Texte zu Themen liefert. Ein Beispiel ist in der folgenden Abbildung dargestellt. Das Thema, das ich eingegeben habe, lautet: „Applying Complexity Theory in Management“. Die Antwort, die Google liefert, ist überraschend gut. Sie beschreibt den Paradigmenwechsel im strategischen Management, der sich in den vergangenen Jahrzehnten vollzogen hat, umfassender und besser als viele einzelne Publikationen zu diesem Thema.

Lernprozess Innovationsstrategie

Foresight-Anwender werden relativ schnell lernen, ihre Prompting-Fähigkeiten zu verbessern. Daneben entstehen gegenwärtig KI-unterstützte Foresight-Plattformen, die das frühzeitige Erkennen neuer Trends, die sich meist in Form von schwachen Signalen ankündigen, vereinfachen und beschleunigen.

Natürlich stellt diese Entwicklung auch eine Bedrohung für das traditionelle, mit Werbung verknüpfte Suchmaschinengeschäft von Google dar. Das Start-up Perplexity versucht z.B. mit seiner benutzerfreundlichen „Antwortmaschine“, Google Nutzer abzujagen. Es bleibt abzuwarten, wie sich dies auf den Gewinnbringer des Marktführers auswirken wird.10

Für komplexe Aufgabenstellungen wie die strategische Vorausschau bietet die Reasoning AI („argumentierende KI“) Vorteile. Sie wird inzwischen von einigen KI-Entwicklern angeboten. Beim Reasoning zerlegt die KI mögliche Anfragen in Teilprobleme und bearbeitet diese schrittweise. Ein solches langsameres Denken kostet mehr Computerleistung und Strom. Das „Nachdenken“ von KI nennen Entwickler Chain of Thought (CoT) im Sinne einer Argumentationskette. Reasoning-Modelle erreichen dies durch einen zusätzlichen Trainingsschritt, der mit Hilfe des Reinforcement Learning ausführliche Begründungen schult. Ähnlich wie ein erfahrener Mitarbeiter analysieren Reasoning-Modelle schrittweise komplexe Informationen. Dazu benötigen sie einen einzigen präzisen Prompt und viel Kontext. Die Anwendung von „argumentierender KI“ bei der strategischen Vorausschau befindet sich allerdings noch im Experimentierstadium.11

 

KI-basierte Neuausrichtung von Geschäftsmodellen

Gegenwärtig entstehen innovative Geschäftsmodelle für eine KI-basierte Robotik. Hierin liegt eine Chance für Europa. Die Stanford-Professorin und große „Patin der KI“ Fei-Fei Li hat das Start-up World Labs gegründet, das KI-Modelle für eine räumliche Intelligenz von Robotern entwickelt, die Maschinen unterstützen. Auch die Google-Tochter DeepMind und der Digital-Gigant Nvidia arbeiten an Partnernetzwerken für KI-basierte menschenähnliche Roboter. Viele der Partner kommen aus Europa. Neben bekannten Robotik-Unternehmen entstehen hier Start-ups wie Anybotics (Schweiz) sowie Agile Robots, Neura Robotics und Quantum Systems aus Deutschland, die aber nicht über so große finanzielle Mittel verfügen, wie ihre Wettbewerber aus den USA (z.B. Figure AI und Covariant). Für Europa kommt es darauf an, möglichst schnell die Chancen zu nutzen, die sich aus der Verbindung von tiefem branchenspezifischem Wissen und innovativen KI-Modellen ergeben.12

Bei einer KI-basierten Neuausrichtung von Geschäftsmodellen sind zwei Dimensionen relevant. Diese Dimensionen sind die Produktivitätsorientierung und die Innovationsorientierung. Die meisten Unternehmen beginnen mit einer KI-basierten Produktivitätssteigerung und setzen KI bei Routineprozessen ein, um Personalkosten zu senken. Daneben sind inzwischen viele Anwendungsfelder für KI-basierte Innovationen entstanden. Wenn beide Dimensionen zusammenkommen, sprechen wir von einer KI-basierten Ambidextrie. Der Begriff Ambidextrie kennzeichnet ursprünglich im Sport die Fähigkeit zum Einsatz beider Hände. Übertragen auf das Management beschreibt Ambidextrous Leadership eine Führung, die eine gute Balance zwischen Innovation und Produktivität findet.13

Lernprozess Innovationsstrategie

Aufgrund der spezifischen Anwendungen dieser beiden Dimensionen in Branchen und Unternehmen ergibt sich eine große Vielfalt an KI-basierter Ambidextrie. Dabei sind die neuen Geschäftsmodelle in KI-orientierte Stakeholder-Ökosysteme eingebettet.

 

KI-orientierte Stakeholder-Ökosysteme

Die deutsche und die europäische Politik planen eine Leistungssteigerung ihres KI-Ökosystems. Angesichts einer sich wandelnden geopolitischen Lage sieht der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung eine Stärkung der digitalen Souveränität vor. Die Digitalpolitik der Europäischen Union (EU) zielt in die gleiche Richtung. Geplant sind fünf riesige Rechenzentren, um den Rückstand bei der Künstlichen Intelligenz aufzuholen. Kandidaten für eine solche Gigafactory in Deutschland sind die Standorte Jülich und Stuttgart. Bei der KI-Regulierung möchte die EU die Wettbewerbsfähigkeit stärker in den Mittelpunkt stellen und Bürokratie abbauen. Hierzu liegt der Entwurf eines EU-Aktionsplans vor. Ob diese Maßnahmen ausreichen, um die Abhängigkeit von den großen Cloud-Anbietern (Hyperscaler) aus den USA zu verringern, bleibt abzuwarten.14

Auch bei einer Gestaltung des KI-orientierten Stakeholder-Ökosystems eines Unternehmens15 sind zwei Dimensionen zu beachten. Die eine Dimension ist die Abhängigkeit von mächtigen, nicht-europäischen KI-Anbietern. Um diese Abhängigkeit zu verringern, gewinnt als zweite Dimension für Unternehmen eine Verbesserung der eigenen Kompetenzen zur Entwicklung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz an Bedeutung. In der Hype-Phase von KI-Grundlagenmodellen hat die Abhängigkeit von US-amerikanischen Anbietern zugenommen. Die Chance für Europa liegt nun vor allem bei wissensspezifischen KI-Modellen für verschiedene Anwendungen. Durch eine Verbindung dieser beiden Dimensionen entstehen hybride KI-Ökosysteme. Eine solche Konnektivität erfordert spezifische Fähigkeiten.

Lernprozess Innovationsstrategie

Angesichts der geopolitischen Unsicherheiten stehen Unternehmen bei der Gestaltung ihres KI-Ökosystems vor der schweren Aufgabe, die richtigen Partnern zu finden. Dabei sind die Übergänge zwischen Kooperation und Wettbewerb fließend. Eine solche Situation beschreibt der Begriff Coopetition.16 Für eine Kombination von Cooperation und Competition fehlen bei KI-Ökosystemen bislang aber noch die theoretischen Grundlagen. Ein wichtiges Anwendungsfeld ist die Auswahl und eigene Entwicklung von innovativen KI-Plattform-Architekturen.

 

Innovative KI-Plattform-Architekturen

Der Chiphersteller AMD und das zu AMD gehörende finnische Start-up Silo AI arbeiten mit den Unternehmen der schwedischen Wallenberg-Gruppe zusammen. Der Nvidia-Wettbewerber AMD hat eine Partnerschaft mit 38 Unternehmen bekannt gegeben. Hierzu gehören u.a. AstraZeneca, Scania, Saab, Ericsson und IKEA. Die Zusammenarbeit koordiniert das Wallenberg-Innovationsnetzwerk Combient. Das Ziel ist eine Skalierung unternehmensspezifischer KI-Modelle. Während OpenAI seine KI-Modelle auf Nvidia-Chips trainiert, verwendet Silo AI Chips von AMD. Die Rolle von Silo AI ist, den Einsatz von KI-Modellen bei Unternehmen, die AMD-Plattformen nutzen, zu beschleunigen. Eine wichtige Rolle spielt dabei, auf welcher Infrastruktur die Arbeiten begonnen haben, da ein Umzug aufwändig ist. Silo AI setzt multimodale KI-Agenten ein, also Modelle, die neben Sprache auch Bilder und Audiodateien verarbeiten.17

Etablierte Digital-Unternehmen praktizieren seit geraumer Zeit eine Organisationsform, in deren Zentrum sich eine IT-Plattform befindet.18 Mit der zunehmenden Bedeutung von Künstlicher Intelligenz wird dieses Konzept für etablierte Unternehmen immer relevanter. Dabei verbinden innovative KI-Plattform-Architekturen sowohl die strategische und die operative Ebene als auch zentrale und dezentrale Organisationseinheiten. Dies ermöglicht, dass alle Geschäftsprozesse und Projekte Zugang zu einer gemeinsamen Datenbasis haben. Aufgrund ihrer verbindenden Rolle werden KI-Plattformen somit nicht nur zu einem Strategiebaustein, sondern auch zu einem wichtigen organisatorischen Gestaltungselement. Eine nicht einfach zu beantwortende Frage ist, wie groß der Anteil von Partnern und der eigene Anteil bei einer solchen KI-Plattform sein soll.

Lernprozess Innovationsstrategie

Innovative Plattform-Architekturen liefern auch die Infrastruktur für ein KI-unterstütztes Performance Management.

 

KI-unterstütztes Performance Management

Bei der Beantwortung der Frage, wie Künstliche Intelligenz das Performance Management verbessern kann, hilft ein Blick in die Geschichte der Leistungsmessung. Wichtige konzeptionelle Grundlagen liefern das von Peter Drucker entwickelte Management bei Objectives (MbO) und die von dem Organisationspsychologen Edwin Locke stammende Zielsetzungstheorie. Bereits in den 1980er Jahren entstand bei Intel die agile Objectives and Key Results (OKR-) Methode, die der Wagniskapitalgeber Kleiner Perkins z.B. bei Google einsetzte.19 In Deutschland wesentlich bekannter ist die aus einer Best-Practice-Studie von Robert Kaplan und David Norton hervorgegangene Balanced-Scorecard-Methode.20 Ein von Kleiner Perkins und dem Start-up Betterworks gestaltetes, KI-unterstütztes Performance Management zielt nun auf eine bessere Verbindung von Strategie und Motivation ab.

Lernprozess Innovationsstrategie

Für das Jahr 2025 gehört die Künstliche Intelligenz zwar zu den Topthemen des Managements, viele Unternehmen formulieren aber weder konkrete KI-Ziele noch messen sie die Ergebnisse. Eine weltweite BCG-Studie, in der 1800 Manager befragt wurden, kommt zu dem Ergebnis, dass nur 24 Prozent der Unternehmen ihre operativen und finanziellen KI-Ziele nachverfolgen. Ein KI-unterstütztes Performance Management steht vor drei Herausforderungen. Diese Herausforderungen sind:21

  1. Frühe Erprobungsversuche nicht abwürgen
  2. geeignete Schlüsselergebnisse für den Erfolg einer einzelnen Maßnahme festlegen und darüber hinaus
  3. die längerfristigen Effekte erfassen, die aus dem Zusammenwirken verschiedener Maßnahmen resultieren.

Die agile OKR-Methode liefert hierfür eine konzeptionelle Basis, bedarf aber einer Anpassung. Der OKR-Pionier Kleiner Perkins ist einer der Kapitalgeber des Anbieters von Performance-Management-Software Betterworks. Die Vision des 2013 gegründeten Unternehmens mit Sitz in Palo Alto ist, das traditionelle Performance Management weiterzuentwickeln. Eine wichtige Rolle spielt dabei KI als Co-Pilot. Zeitgewinne bei Routineaufgaben können Manager so in eine bessere Harmonisierung strategischer und operativer Projekte investieren. Wichtige Anwendungsfälle (Use Cases) sind:22

  • Eine Abstimmung von anspruchsvollen Unternehmenszielen und persönlichen Zielen
  • datenbasierte, motivierende Feedbacks sowie
  • die Unterstützung von Kommunikations- und Lernprozessen.

Der angestrebte Nutzen, der zum Gesamterfolg beiträgt, ist:

  • Eine Verringerung von Voreingenommenheit (bias), mehr Fairness und Objektivität
  • eine erhöhte Produktivität sowie
  • bessere persönliche Beziehungen.

Damit kommt das Performance Management dem schon von der Zielsetzungstheorie verfolgten Motivationsgedanken einen Schritt näher.

Mit der zunehmenden Bedeutung von Künstlicher Intelligenz im strategischen Management wird neben praktischen Fähigkeiten beim Umgang mit KI als Werkzeug die geopolitische Kompetenz bei der Zusammenarbeit mit Stakeholdern immer wichtiger. Eine Grundlage hierfür ist ein starkes Zukunftsnarrativ.

 

Ein starkes Zukunftsnarrativ als Grundlage

In unserem 2020 erschienenen Buch zum Gamechanger-Potenzial der Künstlichen Intelligenz haben wir uns kritisch mit der europäischen und der deutschen Digitalpolitik auseinandergesetzt.23 Die neue Bundesregierung steht nun vor der Aufgabe, ein starkes Zukunftsnarrativ zu entwickeln, das verschiedene Politikfelder verbindet.24 Ein Ansatz zu einer solchen dringend benötigten, großen Erzählung ist die Anwendung von vertrauenswürdiger KI sowohl zur Steigerung der Produktivität als auch zur Lösung der Innovations- und Umweltprobleme von Organisationen. Im Mittelpunkt steht dabei die bereits skizzierte neue Form der Ambidextrie.

Lernprozess Innovationsstrategie

Die traditionelle Ambidextrie strebt eine Balance zwischen der Erschließung von Innovationspotenzialen (Exploration) und der Ausschöpfung von Produktivität (Exploitation) an. Mit Hilfe einer KI, die vertrauenswürdig sein sollte, bietet sich nun die Möglichkeit, gleichzeitig

  • durch Produktivitätssteigerungen die Arbeitskosten zu senken, dem Fachkräftemangel zu begegnen25 und
  • qualifiziertes Personal stärker zur digitalen und ökologischen Neuausrichtung von Organisationen einzusetzen.26

Angesichts der veränderten geopolitischen Lage ergibt sich für eine AI made in Europe ein Zeitfenster, das der „alte Kontinent“ nutzen sollte, um die Weltmarktführerschaft bei notwendigen Nachhaltigkeitsinnovationen anzustreben.27 Aufgrund der Vielzahl der zu bewältigenden Krisen erfordert dies zunächst ein resilienzorientiertes strategisches Management.28

 

Fazit

  • Strategieprozesse werden durch die Anwendung von Künstlicher Intelligenz leistungsfähiger
  • Eine wissensspezifische KI unterstützt die strategische Vorausschau, eine Neuausrichtung von Geschäftsmodellen, die Gestaltung von Stakeholder-Ökosystemen, innovative Plattform-Architekturen und das Performance Management
  • Vorreiter-Unternehmen arbeiten an einer KI-basierten Ambidextrie
  • Angesichts der geopolitischen Herausforderungen kommt es entscheidend auf die Wahl der richtigen Partner an.

 

Literatur

[1] Servatius, H.G., Wettbewerbsvorteile mit wissensspezifischer KI. In: Competivation Blog, 11.02.2025

[2] Kaufmann, T., Servatius, H.G., Das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz als Game Changer – Wege zu einem Management 4.0 und einer digitalen Architektur, SpringerVieweg 2020, S. 56ff.

[3] Kaufmann, Servatius, a.a.O., S. 34ff.

[4] Servatius, H.G., Entwicklung der KI-Technologien. In: Competivation Blog, 19.02.2025

[5] Alavi, M., Westerman, G., How GenAI Will Transform Knowledge Work. In: Harvard Business Review, 7. November 2023

[6] Höning, A., Kowalewski, R., Jeder fünfte Betrieb in NRW nutzt KI. In: Rheinische Post, 13. November 2025, S. 1

[7] Servatius, H.G., Auditierung des Innovationssystems eines Unternehmens. In: Competivation Blog, 19.03.2015

[8] Suleyman, M., Bhaskar, M., The Coming Wave – Technology, Power and the Twenty-First Century‘s Greatest Dilemma, Crown 2023

[9] Servatius, H.G., Strategische Vorausschau mit einem Game-Changer-Radar. In: Competivation Blog, 27.01.2021

[10] Alvares de Souza Soares, P., Geldmaschine Google – Wie lange noch? In: Handelsblatt, 25./26./27. April 2025, S. 26-27

[11] Knees, L., Warum Nutzer mehr für langsame KI zahlen. In: Handelsblatt, 31. März 2025, S. 24-25

[12] Holtermann, F., Schimroszik, N., Die Roboter kommen! In: Handelsblatt, 3./4./5. Januar 2025, S. 44-48

[13] O’Reilley, C., Tushman, M., Lead and Disrupt – How to Solve the Innovator‘s Dilemma, Stanford Business Books 2016

[14] Bomke, L., et al., Europa will eigene KI-Factories bauen. In: Handelsblatt, 9. April 2025, S. 6-7

[15] Servatius, H.G., Gestaltung von innovativen Stakeholder-Ökosystemen. In: Competivation Blog, 10.01.2023

[16] Brandenburger, A.M., Nalebuff, B.J., Co-Opetition – A Revolutionary Mindset That Combines Competition and Co-Operation, Bantam 1996

[17] Holzki, L., AMD schließt Partnerschaft mit der Industrie. In: Handelsblatt, 30. Januar 2025, S. 24

[18] Servatius, H.G., Die Ressourcen-Plattform mit agilen Teams als neue Organisationsform. In: Competivation Blog, 12.01.2021

[19] Doerr, J., Measure What Matters – How Google, Bono and the Gates Foundation Rock the World with OKRs, Portfolio/Penguin 2018

[20] Kaplan, R.S., Norton, D.P., Balanced Scorecard – Translating Strategy into Action, Harvard Business School Press 1996

[21] Bomke, L., Höppner, A., Nur wenige Unternehmen messen ihre KI-Initiativen. In: Handelsblatt, 16. Januar 2025, S. 21

[22] Gouldsberry, M., The Pivotal Role of AI in Performance Management, 11. Januar 2025

[23] Kaufmann, Servatius, a.a.O, S. 203ff.

[24] Servatius, H.G., Auf dem Weg zu einem neuen wirtschaftspolitischen Narrativ. In: Competivation Blog, 16.05.2022

[25] Servatius, H.G., Prozessorientierte KI zur Produktivitätssteigerung. In: Competivation Blog, 12.03.2025

[26] Servatius, H.G., KI und die Zukunft der Management Education. In: Competivation Blog, 09.04.2025

[27] Servatius, H.G., Nachhaltigkeitsorientiertes strategisches Management. In: Competivation Blog, 15.08.2024

[28] Servatius, H.G., Resilienzorientiertes strategisches Management. In: Competivation Blog, 15.03.2024

GenAI-based strategic learning loops as a connecting process pattern

GenAI-based strategic learning loops as a connecting process pattern

The fifth development stage of a connective strategic management aims to make organizations and countries more digital, sustainable and resilient. In this stage, pioneering companies are realigning their strategic processes. The focus here is on GenAI-based strategic learning loops as a connecting process pattern. This innovative approach has the potential to improve the management of complexity. Here too, generative artificial intelligence (GenAI) is a driver and game changer. With the help of AI, strategy teams can further develop their individual leadership strengths and take advantage of the opportunities offered by new technologies. At the same time, it is important to reduce the risks associated with these technologies. A suitable containment approach for this currently only exists in its infancy. An alternative to the powerful digital giants is currently emerging in Germany.

 

In the first part of this blog post, I explain why the concept of strategic learning loops is becoming increasingly important for corporate success.

 

Disruption with GenAI made in Germany

If you are looking for successful strategy processes in Germany, the Schwarz Group, which has made the discount king Dieter Schwarz the richest citizen in the country, is an interesting lesson. First of all, the development of the discounters Lidl and Kaufland is a successful example of demand-side disruption.1 Building on this, the Schwarz Group began producing its own food and setting up a recycling subsidiary.

With the Schwarz Digits division, which focuses on digital sovereignty, the Group’s disruption strategy is taking on a new dimension. The digital division’s portfolio currently consists of the following strategic business units and investments:

  • Stackit offers a sovereign cloud solution with technical infrastructure in Germany and Austria
  • The start-up Aleph Alpha is working on independent and transparent artificial intelligence
  • XM Cyber uncovers security vulnerabilities with the power of attack simulation
  • and finally, as a pioneer in data protection and encryption, Wire provides secure communication.

The highest growth rates worldwide are forecasted for this bundle of strategic business areas.2 Sovereign, trustworthy AI made in Germany3 could prove to be a complement to the offerings of the digital giants, with whom cooperation is of course also possible.

Walter Wolf, CEO of Schwarz Digits, emphasizes the importance of specific knowledge for the company’s success, which must be protected. In October 2024, the company also deepened its partnership with SAP so that Stackit customers can take advantage of the comprehensive RISE with SAP offering.4

The universities, research institutions and start-ups supported by the Schwarz Group form the core of an innovation ecosystem5 in the region around Heilbronn and Heidelberg, which is highly attractive to partners from all over Europe.

With the Data Hub Europe, Schwarz Digits is now working with Deutsche Bahn to create a data platform for training specific, proprietary and confidential AI models.6 This example shows that successful strategy processes for digital innovations based on entrepreneurs are also possible in Germany.

In our book „The Internet of Things and Artificial Intelligence as a Game Changer“, published in 2020, we described the importance of linking centralized and decentralized processes with strategic learning loops.7 The central strategy processes take place at the level of the entire company. Agile strategy teams work at the decentralized level and are networked with each other as well as with the central level and its IT architecture.

In the following sections, I would like to explain how companies can better exploit the potential of strategy processes today. I will start with some basics.

 

Various strategy terms, behavioral patterns and strategy schools

The term strategy has different meanings. In his famous 5Ps, Henry Mintzberg mentions the plan, the ploy, the pattern, the position and the perspective.8 From today’s perspective, the different patterns of behavior that occur in certain types of companies and in specific situations are particularly relevant. For example, the visionary pattern of innovative companies, the classic pattern of established large companies, the agile pattern of start-ups and the scaling pattern of companies with a digital platform business model differ significantly from one another. Added to this is the cost-cutting pattern of companies undergoing restructuring.

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Mintzberg and his co-authors also published a description of ten schools of strategy that have emerged since the 1960s in 1999.9 For example, the positioning school propagated by consulting firms and Harvard professor Michael Porter views strategy development and implementation primarily as an analytical process. When this school came to Germany in the 1970s and 80s, it met with a relatively high level of acceptance, particularly in established large companies.

The many world market leaders that are little known to the general public, for whom Hermann Simon coined the term „hidden champions“ in 1990,10 tend to practice a combination of the entrepreneurial school, the learning and cultural school. From the perspective of the learning school, strategies and, above all, innovations arise from the complex interaction of a large number of players. Such an emerging process is also an important success factor in many digital companies.11

Lernprozess Innovationsstrategie

The first three of the ten schools are prescriptive in nature, i.e. they attempt to describe how strategy processes should work. The more recent seven schools, which include the learning school, are descriptive. Their aim is to describe how strategy processes actually take place.

My experience from strategy consulting for many DAX companies and even more „hidden champions“ is that strategy processes are much more complex in practice and usually combine different schools of strategy. This applies in particular to the combination of different behavioral patterns, e.g. in the context of mergers and acquisitions.

An important, but for a long time not well understood concept for managing the complexity of strategy processes are strategic learning loops and their emergence from various subject areas.

 

Development of strategic learning loops

The concept of strategic learning loops has emerged from two subject areas that have developed relatively separately from each other. The first area is strategy processes – surprisingly an area that has been neglected by management science and practice after a great deal of early work and in which there has been little progress. I have been concerned about these deficits for a long time.

After my dissertation on strategic technology management in 198512 , I had hoped that the successful implementation of technical innovations in the USA with the help of corporate venture management would also meet with broad approval in Germany. Unfortunately, the timing was not right when I published my book on this topic in 1988.13 It would take more than a decade before the investment of established companies in start-ups gradually gained in importance in Germany as well. Based on my experience from a large number of consulting projects with deficits in strategy processes, I began to look for the causes of these difficulties. In doing so, I was able to build on what I had learned in the meantime about innovation culture and strategic change.

In my post-doctoral thesis, published in 1991, I critically examined traditional strategic management „field commander style“. The alternative concept is evolutionary leadership of learning organizations.14 Successful digital start-ups have made this paradigm shift in strategic management from mechanistic to overcoming complexity and are now the most valuable companies in the world.15

Since the 1980s, problems in the implementation of strategies have become more of a focus of interest and various approaches to performance management have emerged. Semiconductor pioneer Intel developed the Objectives and Key Results (OKR) method, which was primarily used by start-ups such as Google.16 In Germany, the balanced scorecard method, which emerged from a best practice study by Robert Kaplan and David Norton and follows a more traditional top-down concept, became much better known.17

The second topic is learning loops, which have their roots in action research developed by social psychologist Kurt Lewin back in the 1940s.18 Such an approach in the form of a spiral of repetitive loops has become an important method of organizational development that favours a bottom-up approach. For a long time, however, the thinking patterns of strategists and organizational developers had little in common. This only changed with the increasing importance of strategic change.19

The great practical relevance of learning loops today lies in the fact that they are part of the basic procedural concept of agile methods such as design thinking, scrum and lean start-up.20 These agile methods have made a decisive contribution to the success of digital companies, but still meet with resistance in many established companies. It is important to understand that the scrum method was developed on the basis of the theory of complex adaptive systems. In agile organizations, the main task of managers is to create a suitable framework for more self-organization.

Lernprozess Innovationsstrategie

Combining these two topics with generative artificial intelligence as a driver now enables a fundamental realignment of strategy processes.21

 

Realignment of strategy processes

Pioneering companies with whom we work pursue the following three approaches when realigning their strategy processes:

  1. A breakdown of the processes into the phases of thinking, acting and communicative dissemination and change with strategic learning loops as a connecting process pattern
  2. improving the relevant strategic skills of project teams based on individual leadership strengths and
  3. exploiting the opportunities of company-specific generative artificial intelligence (GenAI) and containing its risks.

In the following, I will go into more detail about our experiences with the first two approaches. The last point will be the subject of the second part of this blog post.

 

Process phases and strategic learning loops

One shortcoming of traditional top-down strategy processes is the separation between the phases

  • creative strategic thinking that leads to the development or emergence of strategies and
  • practical strategic action to implement the strategies in the form of programs and projects that run alongside day-to-day operations.

At the interface between strategy generation and implementation, established companies have corporate development departments that are often supported by ambitious external consultants for challenging and unpleasant tasks. Empirical research on the success rate of this approach is limited. However, a growing number of negative practical examples show that this traditional understanding of the process needs to be revised.22

In addition to these two phases, there is a third phase in which the shortcomings in bureaucratic organizations are particularly pronounced. This phase is about the communicative dissemination of strategies and a change designed as a learning process.

In recent decades, start-ups and successful digital companies have provided important impetus for this. For a long time now, software development has no longer been carried out using the waterfall method but with an agile mindset.23 This is based on the aforementioned paradigm shift in strategic management from mechanistic to overcoming complexity. Strategic learning loops, which are increasingly GenAI-based, play an important role.

Lernprozess Innovationsstrategie

The basic principle of a strategic learning loop known from the lean start-up method is: formulate assumptions (hypotheses), design something (e.g. a further developed business model), test the assumptions, learn from the test results and, if necessary, pivot. In the digital world, these learning loops are the basics of successful management. However, encrusted silo organizations in business, administration and politics that are resistant to advice resist them with great emotional intensity.

The success of strategic learning loops lies in the fact that they combine the three phases of strategy processes described above. This creates a complexity-overcoming process pattern that is clearly superior to traditional approaches. The disruptive effect of this process pattern is a difficult barrier to overcome for established companies with „old-school“ managers.

 

Confirmation in training and further education

An interesting experience from university teaching in dual programs, in which people who work in different companies have the opportunity to share their experiences in a „fear-free space“, is the following: While one group of students experiences the unifying process pattern of strategic learning loops as an everyday working reality, for the other group this pattern is a foreign world in which attempts to change from within are perceived as futile or dangerous.

When the second group is asked whether external intervention by consultants, trainers or coaches would be promising, opinions are divided. One sub-group believes that this also has an alibi function at best. The other group believes that there is a certain openness to professional change agents because the signs of crisis are increasing and change is therefore necessary.

These personal experiences over a relatively long period of time confirm the thesis that Europe is divided into two management worlds. This gives rise to suggestions for answering the question of how strategy teams can improve their relevant skills.

 

Improvement of strategic capabilities

As in team sports, successful strategy teams are made up of players with different strengths. Creative strategic thinkers, analytically gifted planners, energetic implementers, strong communicators and empathetic change agents ideally act as strategy process champions in a team. However, many companies do not take full advantage of the opportunities to improve team performance in strategy processes, even though there are proven methods for doing so.

A well-known approach is the StrengthFinder concept, which divides personal leadership strengths into the categories of strategic thinking, implementation, influence on others and relationship development.24 The figure shows the mapping of 34 identified strengths to these categories based on Don Clifton’s research.

This concept is suitable for the assessment of managers, the composition of high-performance teams and the targeted further development of individual skills.

The use of generative artificial intelligence is now opening up new opportunities. This once again demonstrates the relevance of the term „hype cycle“ coined by Gartner consultant Jackie Fenn in 1995.25 The media hype cycle for new technologies often takes place in the following stages

  • basic research
  • technological trigger
  • exaggerated expectations up to a peak
  • disillusionment into the valley of disappointment
  • path to a realistic assessment and finally
  • a plateau in productivity.

I will discuss this and new developments in the application of generative AI in strategy processes in the second part of this blog post.

The example of Porsche shows how this can work in practice.

 

Changing rules of the game through AI in Porsche’s liquid organization

Sajjad Khan, Porsche’s IT Director, believes that AI is the next big wave that will fundamentally change the rules of competition. This game-changer effect lies in the possibilities of small and large language models to develop software faster. The goal must be the transition from the traditional hardware-first to a software-first approach. To achieve this, the mindset must change. His goal is to create a liquid organization in which everything is in flux and which works in turbo mode. The art of appropriate leadership is the close exchange with employees.26

The idea of a liquid or fluid organization has fascinated me for a long time. The subtitle of my book „Implementing Reengineering Programs“, published in 1994, is „From rigid structures to fluid processes“. In the publication, I tried to expand the then dominant view of IT-driven process innovations27 to include aspects such as interface competence, the fluidization of organizations and the mental change required for this.28 What has been booming since then is the implementation of resource management and customer relationship management software. Unfortunately, only a few established companies succeed in making the strategic change to fluid forms of organization and management, which is designed as a learning process. It is therefore to be hoped that they will master the current AI wave better than previous waves of digitalization.

 

Conclusion

  • The concept of strategic learning loops has emerged from the combination of two subject areas that have developed relatively separately from each other: Firstly, the learning school of strategy processes and secondly, action research as the basis for agile methods.
  • Strategic learning loops are a connecting process pattern that enables a realignment of strategy processes.
  • With generative artificial intelligence (GenAI), digital companies have developed a powerful tool that opens up great opportunities but also harbors considerable risks. This tool also has a game-changing effect on strategy processes.
  • The aim of politics, science, business and society in a resilient Europe should be to play a pioneering role in the development of a sovereign, trustworthy GenAI and its application in strategic processes.

 

Literature

[1] Servatius, H.G., How do you recognize a disruptive business model? In: Competivation Blog, 27.06.2016

[2] Scheppe, M., These industries will shape the economy in 2040, in: Handelsblatt, October 24, 2024, p.22-23

[3] Fokuhl. J., Bomke, L., AI „made in Germany“, in: Handelsblatt, October 22, 2024, p.6-7

[4] Wolf, W., „Many consider the data-sovereign cloud to be a utopia“, in: Trend Report, November 2024, p.12

[5] Fransman, M., Innovation Ecosystems – Increasing Competitiveness, Cambridge University Press 2018

[6] Holzki, L., Fokul, J., Deutsche Bahn and Schwarz Group plan data marketplace, in: Handelsblatt, October 25/26/27, 2024, p.24

[7] Kaufmann, T., Servatius, H.G., Das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz als Game Changer – Wege zu einem Management 4.0 und einer digitalen Architektur, SpringerVieweg 2020, p. 56 ff.

[8] Mintzberg, H., The Strategy Concept – Five Ps for Strategy, in: California Management Review, 1987, pp.11-24

[9] Mintzberg, H., Ahlstrand, B., Lampel, J., Strategy Safari – Eine Reise durch die Wildnis des strategischen Managements, Ueberreuter 1999

[10] Simon, H., Hidden Champions des 21. Jahrhunderts – Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer, Campus 2007

[11] McAfee, A., The Geek Way – The Radical Mindset That Drives Extraordinary Results, Macmillan Business 2023, p.103 ff.

[12] Servatius, H.G., Methodik des strategischen Technologie-Managements – Grundlage für erfolgreiche Innovationen, Erich Schmidt Verlag 1985

[13] Servatius, H.G., New Venture Management – Successful Solution of Innovation Problems for Technology Companies, Gabler 1988

[14] Servatius, H.G., Vom Strategischen Management zur Evolutionären Führung – Auf dem Weg zu einem ganzheitlichen Denken und Handeln, C.E. Poeschel Verlag 1991

[15] Servatius, H.G., Learning from successful digital companies, in: Competivation Blog, 12.07.2024

[16] Doerr, J., Measure What Matters: OKRs – the Simple Idea That Drives 10x Growth, Portfolio Penguin 2018

[17] Kaplan, R.S., Norton, D.P., The Execution Premium – Linking Strategy to Operations for Competitive Advantage, Harvard Business Press 2008

[18] Krizanits, J., Einführung in die Methoden der systemischen Organisationsberatung, Carl-Auer 2013, p.9 ff.

[19] Tichy, N.M., Managing Strategic Change – Technical, Political, and Cultural Dynamics, John Wiley & Sons 1983

[20] Ries, E., The Lean Startup – How Today’s Entrepreuners Use Continuous Innovation to Create Radically Successful Businesses, Crown Currency 2011

[21] Servatius H.G., Triple strategic realignment, in: Competivation Blog, 07.06.2024

[22] Mazzucato, M., Collington, R.H., Die große Consulting-Show – Wie die Beratungsbranche unsere Unternehmen schwächtt, den Staat unterwandert und die Wirtschaft vereinnahmt, Campus 2023

[23] Servatius, H.G., Ways to an agile mindset, in: Competivation Blog, 09.08.2018

[24] Rath, T., Conchie, B., Strengths Based Leadership – Great Leaders, Teams, and Why People Follow, Gallup Press 2008

[25] Fenn, J., Raskino, M., Mastering the Hype Cycle – How to Choose the Right Innovation at the Right Time, Harvard Business Review Press 2008

[26] Hucko, M., „AI completely changes the rules of the game“ (Interview with Sajjad Khan), in: Manager Magazin; November 2024, p.66-68

[27] Davenport, T.H., Process Innovation – Reengineering Work through Information Technology, Harvard Business School Press 1993

[28] Servatius, H.G., Reengineering-Programme umsetzen – Von erstarrten Strukturen zu fließenden Prozessen, Schaeffer-Poeschel 1994

GenAI-based strategic learning loops as a connecting process pattern

GenAI-basierte strategische Lernschleifen als verbindendes Prozessmuster

Die fünfte Entwicklungsstufe eines konnektiven strategischen Managements verfolgt das Ziel, dass Organisationen und Staaten digitaler, nachhaltiger und resilienter werden. In dieser Stufe richten Vorreiter-Unternehmen ihre Strategieprozesse neu aus. Im Mittelpunkt stehen dabei GenAI-basierte strategische Lernschleifen als verbindendes Prozessmuster. Dieser innovative Ansatz hat das Potenzial zu einer besseren Bewältigung von Komplexität. Auch hier ist die generative Künstliche Intelligenz (KI) ein Treiber und Game Changer. Mit Hilfe von KI entwickeln Strategieteams ihre individuellen Führungsstärken weiter und nutzen die Chancen der neuen Technologien. Gleichzeitig gilt es, die mit diesen Technologien verbundenen Risiken einzudämmen. Ein hierzu geeigneter Containment-Ansatz existiert gegenwärtig erst in Ansätzen. Eine Alternative zu den immer mächtiger werdenden Digitalgiganten entsteht gegenwärtig in Deutschland.

 

Im ersten Teil dieses Blogposts erläutere ich, warum das Konzept der strategischen Lernschleifen von zunehmender Bedeutung für den Unternehmenserfolg ist.

 

Disruption mit GenAI made in Germany

Wenn man nach erfolgreichen Strategieprozessen in Deutschland sucht, ist die Schwarz Gruppe, die den Discount-König Dieter Schwarz zum reichsten Bürger des Landes gemacht hat, ein interessantes Lehrstück. Zunächst einmal ist die Entwicklung der Discounter Lidl und Kaufland ein Erfolgsbeispiel für nachfrageseitige Disruption.1 Darauf aufbauend begann die Schwarz Gruppe mit der Eigenproduktion von Lebensmitteln und dem Aufbau einer Recycling-Tochtergesellschaft.

Mit der auf digitale Souveränität ausgerichteten Sparte Schwarz Digits erreicht die Disruptionsstrategie der Gruppe eine neue Dimension. Das Portfolio der Digitalsparte besteht gegenwärtig aus den folgenden strategischen Geschäftsfeldern und Beteiligungen:

  • Stackit bietet eine souveräne Cloud-Lösung mit technischer Infrastruktur in Deutschland und Österreich an
  • Das Start-up Aleph Alpha arbeitet an einer unabhängigen und transparenten Künstlichen Intelligenz
  • XM Cyber deckt Sicherheitslücken mit der Macht der Angriffssimulation auf
  • und schließlich liefert Wire als Vorreiter bei Datenschutz und Verschlüsselung eine sichere Kommunikation.

Für dieses Bündel strategischer Geschäftsfelder werden weltweit die größten Wachstumsraten prognostiziert.2 Eine souveräne, vertrauenswürdige KI made in Germany3 könnte sich als Ergänzung zu den Angeboten der Digitalgiganten erweisen, mit denen natürlich auch Kooperationen möglich sind.

Walter Wolf, Vorstand von Schwarz Digits, betont die Bedeutung von spezifischem Wissen für den Unternehmenserfolg, das es zu schützen gilt. Im Oktober 2024 hat das Unternehmen außerdem seine Partnerschaft mit SAP vertieft, sodass Stackit-Kunden das umfassende Angebot von RISE with SAP nutzen können.4

Die von der Schwarz Gruppe geförderten Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Start-ups bilden den Kern eines Innovationsökosystems5 in der Region um Heilbronn und Heidelberg, das für Partner aus ganz Europa eine hohe Anziehungskraft hat.

Mit dem Data Hub Europe schafft Schwarz Digits nun gemeinsam mit der Deutschen Bahn eine Datenplattform für das Training von spezifischen, unternehmenseigenen und vertraulichen KI-Modellen.6 Das Beispiel zeigt, dass auch in Deutschland von Unternehmern ausgehende, erfolgreiche Strategieprozesse für digitale Innovationen möglich sind.

In unserem 2020 erschienenen Buch „Das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz als Game Changer“ haben wir beschrieben, dass es dabei auf eine mit strategischen Lernschleifen realisierte Verbindung von zentralen und dezentralen Prozessen ankommt.7 Die zentralen Strategieprozesse laufen auf der Ebene des gesamten Unternehmens ab. Auf der dezentralen Ebene arbeiten agile Strategieteams, die sowohl untereinander als auch mit der zentralen Ebene und deren IT-Architektur vernetzt sind.

In den folgenden Abschnitten möchte ich erläutern, wie Unternehmen heute das Potenzial von Strategieprozessen besser ausschöpfen können. Beginnen werde ich mit einigen Grundlagen.

 

Verschiedene Strategiebegriffe, Verhaltensmuster und Strategieschulen

Der Begriff Strategie hat unterschiedliche Bedeutungen. Henry Mintzberg nennt in seinen berühmten 5P den Plan, die List (Ploy), das Verhaltensmuster (Pattern), die Wettbewerbsposition (Position) und das Bewusstsein (Perspective).8 Aus heutiger Sicht besonders relevant sind die verschiedenen Verhaltensmuster, die bei bestimmten Unternehmenstypen und in spezifischen Situationen auftreten. So unterscheiden sich das visionäre Muster von innovativen Unternehmen, das klassische Muster von etablierten Großunternehmen, das agile Muster von Start-ups und das Skalierungsmuster von Unternehmen mit einem digitalen Plattform-Geschäftsmodell deutlich voneinander. Hinzu kommt das Kostensenkungsmuster von Unternehmen, die sich in der Restrukturierung befinden.

Lernprozess Innovationsstrategie

Von Mintzberg und seinen Co-Autoren stammt auch die 1999 erschienene Beschreibung von zehn Strategieschulen, die seit den 1960er Jahren entstanden sind.9 So betrachtet z.B. die von Beratungsunternehmen und dem Harvard-Professor Michael Porter propagierte Positionierungsschule die Strategieentwicklung und -umsetzung primär als analytischen Prozess. Als diese Schule in den 1970er und 80er Jahren nach Deutschland kam, stieß sie vor allem in etablierten Großunternehmen auf eine relativ große Akzeptanz.

Die vielen, in der breiten Öffentlichkeit wenig bekannten Weltmarktführer, für die Hermann Simon 1990 den Begriff „Hidden Champions“ geprägt hat,10 praktizierten eher eine Kombination aus der unternehmerischen Schule sowie der Lern- und der Kulturschule. Aus Sicht der Lernschule entstehen Strategien und vor allem auch Innovationen aus der komplexen Interaktion einer Vielzahl von Akteuren. Ein solcher sich herausbildender Prozess ist auch in vielen Digital-Unternehmen ein wichtiger Erfolgsfaktor.11

Lernprozess Innovationsstrategie

Die ersten drei der zehn Schulen haben einen präskriptiven Charakter, das heißt sie versuchen zu beschreiben, wie Strategieprozesse ablaufen sollten. Die neueren sieben Schulen, zu denen auch die Lernschule gehört, sind deskriptiv. Ihr Anspruch ist zu beschreiben, wie Strategieprozesse tatsächlich ablaufen.

Meine Erfahrung aus der Strategieberatung von vielen DAX-Unternehmen und von noch mehr „Hidden-Champions“ ist, dass Strategieprozesse in der Praxis noch wesentlich komplexer sind und meist verschiedene Strategieschulen verknüpfen. Dies gilt insbesondere bei der Verbindung verschiedener Verhaltensmuster z.B. im Rahmen von Beteiligungen und Akquisitionen.

Ein wichtiges, aber lange Zeit nicht gut verstandenes Konzept zur Bewältigung der Komplexität von Strategieprozessen sind strategische Lernschleifen und deren Entstehung aus verschiedenen Themenfeldern.

 

Entstehung von strategischen Lernschleifen

Das Konzept der strategischen Lernschleifen ist aus zwei Themenfeldern entstanden, die sich relativ getrennt voneinander entwickelt haben. Das erste Themenfeld sind Strategieprozesse – erstaunlicherweise ein nach einer Vielzahl früher Arbeiten von der Managementwissenschaft und -praxis vernachlässigtes Gebiet, in dem es kaum Fortschritte gegeben hat. Diese Defizite beschäftigen mich seit langem.

Nach meiner Dissertation zum strategischen Technologie-Management im Jahr 198512 hatte ich gehofft, dass die in den USA erfolgreiche Umsetzung von technischen Innovationen mit Hilfe eines Corporate Venture Managements auch in Deutschland auf eine breite Zustimmung stoßen würde. Leider stimmte das Timing bei meiner Buchpublikation 1988 zu diesem Thema nicht.13 Es sollte noch über ein Jahrzehnt dauern, bis die Beteiligung von etablierten Unternehmen an Start-ups auch in Deutschland allmählich an Bedeutung gewann. Aufgrund der Erfahrung aus einer Vielzahl von Beratungsprojekten mit Defiziten bei Strategieprozessen begann ich, nach den Ursachen für diese Schwierigkeiten zu suchen. Dabei konnte ich auf dem aufbauen, was ich in der Zwischenzeit über die Themen Innovationskultur und strategischer Wandel gelernt hatte.

In meiner 1991 erschienenen Habilitationsschrift habe ich mich dann kritisch mit dem traditionellen strategischen Management „nach Feldherrenart“ auseinandergesetzt. Der Gegenentwurf ist eine evolutionäre Führung lernender Organisationen.14 Erfolgreiche Digital-Start-ups haben diesen Paradigmenwechsel im strategischen Management von mechanistisch zu komplexitätsbewältigend vollzogen und sind zu den wertvollsten Unternehmen der Welt geworden.15

Schon seit den 1980er Jahren waren Probleme bei der Umsetzung von Strategien stärker in den Mittelpunkt des Interesses gerückt und es entstanden verschiedene Ansätze des Performance Managements. Der Halbleiterpionier Intel entwickelte die Objectives and Key Results (OKR-) Methode, die vor allem Start-ups wie Google anwendeten.16 In Deutschland wesentlich bekannter wurde die aus einer Best Practice-Studie von Robert Kaplan und David Norton hervorgegangene Balanced Scorecard-Methode, die ein eher traditionelles Top-down-Konzept verfolgt.17

Das zweite Themenfeld sind Lernschleifen (Learning Loops), deren Wurzeln im Action Research liegen, das der Sozialpsychologe Kurt Lewin bereits in den 1940er Jahren entwickelt hat.18 Ein solches Vorgehen in Form einer Spirale aus sich wiederholenden Schleifen ist zu einer wichtigen Methode der Organisationsentwicklung geworden, die ein Bottom up-Vorgehen präferiert. Die Denkmuster der Strategen und der Organisationsentwickler hatten lange Zeit aber wenig Berührungspunkte. Dies änderte sich erst mit der zunehmenden Bedeutung des strategischen Wandels.19

Die große praktische Relevanz von Lernschleifen liegt heute darin, dass sie zum grundlegenden Vorgehenskonzept bei agilen Methoden wie Design Thinking, Scrum und Lean Start-up gehören.20 Diese agilen Methoden haben entscheidend zum Erfolg von Digital-Unternehmen beigetragen, stoßen in vielen etablierten Unternehmen aber immer noch auf Widerstand. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass die Scrum-Methode auf der Grundlage der Theorie komplexer adaptiver Systeme entstanden ist. In agilen Organisationen besteht die Aufgabe von Führungskräften vor allem darin, einen geeigneten Rahmen für mehr Selbstorganisation zu schaffen.

Lernprozess Innovationsstrategie

Eine Verbindung dieser beiden Themenfelder mit generativer Künstlicher Intelligenz als Treiber ermöglicht nun eine grundlegende Neuausrichtung (Realignment) von Strategieprozessen.21

 

Neuausrichtung von Strategieprozessen

Vorreiter-Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten, verfolgen bei dieser Neuausrichtung ihrer Strategieprozesse die folgenden drei Ansätze:

  1. Eine Gliederung der Prozesse in die Phasen Denken, Handeln sowie kommunikative Verbreitung und Wandel mit strategischen Lernschleifen als einem verbindenden Prozessmuster
  2. die Verbesserung der relevanten strategischen Fähigkeiten von Projektteams ausgehend von individuellen Führungsstärken sowie
  3. die Nutzung der Chancen einer unternehmensspezifischen, generativen Künstlichen Intelligenz (GenAI) und Eindämmung ihrer Risiken.

Im Folgenden werde ich auf unsere Erfahrungen mit den ersten beiden Ansätzen näher eingehen. Der letzte Punkt ist dann Gegenstand des zweiten Teils dieses Blogposts.

 

Prozessphasen und strategische Lernschleifen

Ein Defizit der traditionellen Top-down-Strategieprozesse ist die Trennung zwischen den Phasen

  • eines kreativen strategischen Denkens, das zur Entwicklung oder Entstehung von Strategien führt und
  • eines praktischen strategischen Handelns zur Umsetzung der Strategien in Form von Programmen und Projekten, die neben dem operativen Tagesgeschäft ablaufen.

An der Schnittstelle zwischen der Strategiegenerierung und der -umsetzung arbeiten in etablierten Unternehmen Stabstellen für Unternehmensentwicklung, die bei anspruchsvollen und unangenehmen Aufgaben häufig von ehrgeizigen externen Beratern unterstützt werden. Die empirische Forschung zur Erfolgsquote dieses Ansatzes ist zwar begrenzt. Sich häufende negative praktische Beispiele zeigen jedoch, dass dieses traditionelle Prozessverständnis einer Erneuerung bedarf.22

Zu diesen beiden Phasen kommt eine dritte Phase hinzu, bei der die Mängel in bürokratischen Organisationen besonders ausgeprägt sind. In dieser Phase geht es um die kommunikative Verbreitung von Strategien und einen als Lernprozess gestalteten Wandel.

In den letzten Jahrzehnten sind wichtige Impulse hierzu von Start-ups und erfolgreichen Digital-Unternehmen ausgegangen. Die Softwareentwicklung erfolgt dort seit langem nicht mehr nach der Wasserfall-Methode sondern mit einem agilen Mindset.23 Die Grundlage bildet der erwähnte Paradigmenwechsel im strategischen Management von mechanistisch zu komplexitätsbewältigend. Eine wichtige Rolle spielen strategische Lernschleifen, die zunehmend GenAI-basiert ablaufen.

Lernprozess Innovationsstrategie

Das von der Lean Start-up-Methode bekannte Grundprinzip einer strategischen Lernschleife ist: Annahmen (Hypothesen) formulieren, etwas gestalten (designen, z.B. ein weiterentwickeltes Geschäftsmodell), die Annahmen testen, aus den Testergebnissen lernen und gegebenenfalls einen Richtungswechsel (pivot) vornehmen. In der digitalen Welt sind diese Lernschleifen das kleine Einmaleins erfolgreichen Managements. Verkrustete und beratungsresistente Silo-Organisationen in der Wirtschaft, Verwaltung und Politik wehren sich dagegen aber mit einer hohen emotionalen Intensität.

Die Erfolgswirkung von strategischen Lernschleifen liegt darin, dass sie die drei beschriebenen Phasen von Strategieprozessen verbinden. Auf diese Weise entsteht ein komplexitätsbewältigendes Prozessmuster, das den traditionellen Ansätzen deutlich überlegen ist. Die disruptive Wirkung dieses Prozessmusters bildet für etablierte Unternehmen mit „Führungskräften der alten Schule“ eine schwer zu überwindende Barriere.

 

Bestätigung in der Aus- und Weiterbildung

Eine interessante Erfahrung aus der Hochschullehre in dualen Programmen, in denen Menschen, die in unterschiedlichen Unternehmen arbeiten, die Gelegenheit haben, in einem „angstfreien Raum“ ihre Erfahrungen auszutauschen, ist die folgende: Während die eine Gruppe der Studierenden das verbindende Prozessmuster strategischer Lernschleifen als alltägliche Arbeitsrealität erlebt, ist für die andere Gruppe dieses Muster eine fremde Welt, in der der Versuch zu einer Veränderung von innen als zwecklos oder gefährlich wahrgenommen wird.

Bei der Frage an die zweite Gruppe, ob denn eine externe Intervention durch Berater, Trainer oder Coaches Erfolg versprechend wäre, sind die Meinungen geteilt. Die eine Untergruppe glaubt, auch das habe bestenfalls eine Alibifunktion. Die andere Gruppe meint, es gebe eine gewisse Offenheit für professionelle Change Agents, weil sich die Krisensignale verstärken und daher ein Wandel notwendig sei.

Diese persönlichen Erfahrungen über einen relativ langen Zeitraum bestätigen die These, dass Europa in zwei Managementwelten geteilt ist. Hieraus ergeben sich Anregungen zur Beantwortung der Frage, wie Strategieteams ihre relevanten Fähigkeiten verbessern können.

 

Verbesserung der strategischen Fähigkeiten

Wie in Mannschaftssportarten bestehen auch erfolgreiche Strategieteams aus Akteuren mit unterschiedlichen Stärken. Kreative strategische Denker, analytisch begabte Planer, tatkräftige Umsetzer, kommunikationsstarke Verbreiter und einfühlsame Veränderer agieren im Idealfall im Team als Strategieprozess-Champion. Viele Unternehmen schöpfen aber die Möglichkeiten zur Verbesserung der Teamleistung bei Strategieprozessen nicht aus, obwohl es hierfür bewährte Methoden gibt.

Ein bekannter Ansatz ist das StrengthFinder-Konzept, das persönliche Führungsstärken in die Kategorien strategisches Denken, Umsetzung, Einfluss auf andere und Entwicklung von Beziehungen gliedert.24 In der Abbildung ist die auf der Forschung von Don Clifton basierende Zuordnung von 34 identifizierten Stärken zu diesen Kategorien dargestellt.

Dieses Konzept eignet sich für ein Assessment von Führungskräften, die Zusammenstellung von leistungsfähigen Teams und die zielgerichtete Weiterentwicklung von individuellen Fähigkeiten.

Mit dem Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz ergeben sich nun neue Möglichkeiten. Dabei zeigt sich wieder einmal die Relevanz des 1995 von der Gartner-Beraterin Jackie Fenn geprägten Begriffs „Hype-Zyklus“.25 Der Verlauf des Medienrummels (Hype Cycle) bei neuen Technologien erfolgt häufig in den Abschnitten

  • Grundlagenforschung
  • technologischer Auslöser
  • überzogene Erwartungen bis zu einem Gipfelpunkt
  • Ernüchterung bis ins Tal der Enttäuschung
  • Pfad zu einer realistischen Einschätzung und schließlich
  • einem Plateau der Produktivität.

Hierauf und auf neue Entwicklungen bei der Anwendung von generativer KI in Strategieprozessen werde ich in den nächsten Blogposts eingehen.

Wie das in der Praxis funktionieren kann, zeigt das Beispiel Porsche.

 

Veränderte Spielregeln durch KI in der fließenden Organisation von Porsche

Sajjad Khan, der IT-Vorstand von Porsche, vertritt die Auffassung, KI sei die nächste große Welle, die die Spielregeln des Wettbewerbs grundlegend verändere. Dieser Game-Changer-Effekt liege in den Möglichkeiten von Small and Large Language Models, Software schneller zu entwickeln. Das Ziel müsse der Übergang vom traditionellen Hardware first- zu einem Software first-Ansatz sein. Um dies zu erreichen, müsse sich der Mindset ändern. Sein Ziel sei es, eine Liquid Organization zu schaffen, in der alles im Fluss ist und die im Turbomodus arbeite. Die Kunst einer entsprechenden Führung sei dabei der enge Austausch mit den Mitarbeitenden.26

Die Vorstellung von einer flüssigen (liquid) oder fließenden (fluid) Organisation fasziniert mich schon lange. Der Untertitel meines 1994 erschienenen Buchs „Reengineering-Programme umsetzen“ lautet „Von erstarrten Strukturen zu fließenden Prozessen“. In der Publikation habe ich versucht, die damals dominierende Sichtweise von IT-getriebenen Prozessinnovationen27 um Aspekte wie Schnittstellenkompetenz, eine Fluidisierung von Organisationen und den hierzu notwendigen mentalen Wandel zu erweitern.28 Was seit dieser Zeit boomt, ist die Implementation von Ressourcenmanagement- und Kundenbeziehungsmanagement- Software. Der als Lernprozess gestaltete strategische Wandel zu fließenden Organisations- und Führungsformen gelingt leider nur wenigen etablierten Unternehmen. Es ist daher zu hoffen, dass diese die gegenwärtige KI-Welle besser meistern als die früheren Digitalisierungswellen.

 

Fazit

  • Das Konzept der strategischen Lernschleifen ist aus der Verbindung von zwei Themenfeldern entstanden, die sich relativ getrennt voneinander entwickelt haben: Erstens der Lernschule von Strategieprozessen und zweitens dem Action Research als Grundlage für agile Methoden.
  • Strategische Lernschleifen sind ein verbindendes Prozessmuster, das eine Neuausrichtung (Realignment) von Strategieprozessen ermöglicht.
  • Mit der generativen Künstlichen Intelligenz (GenAI) haben Digital-Unternehmen ein mächtiges Werkzeug entwickelt, das große Chancen eröffnet, aber auch erhebliche Risiken birgt. Dieses Werkzeug hat auch für Strategieprozesse eine Game-Changer-Wirkung.
  • Das Ziel von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft eines resilienten Europas sollte es sein, bei der Entwicklung einer souveränen, vertrauenswürdigen GenAI und deren Anwendung in Strategieprozessen eine Vorreiterrolle zu übernehmen.

 

Literatur

[1] Servatius, H.G., Woran erkennt man ein disruptives Geschäftsmodell? In: Competivation Blog, 27.06.2016

[2] Scheppe, M., Diese Industrien prägen die Wirtschaft 2040, in: Handelsblatt, 24.Oktober 2024, S.22-23

[3] Fokuhl. J., Bomke, L., KI „made in Germany“, in: Handelsblatt, 22. Oktober 2024, S.6-7

[4] Wolf, W., „Viele halten die datensouveräne Cloud für eine Utopie“, in: Trend Report, November 2024, S.12

[5] Fransman, M., Innovation Ecosystems – Increasing Competiteveness, Cambridge University Press 2018

[6] Holzki, L., Fokul, J., Bahn und Schwarz-Gruppe planen Daten-Marktplatz, in: Handelsblatt, 25./26./27. Oktober 2024, S.24

[7] Kaufmann, T., Servatius, H.G., Das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz als Game Changer – Wege zu einem Management 4.0 und einer digitalen Architektur, SpringerVieweg 2020, S. 56 ff.

[8] Mintzberg, H., The Strategy Concept – Five Ps for Strategy, in: California Management Review, 1987, S.11-24

[9] Mintzberg, H., Ahlstrand, B., Lampel, J., Strategy Safari – Eine Reise durch die Wildnis des strategischen Managements, Ueberreuter 1999

[10] Simon, H., Hidden Champions des 21. Jahrhunderts – Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer, Campus 2007

[11] McAfee, A., The Geek Way – The Radical Mindset That Drives Extraordinary Results, Macmillan Business 2023, S.103 ff.

[12] Servatius, H.G., Methodik des strategischen Technologie-Managements – Grundlage für erfolgreiche Innovationen, Erich Schmidt Verlag 1985

[13] Servatius, H.G., New Venture Management – Erfolgreiche Lösung von Innovationsproblemen für Technologie-Unternehmen, Gabler 1988

[14] Servatius, H.G., Vom Strategischen Management zur Evolutionären Führung – Auf dem Wege zu einem ganzheitlichen Denken und Handeln, C.E. Poeschel Verlag 1991

[15] Servatius, H.G., Von erfolgreichen Digital-Unternehmen lernen, in: Competivation Blog, 12.07.2024

[16] Doerr, J., Measure What Matters: OKRs – the Simple Idea That Drives 10x Growth, Portfolio Penguin 2018

[17] Kaplan, R.S., Norton, D.P., The Execution Premium – Linking Strategy to Operations for Competitive Advantage, Harvard Business Press 2008

[18] Krizanits, J., Einführung in die Methoden der systemischen Organisationsberatung, Carl-Auer 2013, S.9 ff.

[19] Tichy, N.M., Managing Strategic Change – Technical, Political, and Cultural Dynamics, John Wiley & Sons 1983

[20] Ries, E., The Lean Startup – How Today’s Entrepreuners Use Continuous Innovation to Create Radically Successful Businesses, Crown Currency 2011

[21] Servatius H.G., Dreifache strategische Neuausrichtung, in: Competivation Blog, 07.06.2024

[22] Mazzucato, M., Collington, R.H., Die große Consulting-Show – Wie die Beratungsbranche unsere Unternehmen schwächt, den Staat unterwandert und die Wirtschaft vereinnahmt, Campus 2023

[23] Servatius, H.G., Wege zu einem agilen Mindset, in: Competivation Blog, 09.08.2018

[24] Rath, T., Conchie, B., Strengths Based Leadership – Great Leaders, Teams, and Why People Follow, Gallup Press 2008

[25] Fenn, J., Raskino, M., Mastering the Hype Cycle – How to Choose the Right Innovation at the Right Time, Harvard Business Review Press 2008

[26] Hucko, M., „KI verändert die Spielregeln komplett“ (Interview mit Sajjad Khan), in: Manager Magazin; November 2024, S.66-68

[27] Davenport, T.H., Process Innovation – Reengineering Work through Information Technology, Harvard Business School Press 1993

[28] Servatius, H.G., Reengineering-Programme umsetzen – Von erstarrten Strukturen zu fließenden Prozessen, Schaeffer-Poeschel 1994

Corporate Governance für den strategischen Wandel

Corporate Governance für den strategischen Wandel

Angesichts neuer strategischer Herausforderungen stellt sich die Frage nach einer weiterentwickelten Corporate Governance. Ausgehend von den gesetzlichen Rahmenbedingungen erfordert die Beantwortung dieser Frage eine enge Zusammenarbeit von Führung und Aufsichtsrat.

 

In diesem Blogpost beschäftigen wir uns mit den Implikationen für die Governance von Unternehmen, die sich aus einer zunehmenden Dynamik des strategischen Wandels und der wachsenden Bedeutung von Stakeholdern ergeben.

 

Kompetenzen von Business Transformation Managern

Seit einigen Jahren bietet die RWTH Aachen einen Zertifikatskurs für Business Transformation Manager an, den das FIR organsiert.1 In diesem Kurs behandele ich seit seinem Beginn das Thema Transformation Governance. Aufgrund der gravierenden Veränderungen im Umfeld von Unternehmen habe ich in diesem Jahr meinen Kursbeitrag neugestaltet. Im Mittelpunkt steht eine dynamische Corporate Governance, die sich an den Entwicklungsstufen des strategischen Managements orientiert. Wir unterscheiden zwischen:2

  • Einer markt- und entwicklungsorientierten Stufe (Strategie 1.0)
  • einer technologie- und innovationsorientierten Stufe (Strategie 2.0)
  • einer nachhaltigkeitsorientierten Stufe (Strategie 3.0)
  • einer resilienzorientierten Stufe (Strategie 4.0) und
  • der Notwendigkeit einer stärker verbindenden Stufe (Strategie 5.0)

In der nachhaltigkeitsorientierten Stufe drei erscheint beim Thema ESG-Bewertung neben den Kriterien Environment and Social explizit der Begriff Governance. Was genau unter einer verantwortungsvollen Unternehmerführung und -kontrolle zu verstehen ist, wird von den Rating-Agenturen allerdings unterschiedlich interpretiert. Dies hat im Finanzsektor zu einem verstärkten Greenwashing beigetragen.

Die Führung und der Aufsichtsrat eines Unternehmens haben die Aufgabe, dessen Situation richtig einzuschätzen, einen Ordnungsrahmen für den strategischen Wandel zu gestalten und daraus Anforderungen an das Management und die Personalentwicklung abzuleiten. Mit dieser Herausforderung beschäftigt sich mein Kursbeitrag. Aus den Fragen der Teilnehmer hat sich eine spannende Diskussion zu den spezifischen Themen ergeben, die ihre Unternehmen beschäftigen.

 

Transparenz durch ein Strategie-Audit

Nach meiner Erläuterung der Wurzeln und Charakteristika der fünf Entwicklungsstufen des strategischen Managements von den 1970er Jahren bis heute interessierten sich die Teilnehmer für einen konzeptionellen Rahmen zur Analyse der Situation ihres Unternehmens.

In unserer praktischen Projektarbeit machen wir die strategischen Herausforderungen eines Unternehmens mit Hilfe eines Strategie-Audits transparent. Darin betrachten wir die fünf Entwicklungsstufen mit einer SWOT-Analyse. Das Ergebnis stellen wir in einer Matrix der Entwicklungsstufen von Strategie 1.0 bis Strategie 5.0 dar. Die Positionen ergeben sich aus einer Analyse der x- und der y-Achse. Aus der Analyse der Stärken und Schwächen bei den fünf Entwicklungsstufen des strategischen Managements resultiert die Position auf der x-Achse. Die Position auf der y-Achse ergibt sich aus einer Analyse der Möglichkeiten und Bedrohungen im Umfeld des Unternehmens. In der Abbildung ist das Ergebnis für einen traditionellen mittelständischen Automobilzulieferer dargestellt.

 

Lernprozess Innovationsstrategie
 

Dieses Audit-Ergebnis zeigt ein klar erkennbares Muster. Im Verlauf der fünf Entwicklungsstufen haben sich die Bedrohungen gehäuft. Gleichzeitig hat sich die eigene Position verschlechtert. Wir wollen kurz erläutern, wie es zu dieser Entwicklung gekommen ist.

 

Sich häufende Bedrohungen und eigene Schwächen

Das Unternehmen verfügt bei der ersten Entwicklungsstufe (Strategie 1.0) über viel Branchen-Erfahrung sowie methodisches Knowhow mit traditionellen Ansätzen wie der Portfolio-Analyse und dem Balanced Scorecard-Konzept. Man tut sich jedoch bei der Bewältigung des strategischen Wandels schwer. Als Herausforderung empfinden die Führungskräfte neue Wettbewerber mit disruptiven Geschäftsmodellen.

Eine wichtige Bedrohung im Rahmen einer Strategie 2.0 sind digitale Technologien. Der Versuch, diese Technologien mit der Bildung einer Digitaleinheit zu meistern war bislang nur mäßig erfolgreich. Es ist nicht gelungen, die Möglichkeiten agiler Methoden mit dem traditionellen Geschäftsmodell zu verknüpfen. Das Problem ist zwar erkannt, die kulturellen Barrieren erweisen sich jedoch als schwer überwindbar.

Etwas anders gelagert sind die Herausforderungen beim Thema Nachhaltigkeit, also der dritten Entwicklungsstufe des strategischen Managements. Man gehört hier nicht zu den Vorreitern und empfindet die bürokratischen Anforderungen der neuen EU-Taxonomie als starke Belastung.

Überlagert wird dies alles durch die gegenwärtige Energiekrise. Das Unternehmen musste zwar auch in der Vergangenheit schon einige Krisen meistern. Die gegenwärtige Explosion der Strom- und Gaspreise ist jedoch existenzbedrohend.3 Ein resilienzorientiertes strategisches Management der Stufe vier betrachten die Führungskräfte auch nach der Corona-Pandemie noch weitgehend als Neuland.

Das Zusammenwirken all dieser Bedrohungen löst bei dem Unternehmen ein gewisses Gefühl der Ohnmacht aus. Im Hinblick auf eine verbindende Stufe fünf fällt es den Verantwortlichen schwer, die richtige Balance aus Krisenbewältigung und Chancennutzung zu finden. In dieser Situation suchen Führung und Aufsichtsrat gemeinsam nach neuen Formen der Governance zur Bewältigung des strategischen Wandels. Eine wichtige Rolle spielt dabei eine angemessene Reaktion auf disruptive Stakeholder-Ökosysteme ausländischer Wettbewerber, die von ihrer hohen IT-Kompetenz und von niedrigen Energiekosten profitieren.4

Die Führung und der Aufsichtsrat müssen sich angesichts dieser Ergebnisse fragen, welche Versäumnisse bei der Antizipation des strategischen Wandels vorliegen. Wie viele traditionelle Unternehmen hat der Automobilzulieferer den sich seit den 1990er Jahren abzeichnende Paradigmenwechsel im strategischen Management von mechanistisch zu komplexitätsbewusst zu spät erkannt.5 Symptome sind der zögerliche Übergang zur Elektromobilität und der erst relativ spät erfolgte Einsatz agiler Methoden bei der Produktentwicklung. Zu diesen Bedrohungen und sich abzeichnenden Schwächen ist dann die gegenwärtige Multikrise hinzugekommen.

 

Zusammenhang zwischen Strategie, Governance, Führung und Personalentwicklung

Eine wichtige Erkenntnis des von dem Unternehmen hierzu gestarteten Projekts ist, dass Strategie, Governance, Führung und Personalentwicklung zusammenwirken und sich wechselseitig verstärken sollten. Die gegenwärtigen Krisen lassen Versäumnisse der Vergangenheit deutlicher zutage treten. Das Strategie-Audit hat die Transparenz bezüglich der Entwicklungsstufen des strategischen Managements verbessert. Der Führung und dem Aufsichtsrat ist klarer geworden, dass Corporate Governance – also die Gestaltung eines Ordnungsrahmen und die Definition der Rollen der Akteure – ein dynamischer Prozess ist, der einer regelmäßigen Anpassung bedarf. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die veränderten Anforderungen an Führungskräfte. Für den hart umkämpften Management-Nachwuchs gilt es, neue Wege in der Personalentwicklung zu beschreiten und die erforderlichen konnektiven Fähigkeiten (π-shaped Skills) stärker zu fördern.6

 

Lernprozess Innovationsstrategie
 

Eine Frage von zentraler Bedeutung ist, welche strategischen Optionen in dieser Situation Erfolg versprechend sind, um die gegenwärtigen Risiken zu bewältigen, gleichzeitig aber auch die sich bietenden Chancen zu nutzen.

Der neue Weltchef der Personalberatung Egon Zehnder vertritt hierzu die Ansicht, dass wir gerade einen perfekten Stresstest für Führungskräfte erleben. Neben Industrieexpertise brauche man Verantwortliche mit Erfahrung in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Für Unternehmen werde es außerdem immer wichtiger, zukünftige Führungskräfte selbst zu entwickeln.7

 

Bewältigung von Risiken und Nutzung von Chancen

Ein von uns zur Bewältigung dieser Herausforderungen veranstalteter Workshop kommt zu dem Ergebnis, dass sich vier relevante strategische Optionen aus dem Erfolg bzw. Misserfolg von zwei Dimensionen ergeben:

  1. Der Bewältigung der gegenwärtigen Multikrise mit Hilfe einer resilienzorientierten Strategie 4.0 und
  2. einer längerfristig orientierten Nutzung von Chancen bei den Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit (Strategie 2.0 und 3.0)

Führung und Aufsichtsrat entscheiden, dass man gemeinsam die vierte Option verfolgen möchte, bei der das Unternehmen anstrebt, die Krisenbewältigung und Chancennutzung mit einer Strategie 5.0 zu verbinden. Angesichts der Unterschiedlichkeit dieser Aufgabe beschließt man, hierzu zwei agile Programme aufzusetzen. Die Umsetzung erfolgt mit Hilfe der Objectives and Key Results (OKR-) Methode, mit der die Digitaleinheit bereits Erfahrung gesammelt hat.

 

Lernprozess Innovationsstrategie
 

Aus dem Strategie-Audit ergeben sich wichtige Impulse, welche Ziele und Schlüsselergebnisse der Automobilzulieferer mit Hilfe eines solchen agilen Performance Management-Konzepts erreichen möchte. Aufgabe der Führung und des Aufsichtsrates ist es, sich mit der notwendigen Weiterentwicklung der Corporate Governance zu beschäftigen.

 

Implikationen für eine dynamische Corporate Governance

Die erste wichtige Implikation ist also, Corporate Governance stärker als dynamische Aufgabe zu interpretieren. Eine gute Orientierungshilfe liefert dabei die Gliederung des strategischen Managements in fünf Entwicklungsstufen, die jeweils mit spezifischen Herausforderungen verbunden sind.

Eine zweite Implikation ergibt sich aus der Erkenntnis, dass ein wichtiger Erfolgsfaktor in diesen Entwicklungsstufen die stärkere Berücksichtigung von Stakeholdern ist, Corporate Governance entwickelt sich also in Richtung auf deine Stakeholder- oder Ecosystem Governance.8 Wir wollen dies am Beispiel des betrachteten Unternehmens verdeutlichen.

 

Lernprozess Innovationsstrategie
 

Kennzeichnend für die erste Entwicklungsstufe des strategischen Managements sind veränderte Kundenerwartungen z.B. bezüglich der IT-Kompetenz des Automobilzulieferers und neue Risiken auf den Beschaffungsmärkten. Diese Risiken betreffen neben den Lieferketten vor allem die Energieversorgung. Neben dieser Marktorientierung ist die zweite Komponente einer Strategie 1.0 die Veränderungsorientierung. Hier befinden sich die Führungskräfte in einem zunehmenden Spannungsverhältnis zwischen den Möglichkeiten der Arbeitsgestaltung im Rahmen des Themas New Work und der aktuellen Krisenbewältigung. Mit dieser Herausforderung sehen sich viele Unternehmen konfrontiert. So kommt eine aktuelle Studie des Personalberater Odgers Berndtson zu dem Ergebnis, dass ein Viertel aller Bereichs- und Abteilungsleiter gegenwärtig bereit wäre, das Unternehmen zu wechseln. Als Begründung nennen sie den zunehmenden Druck, den ihre Sandwich-Position im Mittelmanagement mit sich bringt.9

Die Herausforderung in der technologie- und innovationsorientierten zweiten Entwicklungsstufe ist die Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern bei der Digitalisierung des Geschäftsmodells. Neue Impulse kommen dabei von Hochschulen aus der Region und den aus diesen Hochschulen hervorgegangenen Start-ups. Eine wichtige Frage ist, wie das Unternehmen eine zunehmende Abhängigkeit von Cloud-Anbietern und Artificial Intelligence of Things (AIoT-) Plattformen vermeiden kann. Dies gelingt mit dem systematischen Aufbau von eigener Kompetenz. Auf diese Weise steigert der Automobilzulieferer seine Attraktivität als Arbeitgeber für junge Mitarbeiter. In den letzten Jahren wurde hierzu ein Partnernetzwerk mit anderen Unternehmen aus der Region und den Verantwortlichen für das Regionalmarketing aufgebaut.

Ein weiteres Feld für die Zusammenarbeit mit Partnern ist die Entwicklung eines nachhaltigen Geschäftsmodells im Rahmen der dritten Entwicklungsstufe des strategischen Managements. Das Unternehmen sieht Differenzierungsmöglichkeiten beim Thema Digital GreenTech, also der Verbindung von Umwelttechnik und digitalen Technologien. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Mitgliedschaft in Verbänden, die die Zusammenarbeit mit der Politik orchestrieren. Auf diese Weise möchte der Automobilzulieferer neue Arbeitsplätze in der Region schaffen, um den Arbeitsplatzverlust bei Komponenten für traditionelle Antriebe auszugleichen. Von den Führungskräften erfordert dies viel kommunikative Kompetenz, um eine angemessene Balance zwischen Wirtschaftlichkeit, Umweltschutz und sozialen Aspekten zu finden.

Besonders gefordert sind die Führung und der Aufsichtsrat bei der Entwicklung einer stärker resilienzorientierten Strategie 4.0 Dies ist mit einer Neubewertung von geopolitischen Risiken und Chancen verbunden, für die es in der jüngeren Unternehmensgeschichte keine vergleichbaren Vorbilder gibt. Der Automobilzulieferer arbeitet mit externen Experten zusammen, um die eigene Resilienzfähigkeit zu verbessern. Die Experten bringen neue wissenschaftliche Erkenntnisse ein und organisieren einen Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen und der Politik.

Eine Verbindung und Weiterentwicklung dieser vier Entwicklungsstufen erfolgt im Rahmen der Arbeit an einer Strategie 5.0. Diese liefert die Grundlage für die Gestaltung eines eigenen disruptiven Stakeholder-Ökosystems. Das Unternehmen möchte so Schritt für Schritt seine Rolle als Angreifer zurückgewinnen. Das Mittel zur Erreichung dieses Ziels sind agile intersektorale Programme für die Zusammenarbeit von Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Hierbei bringen die Führung und der Aufsichtsrat ihre gesamte Erfahrung und ihr umfangreiches Netzwerk ein.

 

Fazit

  • Aus den fünf Entwicklungsstufen des strategischen Managements ergibt sich die Notwendigkeit einer dynamischen Corporate Governance
  • Ein bewährtes Konzept zum Verständnis der Ausgangssituation von Unternehmen ist ein Audit in Form einer SWOT-Analyse der Bewältigung des strategischen Wandels
  • Hieran schließt sich ein Projekt zur Verbesserung der Zusammenhänge zwischen Strategie, Governance, Führung und Personalentwicklung an
  • Ein wichtiges Kennzeichen einer dynamischen Corporate Governance ist die stärkere Stakeholder-Orientierung, die auf die spezifische Situation des Unternehmens zugeschnitten sein sollte.

 

Literatur

[1] Wolan, M.: Next Generation Digital Transformation – 50 Prinzipien für erfolgreichen Unternehmenswandel im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz, Wiesbaden 2020

[2] Servatius, H.G.: Strategie 5.0 zur Bewältigung der neuen Herausforderungen. In: Competivation Blog, 28.06.2022

[3] Greive, M., Olk, J., Specht, F.: Industrie steckt in der Energiefalle. In: Handelsblatt, 1. November 2022, S. 9

[4] Adner, R.: Winning the Right Game – How to Disrupt, Defend, and Deliver in a Changing World, Cambridge 2021

[5] Servatius, H.G.: Komplexitätsbewältigung als Treiber eines Connective Managements. In: Competivation Blog, 31.03.2021

[6] Servatius, H.G.: Mentoring-Programme zur Entwicklung konnektiver Fähigkeiten. In: Competivation Blog, 10.05.2021

[7] Ensser, M.: „Wir erleben gerade den perfekten Stresstest für Führungskräfte“ (Interview). In: Handelsblatt, 1. November 2022, S. 24-25

[8] Hilb, M. (Hrsg.): Governance of Ecosystems – The Role of Governance in Collaborative Value Creation, Bern 2021

Nachhaltige Entwicklung von Unternehmen mit einer Sustainability Map

Nachhaltige Entwicklung von Unternehmen mit einer Sustainability Map

Angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Ansätze zur Nachhaltigkeitsbewertung suchen Unternehmen nach einem geeigneten konzeptionellen Rahmen für ihre nachhaltige Entwicklung. In der Praxis bewährt hat sich dabei eine Sustainability Map.

In unserem neuen Blogpost erläutern wir ein Vorgehen für die nachhaltige Entwicklung in sechs Schritten.

 

Ansätze zur Nachhaltigkeitsbewertung

In der Vergangenheit ist eine Vielzahl unterschiedlicher Ansätze zur Nachhaltigkeitsbewertung entstanden. Eine erste Gruppe von Kriterienkatalogen stammt von überstaatlichen oder staatlichen Institutionen. Hierzu zählen z.B. die Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen. Daneben gibt es eine zweite Gruppe, die von internationalen Organisationen oder Normungsinstituten entwickelt worden ist. Ein Beispiel ist die Zertifizierung nach ISO 14001 für das Umweltmanagement. Eine dritte Gruppe sind Ansätze von Rating-Unternehmen. Ein Beispiel ist das Environment, Social und Governance (ESG-)Rating von MSCI. Die vierte Gruppe sind Reporting-orientierte Ansätze, wie z.B. die Global Reporting Initiative (GRI).1

Von besonderer Relevanz für europäische Unternehmen ist die neue Nachhaltigkeitstaxonomie der EU. Dazu gehört ein Taxonomie-Kompass mit den folgenden sechs Umweltzielen:2

  1. Klimaschutz
  2. Anpassung an den Klimawandel
  3. nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  5. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie
  6. Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.

Außerdem soll die Berichtspflicht für Nachhaltigkeit ab 2024 von gegenwärtig circa 600 Unternehmen in Deutschland auf 15.000 ausgeweitet werden. Grundlage dafür ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU.

Für die betroffenen Unternehmen ist dies einerseits mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden, es bieten sich andererseits aber auch Chancen. Viele Manager handeln heute jedoch noch eher reaktiv und nicht proaktiv.

 

Vor- und Nachteile unterschiedlicher Vorgehensweisen

Unterschiedliche Vorgehensweisen bei der Nachhaltigkeitsbewertung haben spezifische Vor- und Nachteile. So ist ein Nachteil der Nachhaltigkeitsbewertung ausgehend von externen Kriterienkatalogen die verwirrende Vielfalt der unterschiedlichen Ansätze. Außerdem besteht eine Schwierigkeit in der Anpassung an die spezifische Situation des Unternehmens. Ein Vorteil liegt darin, dass diese Kataloge Anregungen für eigene Ansätze liefern können. Darüber hinaus haben die Vorgaben z.B. der EU und von wichtigen Rating-Agenturen eine gewisse Verbindlichkeit und Relevanz.

 

Lernprozess Innovationsstrategie

 

Der Vorteil von Ansätzen, die vom eigenen Geschäftsmodell des Unternehmens und der eigenen Strategie ausgehen, liegt darin, dass diese eine passgenauere Lösung als Basis für eine erfolgreiche nachhaltige Entwicklung des Unternehmens liefern. Ein Nachteil ist allerdings, dass hierzu möglicherweise eine höhere Aktivierungsenergie erforderlich ist. Außerdem fehlt in vielen Unternehmen bislang noch ein konzeptioneller Rahmen für das praktische Vorgehen. Wir haben diese Situation zum Anlass genommen, einen solchen konzeptionellen Rahmen zu entwickeln. Ein bewährter Ausgangspunkt ist ein Beschreibungsrahmen für nachhaltige Geschäftsmodelle.

 

Der Sustainable Business Model Canvas als Rahmen für Nachhaltigkeitsthemen

Viele Unternehmen arbeiten seit langem mit einem Business Model Canvas zur Beschreibung ihres vorhandenen Geschäftsmodells und der Entwicklung neuer Geschäftsmodell-Bausteine.3 Diese sogenannten Canvas- oder Leinwand-Konzepte berücksichtigen zwar Nachhaltigkeitsthemen nicht, bilden aber eine gute Grundlage für einen Sustainable Business Model Canvas, den Unternehmen an ihre spezifische Situation anpassen können.4 Neben den bekannten Bausteinen enthält dieses Konzept einige Ergänzungen wie z.B. nachhaltige Energien und Ressourcen und eine nachhaltigkeitsorientierte Interaktion mit Stakeholdern. Außerdem wurden im Nachhaltigkeits-Canvas als neue Bausteine die Beiträge des Unternehmens für eine natürliche Umwelt und den sozialen Zusammenhalt hinzugefügt.

 

 

Der Nutzen dieses Konzepts liegt darin, dass Unternehmen einen Rahmen für die systematische Sammlung ihrer relevanten Nachhaltigkeitsthemen bekommen. Damit ist ein Sustainable Business Model Canvas wesentlich differenzierter als z.B. die Nachhaltigkeitstaxonomie der EU.

Von diesem Ausgangspunkt geht dann die nachhaltige (Weiter-)Entwicklung des Unternehmens aus. Mögliche Wege zur nachhaltigen Entwicklung des Geschäftsmodells eines Unternehmens beschreibt die Nachhaltigkeitsstrategie. Dabei unterscheiden wir zwischen den Ebenen

  • einer Identifikation von Nachhaltigkeits- bzw. ESG-Risiken z.B. aufgrund von Treibhausgas-Emissionen
  • der Effizienzsteigerung bei Nachhaltigkeitsthemen z.B. durch erneuerbare Energie sowie
  • inkrementellen oder radikalen Nachhaltigkeitsinnovationen z.B. mit neuen Batterietechnologien.

Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie kann mit Änderungen des Geschäftsmodells verbunden sein

 

Lernprozess Innovationsstrategie

 

Im Folgenden skizzieren wir, wie Unternehmen und ihre Stakeholder die nachhaltige Entwicklung als gemeinsamen Lernprozess gestalten können.

 

Nachhaltige Entwicklung als gemeinsamer Lernprozess

Die nachhaltige Entwicklung eines Unternehmens lässt sich in sechs Schritte eines iterativen Prozesses gliedern. Dieser Sustainable Development Cycle ähnelt Lernprozessen, wie sie aus dem Qualitätsmanagement5 und dem strategischen Management6 bekannt sind. Von entscheidender Bedeutung ist dabei eine Verbesserung der Fähigkeiten des Unternehmens. Dies erfordert eine intensive Zusammenarbeit der Organisationseinheiten und eine gute Interaktion mit relevanten Stakeholdern.

 

 

Im ersten Schritt erfolgt eine Analyse und Bewertung der relevanten Nachhaltigkeitsthemen mit Hilfe der neuen Sustainability Map. In dieser Nachhaltigkeitslandkarte sind die Positionen aller relevanten Themen in einer Matrix dargestellt. Neben dieser statischen Betrachtung verdeutlichen Pfeile mögliche Nachhaltigkeitsaktivitäten.

Die Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie ist Gegenstand des zweiten Schritts. Dabei kommt es auf eine Verbindung der Handlungsebenen Risikoidentifikation, Effizienzsteigerung und Innovation an.7 Bei der Strategieentwicklung kann die Zusammenarbeit mit Partnern eine wichtige Rolle spielen. Wegen dieser zwei Arten von Verbindungen zwischen Ebenen und mit Partnern sprechen wir von konnektiven Nachhaltigkeitsstrategien. Anregungen kommen dabei von nachhaltigen Geschäftsmodellmustern.8 Hierzu sind in den letzten Jahren verschiedene Mustersammlungen entstanden.9

Aus der Strategie leitet das Unternehmen dann im dritten Schritt Nachhaltigkeitsziele und Schlüsselergebnisse ab. Dabei hat eine Anwendung der bei Intel entstandenen und durch Google bekannt gewordenen Objectives and Key Results (OKR-)Methode den Vorteil, dass transparente Ziele und Ergebnisse die horizontale und vertikale Koordination fördern.10 In seinem neuen Buch Speed & Scale beschreibt John Doerr, der Chairman des Venture-Capital-Unternehmens Kleiner Perkins, die Anwendung der OKR-Methode bei Nachhaltigkeitsthemen und die Zusammenarbeit von Unternehmen mit der Politik.11

Die Umsetzung der geplanten Aktivitäten zur Risikoidentifikation, Effizienzsteigerung und Innovation erfolgt dann im vierten Schritt. Hieran schließen sich regelmäßige Reviews der Ergebnisse an, aus denen sich Richtungsänderungen ergeben können.

Der sechste und letzte Schritt dieses Sustainable Development Cycles ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Dabei kann man zwischen einer Erfüllung des rechtlichen Rahmens z.B. der neuen EU-Taxonomie sowie den Möglichkeiten zur wettbewerblichen Differenzierung und Wertsteigerung durch freiwillige Aktivitäten unterscheiden. Unternehmen haben die Wahl, ob sie sich mit der Rolle eines reinen Nachhaltigkeitsregelerfüllers zufriedengeben wollen oder sich auf dem Weg zum Nachhaltigkeitschampion ehrgeizigere Ziele setzen.

 

Analyse und Bewertung von Nachhaltigkeitsthemen mit einer Sustainability Map

In seinem Buch Sustainable Innovation schreibt der US-Professor Andrew Hargadon, dass die effektivsten Innovationsstrategien zur Landschaft passen, in der sie verfolgt werden.12 Hierzu benötigen Unternehmen eine Nachhaltigkeitslandkarte. Unsere Sustainability Map erfüllt diese Funktion.

Der Grundgedanke ist, die Positionen und Aktivitäten des Unternehmens bei wichtigen Nachhaltigkeitsthemen in einer Matrix darzustellen. Die beiden Achsen der Matrix sind

  • die Bewertung von relevanten Nachhaltigkeitsthemen und -aktivitäten sowie
  • die Ebenen einer konnektiven Nachhaltigkeitsstrategie.

Die Bewertung unterscheidet zwischen problematisch, mittel und gut. Die Ebenen sind die Risikoidentifikation, eine Effizienzsteigerung sowie eine inkrementelle oder radikale Innovation.

 

 

So ergibt sich aus einer Analyse und Bewertung der Ausgangssituation bei einem Nachhaltigkeitsthema eine Position in der Matrix. Wenn das Unternehmen z.B. bei einem risikobehafteten Thema nichts unternimmt, so wird sich seine Position vermutlich verschlechtern. Aktivitäten zur vertieften Beschäftigung mit dem Thema führen zu einer Verbesserung. Weiter gehende Aktivitäten zur Risikobewältigung können einen Ebenenwechsel zur Effizienzsteigerung oder Innovation ergeben. Auf diese Weise wird aus der strategischen Landkarte der Positionen eine dynamische Karte der Aktivitäten.

Der Nutzen einer solchen Sustainability Map liegt darin, dass sie allen Akteuren eine Orientierungshilfe liefert und einen Kommunikationsrahmen für die Strategiearbeit schafft.

Ein Beispiel ist die Position eines Automobilunternehmens beim Nachhaltigkeitsthema Recycling von Batterien. Ein effizientes Recyclingsystem reduziert das Risiko einer internationalen Abhängigkeit. Nach Meinung von Experten würde man so bis 2050 ein Viertel des Eigenbedarfs an Kobalt und Nickel decken.13 Die Nachhaltigkeitsstrategie kann aber auch deutlich über ein effizientes Batterierecycling hinausgehen, wie BMW mit seinem Konzeptfahrzeug Vision Circular zeigt, das aus recyceltem Altmaterial und biobasierten Rohstoffen besteht.14

 

Differenziertes Bild der Rollen eines Unternehmens

Größere Unternehmen arbeiten oft gleichzeitig an vielen Nachhaltigkeitsthemen. Eine Landkarte der Nachhaltigkeitspositionen zeigt ein differenziertes Bild der unterschiedlichen Rollen bei diesen Themen. So kann das Unternehmen beim ersten Thema auf der Ebene der Risikoidentifikation als Beobachter agieren, beim Thema zwei als Verbesserer auf Effizienzsteigerung setzen und erwägen, beim Thema drei als Innovator eine Vorreiterrolle einzunehmen. Ein solches differenziertes Bild liefert eine wichtige Grundlage für die Entwicklung von Fähigkeiten und die Verteilung der benötigten Finanzmittel.

 

 

Diese Rollenanalyse verbessert nicht nur die Transparenz nach innen, sondern liefert auch die Grundlage für eine glaubwürdige Interaktion mit externen Stakeholdern. Unsere Erfahrung aus Praxisprojekten zeigt, dass die nachhaltige Entwicklung von Unternehmen mit der Sustainability Map einen wichtigen Beitrag zur Schließung der bislang vorhandenen konzeptionellen Lücke leisten kann, aber ein gewisses Maß an methodischen Fähigkeiten erfordert.

 

Fazit

  • Die neue Nachhaltigkeitstaxonomie der EU und die entsprechende Berichtspflicht führen zu einer intensiveren Beschäftigung von Unternehmen mit ihrem Nachhaltigkeitsmanagement
  • Ein Vorgehen ausgehend vom eigenen Geschäftsmodell und der eigenen Strategie hat deutliche Vorteile
  • Der Sustainable Development Cycle liefert einen geeigneten konzeptionellen Rahmen
  • Dabei bildet eine Analyse und Bewertung von relevanten Themen mit Hilfe der Nachhaltigkeitslandkarte einen wichtigen ersten Schritt zu einer qualifizierten Nachhaltigkeitsberichterstattung

 

Literatur

[1] Ahrend, K.M.: Geschäftsmodell Nachhaltigkeit – Ökologische und soziale Innovationen als unternehmerische Chance, Berlin 2016, S. 49 ff.

[2] Rat für nachhaltige Entwicklung: EU-Taxonomie – So steht es auf dem Weg zur nachhaltigen Wirtschaft, 22.10.2021

[3] Osterwalder, A., Pigneur, Y.: Business Model Generation, Hoboken 2010

[4] Servatius, H.G.: Nachhaltige Geschäftsmodelle durch eine verbesserte Stakeholder-Interaktion. In: Competivation Blog, 11.04.2018

[5] Schmitt, R., Pfeifer, T.: Qualitätsmanagement – Strategien, Methoden, Techniken, 4. Aufl., München 2010, S.34 ff.

[6] Kaplan, R.S., Norton, D.P.: The Execution Premium – Linking Strategy to Operations for Competitive Advantage, Boston 2008, S. 7 ff.

[7] Servatius, H.G.: Konnektive Geschäftsmodelle mit Nachhaltigkeitsrisiken und Innovationschancen. In: Competivation Blog, 13.10.2021

[8] Gassmann, O., Frankenberger, K., Czik, M.: Geschäftsmodelle entwickeln – 55 innovative Konzepte mit dem St. Galler Business Model Navigator, München 2013

[9] Ahrend, a.a.O., S. 72 ff.

[10] Doerr, J.: Measure What Matters – OKRs: The Simple Idea That Drives 10x Growth, London 2018

[11] Doerr, J.: Speed & Scale – An Action Plan for Solving our Climate Crisis, London 2021

[12] Hargadon, A.: Sustainable Innovation – Build Your Company’s Capacity to Change the World, Stanford 2015, S. 7

[13] Hubik, F., Menzel, S.: Wie Autokonzerne grün werden. In: Handelsblatt, 12./13./14. November 2021, S. 22

[14] Hubik, F.: Das Auto als Rohstoffquelle. In: Handelsblatt, 13. September 2021, S. 18-19

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