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Dreifache strategische Neuausrichtung

Dreifache strategische Neuausrichtung

Gegenwärtig stehen viele Unternehmen vor der Aufgabe, digitaler, nachhaltiger und resilienter zu werden. Ein Beispiel für diese dreifache strategische Neuausrichtung liefert die Automobilindustrie. Der notwendige komplexe Prozess erfordert den Wandel eines Systems verbundener Handlungsfelder. Es stellt sich die Frage, wie es Unternehmen gemeinsam mit der Politik, Wissenschaft und Gesellschaft gelingen kann, einen derartigen Prozess zu meistern.

 

In diesem Blogpost erläutere ich den Unterschied zwischen den Begriffen Transformation und Neuausrichtung und begründe, warum das Transformationskonzept auf einem nicht mehr zeitgemäßen Managementverständnis basiert, das leider immer noch weit verbreitet ist.

 

Automobilunternehmen, die digitaler, nachhaltiger und resilienter werden müssen

Etablierte Automobilunternehmen befinden sich in der fünften Entwicklungsstufe eines verbindenden strategischen Managements,1 in der sie digitaler, nachhaltiger und resilienter werden müssen. Für eine solche dreifache Neuausrichtung (Triple Realignment) liefern die Managementtheorie und -praxis bislang kaum Anleitungen. Immer deutlicher wird aber, dass die Vorstellung von einer umfassenden, befristeten Transformation illusionär ist und nicht zu den gewünschten Ergebnissen führt.

Als wir 1994 unser Buch zum ökologischen Umsteuern von Automobilunternehmen publiziert haben, hätten wir nicht gedacht, dass die Mobilitätswende in Deutschland so lange dauert.2 Letztlich ist eine strategische Neuausrichtung auf nachhaltige Antriebsformen erst als Reaktion auf den Druck der Politik und des Wettbewerbs erfolgt. Die traditionellen Unternehmen der Branche befinden sich heute in einer Bedrohungslage, die von disruptiven Stakeholder-Ökosystemen ausgeht.3 Sie sind auf der Suche nach geeigneten Antworten und stellen sich auf einen komplexen Wandel mit verschiedenen Optionen ein.

Die Digitalisierung als zweites wichtiges Feld einer Neuausrichtung wird vor allen von den großen Tech-Konzernen und von Start-ups getrieben. Sie ist in verschiedenen Wellen verlaufen und betrifft sowohl das Produkt Automobil als auch wesentliche Geschäftsprozesse. Digitale Technologien haben den Charakter von Game Changern, was spätestens seit dem Hype um die generative Künstliche Intelligenz (KI) einer breiten Öffentlichkeit bewusst geworden ist.4 Auch in diesem Feld kommt es entscheidend auf die Gestaltung von innovativen Stakeholder-Ökosystemen an. Dabei eröffnet eine vertrauenswürdige KI für Europa durchaus Chancen.

Parallel zu diesen Entwicklungen hat mit den geopolitischen Krisen die Bedeutung einer resilienzorientierten Neuausrichtung zugenommen.5 Im Mittelpunkt steht dabei eine Verbesserung der Widerstandskraft westlicher Unternehmen in den verschiedenen Stufen der Wertschöpfung. Relevante Felder sind Rohstoffe, Batterien, Halbleiter und KI-Anwendungen. So ist z.B. der führende US-Chiphersteller Nvidia stark von dem taiwanesischen Auftragsfertiger TSMC abhängig.6 Das Beispiel zeigt, dass diese dritte Dimension einer Neuausrichtung zwar mit den anderen Dimensionen verbunden ist, aber spezifische Ansätze erfordert.

Die folgende Abbildung veranschaulicht die drei Dimensionen einer Neuausrichtung. Die spezifischen Ansätze betreffen die Übergänge

– von analog zu digitaler, aber auch vertrauenswürdig

– von primär finanzorientiert zu nachhaltiger, aber realistisch und

– von abhängig zu resilienter im Sinne von widerstandsfähig.

Für die europäische Wirtschaft und Politik ist dies eine zentrale Herausforderung der nächsten Jahre.

Lernprozess Innovationsstrategie

Hierzu ist es wichtig, den Unterschied zwischen dem weit verbreiteten Begriff Transformation und dem Begriff Neuausrichtung zu verstehen.

 

Unterschied zwischen Transformation und Neuausrichtung

Der Begriff Transformation hat eine längere Entwicklungsgeschichte. Bereits 1944 verwendet ihn Karl Polanyi als politischen Kampfbegriff, um seiner Forderung nach einem Wandel des kapitalistischen Systems Ausdruck zu verleihen.7 In den 1990er Jahren verstehen Consultants unter dem Begriff Transformation von Organisationen einen umfassenden Wandel.8 Damit streben sie eine Abgrenzung von dem als zu mechanistisch empfundenen Reengineering-Konzept an. Heute ist Transformation zu einem Schlagwort mit unklarem Inhalt geworden. Deutlich wird dies am Beispiel des aktuellen Begriffs Twin Transformation, der suggeriert, dass der digitale und der grüne Wandel einen Zwillingscharakter hätten.9

Um Ordnung in diese Begriffsunklarheiten zu bringen, unterscheiden wir beim Wandel von Organisationen zwischen einer zeitlichen und einer inhaltlichen Dimension. Als Transformation bezeichnen wir einen zeitlich befristeten, umfassenden Wandel. Damit rückt eine Transformationsaufgabe in die Nähe der Sanierung und wird von vielen Managementberatern inzwischen auch in diesem Sinne interpretiert. Demgegenüber verstehen wir unter einer Neuausrichtung einen längerfristig orientierten, spezifischen Wandel z.B. mit den Schwerpunkten Digitalisierung, Nachhaltigkeit oder Resilienz.

Lernprozess Innovationsstrategie

Die Vorstellung, eine digitale Transformation sei kurzfristig und umfassend möglich, unterschätzt die Komplexität der Aufgabe. Wir halten diese Vorstellung für illusionär. Eine solche Transformationsillusion ist die Ursache für viele Fehlschläge.

Der Begriff der Ausrichtung (Alignment) eines Unternehmens beschreibt eine gut abgestimmte Verbindung wichtiger Systemelemente (z.B. Geschäftsmodell, Strategie, Innovation, Kernkompetenzen, Organisation, IT-Systeme, Kultur und Stakeholder) im Hinblick auf eine gemeinsame Vision und einen Sinn. Im Verlauf ihrer Entwicklung ist in vielen Unternehmen ein solches Alignment verloren gegangen und gleichzeitig stellt sich die Aufgabe einer Neuausrichtung im Sine eines Realignments.10

Ausgehend von diesen Definitionen möchte ich im folgenden der Frage nachgehen, worin die Komplexität einer dreifachen Neuausrichtung besteht und mit welcher Vorgehensweise Unternehmen diese Komplexität bewältigen können.

 

Komplexität einer dreifachen Neuausrichtung

Eine zentrale Erkenntnis ist, dass die Komplexität einer dreifachen Neuausrichtung in der Verbindung verschiedener Handlungsfelder liegt. Dieses Triple Realignment erfordert den Wandel eines komplexen Systems. Die Transformationsillusion besteht in der Annahme, ein solcher Wandel sei mit Hilfe einer einmaligen Top-down-Planung möglich. Dieses mechanistische Strategie-Paradigma ist überholt und inzwischen von einem neuen Paradigma verdrängt worden, in dessen Zentrum die Bewältigung von Komplexität steht.11 In der Abbildung sind wichtige Handlungsfelder einer solchen Neuausrichtung dargestellt.

Lernprozess Innovationsstrategie

In den vergangenen sechzig Jahren ist die Entwicklung des strategischen Managements in fünf Stufen verlaufen. Eine Strategie 5.0 verbindet die Entwicklungsstufen. Unternehmen bewältigen diese Konnektivität in verschiedenen Handlungsfeldern. Eine wichtige Rolle spielt dabei die gemeinsame Vision als Klammer für eine Innovations-, Nachhaltigkeits- und Resilienzstrategie. Aus diesen Strategien ergeben sich die Schwerpunkte einer Neuausrichtung der Geschäftsmodelle.

Ein zweites Handlungsfeld ist die Reaktion auf oder Gestaltung von disruptiven Stakeholder-Ökosystemen. Dabei ist das Forschungs- und Entwicklungs (F&E-) Management von Unternehmen gemeinsam mit Akteuren aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft auf das Erreichen von Wettbewerbsvorteilen bei innovativen Technologien gerichtet.

Handlungsfeld Nummer drei ist die digitale, nachhaltige und resiliente Wertschöpfung. Ein aktuelles Thema ist hierbei gegenwärtig die Produktivitätssteigerung mit KI-basierten Geschäftsprozessen und wissensintensiven Anwendungen. Dieses Thema betrifft nahezu alle Branchen und Unternehmensgrößen.

Die Bewältigung dieser Handlungsfelder erfordert einen Wandel der Personalführung und Kultur sowie die Entwicklung von neuen Kompetenzen. Wichtige Impulse zur Komplexitätsbewältigung gehen dabei von einer verbindenden Führung mit agilen Methoden aus, die Start-ups und Digital-Champions konsequenter umgesetzt haben als etablierte Unternehmen.

Hierbei besteht ein enger Zusammenhang zum Wandel der Organisation, der IT-Architektur und des Projektmanagements. Etablierten Unternehmen fällt es schwer, das bei Digital-Champions entstandene Konzept einer Plattform-Organisation mit agilen Teams auf ihre eigene Situation zu übertragen.

Handlungsfeld Nummer sechs ist die Wertsteigung mit einer finanziellen und nicht-finanziellen Berichterstattung. Viele Unternehmen beschränken sich auf ein reaktives Vorgehen zur Erfüllung von neuen Nachhaltigkeitsrichtlinien. Sinnvoller erscheint es, das Thema Nachhaltigkeit als Innovationschance zu sehen.

Ein Erfolg versprechendes Vorgehen bei dieser dreifachen Neuausrichtung, das verschiedene Handlungsfelder verbindet, geht von einer Gliederung in Phasen und Lernschleifen aus. Dieses Vorgehen unterscheidet sich grundlegend von starren Roadmap-Konzepten,12 die in der Literatur weit verbreitet, in der Praxis aber häufig gescheitert sind.

 

Vorgehen bei einer dreifachen Neuausrichtung

Eine Gliederung des Vorgehens bei komplexen Aufgaben in Phasen und Lernschleifen basiert auf dem Modell des Action Learning, das auch die Grundlage für agile Methoden bildet. Ähnlich wie bei der Skalierung agiler Teams liegt die Herausforderung hier darin, die gesamte Organisation in einem iterativen Prozess zusammenzuführen. In der Praxis hat es sich bewährt, jede der Lernschleifen in die in der Abbildung dargestellten sechs Phasen zu gliedern.

Lernprozess Innovationsstrategie

Am Anfang einer Neuausrichtung steht die Analyse der spezifischen Ausgangssituation des Unternehmens verbunden mit einem Blick in die Zukunft (Foresight). Ein besonderes Augenmerk sollte dabei auf der Früherkennung möglicher radikaler Veränderungen liegen. Dies erfordert eine ausgeprägte kontextuelle Intelligenz, um die Komplexität externer Entwicklungen richtig einzuschätzen.

In einer nächsten Phase stellt sich die Aufgabe, für die dreifache Neuausrichtung eine Vision zu entwickeln. Ein Auslöser kann die Notwendigkeit sein, Krisen zu meistern und Resilienz zurückzugewinnen. Sinn stiftend wirkt dabei für viele Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit. Dabei liefern digitale Technologien das Potenzial für eine Erneuerung. Entscheidend ist, die Mitarbeitenden in diesen Prozess einzubeziehen und glaubwürdig eine Aufbruchsstimmung zu vermitteln, die die positive Energie für die nachfolgenden Phasen liefert.

Die Vision bildet den Rahmen für eine Priorisierung der Dimensionen digital, nachhaltig und resilient sowie der Handlungsfelder einer Neuausrichtung. In einer ersten Lernschleife bearbeitet das Unternehmen die Herausforderungen mit der höchsten Priorität. Die Erledigung von geringer priorisierten Aufgaben erfolgt nach dem gleichen Muster in späteren Lernschleifen. Dieses iterative Vorgehen leistet einen wichtigen Beitrag zur Komplexitätsbewältigung. Häufig bewertet die Führung nach jeder Lernschleife die aktuelle Situation des Unternehmens und seines Umfelds neu.

In vielen Unternehmen scheitert eine dreifache Neuausrichtung an dem vorhandenen Governance-Modell. Dabei verstehen wir unter Governance das Zusammenspiel von Personalführung, Kultur, Organisation und Kontrolle. Der Aufsichtsrat muss sicherstellen, dass die Governance für den Wandel dieses komplexen Systems geeignet ist und entsprechende Maßnahmen ergreifen, wenn dies nicht der Fall ist. Daher ist diese vierte Phase für den Gesamterfolg von entscheidender Bedeutung. Ein falsch verstandenes Transformationskonzept trägt dazu bei, dass sich die Wahrscheinlichkeit eines gemeinsames Versagens von Aufsichtsgremium, Führung, Mitarbeitenden und externen Beratern erhöht. Dabei kann es möglich sein, dass vor der Neuausrichtung eine Sanierung erforderlich ist. Wichtig ist, dies dann aber auch klar zu kommunizieren und sich nicht hinter einem vage formulierten Transformationsbegriff zu verstecken.

Eine weitere wichtige Hürde ist die Umsetzung in Form von Programmen und Projekten, die in Phase fünf erfolgt. Hierbei hat sich die Koordination der Handlungsfelder mit Hilfe eines agilen und transparenten Performance Managements bewährt. Ein geeigneter Ansatz ist die Objectives and Key Results (OKR-) Methode. Diese wird von Start-ups und erfolgreichen Digital-Giganten erfolgreich angewendet, stößt in etablierten Unternehmen aber immer noch häufig auf die Barrieren einer Silo-Kultur. Insofern baut der Erfolg der einzelnen Phasen aufeinander auf. Ohne eine geeignete Governance in Phase vier wird die Koordination der Handlungsfelder nicht gelingen. Daher sind bei diesem Prozess die Rückkopplungen von großer Bedeutung.

Die sechste und letzte Phase ist die Personalentwicklung in Form eines spezifischen Handlungslernen von Vielen. Angesichts der zunehmenden Bedeutung der generativen KI stehen Unternehmen zunehmend vor der Frage, wie sie während einer laufenden digitalen Neuausrichtung die Weiterbildung vieler Mitarbeitender gestalten sollen. Da es in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte nichts Vergleichbares gegeben hat, sind hier neue Wege gefragt. Diese müssten schon bei der Schulausbildung beginnen. Leider hat Deutschland das weitgehend verschlafen und steht nun vor einer Weiterentwicklung seines Bildungssystems. Hierauf kann die Wirtschaft aber nicht warten und muss beim Thema Personalentwicklung selbst die Initiative ergreifen.

Unsere praktische Erfahrung zeigt, dass diese Vorgehensweise den Charakter eines Rahmenkonzepts hat, das jedes Unternehmen an seine spezifische Situation anpassen muss. Wir unterstützen Führungskräfte bei dieser Anpassung, indem wir Beratung mit Personalentwicklung verknüpfen. Auf diese Weise erreichen wir für unsere Klienten ein besseres Preis-Leistungsverhältnis als beim klassischen Management Consulting.

 

Fazit

  • Unternehmen müssen gegenwärtig eine dreifache strategische Neuausrichtung  meistern und sowohl digitaler als auch nachhaltiger und resilienter   werden
  • Dabei verstehen wir unter dem Begriff Neuausrichtung einen längerfristig orientierten, spezifischen Wandel
  • Die Komplexität einer dreifachen Neuausrichtung besteht in der Bearbeitung verschiedener Handlungsfelder, die miteinander verbunden sind
  • Bei dieser Form des Wandels hat sich einer iterativer Prozess bewährt, der in Phasen und Lernschleifen gegliedert ist

 

Literatur

[1] Servatius, H.G., Strategie 5.0 zur Bewältigung der neuen Herausforderungen. In: Competivation Blog, 28.06.2022

[2] Berger, R., Servatius, H.G., Krätzer, A., Die Zukunft des Autos hat erst begonnen – Ökologisches Umsteuern als Chance, Pieper 1994

[3] Servatius, H.G., Gestaltung von innovativen Stakeholder-Ökosystemen. In: Competivation Blog, 10.01.2023

[4] Kaufmann, T., Servatius, H.G., Das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz als Game Changer – Wege zu einem Management 4.0 und einer digitalen Architektur, SpringerVieweg 2020

[5] Servatius, H.G., Resilienzorientiertes strategisches Management. In: Competivation Blog, 15.03.2023

[6] Hofer, J. et al., NvidiasTaiwan-Risiko. In: Handelsblatt, 28.Mai 2024, S.1, 4-5

[7] Polanyi, K., The Great Transformation – Politische und ökonomische Ursprünge von Gesellschaften und Wirtschaftssystemen, Suhrkamp 1973

[8] Goullart, F.J., Kelly, J.N., Transforming the Organization, Mc Graw Hill 1995

[9] Christmann, A.S., et al., The Twin Transformation Butterfly. In: Business Information Systems Engineering, 23.Januar 2024

[10] Trevor, J., Re:Align – A Leadership Blueprint for Overcoming Disruption and Improving Performance, Bloomsbury 2022

[11] Servatius, H.G., Mit einer Strategie 5.0 zu Erfolgen bei Digital GreenTech. In: Fesidis, B., Röß, S.A., Rummel, S.(Hrsg.), Mit Digitalisierung und Nachhaltigkeit zum klimaneutralen Unternehmen, SpringerGabler 2023, S.71-94

[12] Rogers, D.L., The Digital Transformation Roadmap – Rebuild Your Organization for Continuous Change, Columbia Business School Publishing 2023

Zusammenarbeit mit Startups

Zusammenarbeit mit Startups

Wie gelingt Familienunternehmen eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Startups? Diese Frage haben wir im Herbst-Treffen unseres Expertenkreises diskutiert.

 

Expertenkreis-Treffen bei Bürkert

Das Herbst-Treffen unseres Expertenkreises für Innovationsmanager in Familienunternehmen fand im Hohenloher Land bei Bürkert Fluid Control Systems, einem weltweit führenden Hersteller von Mess-, Steuer- und Regelungssystemen für Flüssigkeiten und Gase, statt. Die Teilnehmer waren von der tollen Architektur der Bürkert-Gebäude am Standort Ingelfingen im Kocher-Tal begeistert.

 

 

Dr. Peter Krippner stellte das Unternehmen vor und Dr. Marion Neukam erläuterte, wie man bei Bürkert immer wieder auf neue Ideen kommt. Einen wichtigen Beitrag hierzu leisten die Inspiration Days. In einer Führung konnten sich die Teilnehmer einen Eindruck von der Breite des Leistungsprogramms und der Fertigungstiefe verschaffen.

 

Unterschiedliche strategische Verhaltensmuster

Im Zuge des digitalen Wandels streben auch Familienunternehmen verstärkt die Zusammenarbeit mit Startups an.1 Dabei versprechen sich beide Seiten von einer Kooperation Vorteile, die aber häufig durch Barrieren erschwert wird.

Ein wichtiges Hindernis können die unterschiedlichen strategischen Verhaltensmuster von Familienunternehmen und Startups sein. Viele Familienunternehmen sind vor Jahrzehnten als Visionäre gestartet und haben sich im Laufe der Entwicklung dem für Großunternehmen typischen analyse-orientierten Verhaltensmuster angenähert. Sie tun sich sowohl mit der Agilität von Startups als auch mit dem Plattform-Muster der Digital-Champions schwer. Daher stehen sie vor der Herausforderung, in einem verbesserten Innovationsstrategie-Prozess unterschiedliche Verhaltensmuster zu verknüpfen.2

 

Phasenkonzept für die Zusammenarbeit

In meinem Beitrag habe ich von Projekten berichtet, in denen wir Familienunternehmen bei der Einführung eines Phasenkonzepts für die Zusammenarbeit mit Startups unterstützt haben. Dieses Konzept ist in die Phasen Exploring, Challenging, Cooperating und Doing gegliedert. Damit gelingt die Realisierung eines Verknüpfungsmusters, das beim Startegieprozess die Arbeitsweise von Startups mit dem Verhalten etablierter Unternehmen verbindet.

 

 

In der Exploring-Phase befruchten Startups als Ideenliferanten den Foresight-Prozess des Familienunternehmens und tragen so zu einer kreativen Weiterentwicklung bei. Beim Challenging übernehmen Startups die Aufgaben von Disruptoren und hinterfragen das Innovationsportfolio des Familienunternehmens und dessen Erfolgsfaktoren. Beim Cooperating geht es darum, Startups als Partner im Innovationsökosystem des Unternehmens zu verankern und eine faire Zusammenarbeit zu etablieren. Die vierte Phase ist dann das Doing, in der Startups zum Rollenmodell für Strategiesprints werden und so die Arbeitsweise des Familienunternehmens befruchten.

Bei der Umsetzung eines solchen Phasenkonzepts hat sich die Einrichtung einer Interface Unit bewährt, die die Verknüpfung der strategischen Verhaltensmuster fördert.

Wie dies in der Praxis gelingt, zeigte Uwe Brühl der bei Sto, dem Weltmarktführer für Wärmedämm- Verbundsysteme, die neue Einheit Building Solutions leitet und den digitalen Wandel seines Unternehmens vorantreibt. Dabei spielt die Zusammenarbeit mit Startups eine wichtige Rolle. Für die Teilnehmer wurde deutlich, dass der Ansatz von Sto auch für ihr Unternehmen eine wichtige Orientierung liefern kann. Entsprechend rege war die Diskussion.

 

Europa der „Hidden Regions“

Eine Gemeinsamkeit von Unternehmen wie Bürkert und Sto ist, dass sie in einigem Abstand von den Metropolen in einer reizvollen aber weniger bekannten Region erstaunliche Innovationen hervorbringen. Eine wichtige Aufgabe der europäischen Innovationspolitik sollte es daher sein, diese „Hidden Regions“ weiterzuentwickeln. Dabei kann die Zusammenarbeit von Familienunternehmen mit Startups eine wichtige Rolle spielen.

 

Literatur

  1. Servatius, H.G.: Innovationsstrategien für IoT-Plattformgeschäfte. In: Competivation Blog, 22. Juni 2018
  2. World Economic Forum: Collaboration between Startups and Corporates – A Practical Guide for Mutual Understanding, White Paper, January 2018

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