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Mentoring-Programme für die Entwicklung konnektiver Fähigkeiten

Mentoring-Programme für die Entwicklung konnektiver Fähigkeiten

Bei der Aus- und Weiterbildung von Managern kommt das Thema Konnektivität zu kurz. Abhilfe schaffen kann eine neue Form von Mentoring-Programmen.

 

In diesen Blogpost erläutern wir, wie ein Mentoring for Connectivity bei der Bewältigung komplexer Aufgaben hilft.

 

Verbindung von strategischen Verhaltensmustern

Im Wettbewerb um das beste Auto-Betriebssystem treten die europäischen Hersteller und Zulieferer gegen Techkonzerne an. Bei diesem Wettbewerb spielt Softwarekompetenz eine entscheidende Rolle. So kommt eine McKinsey-Studie zu dem Ergebnis, dass der Markt für Autosoftware von heute rund 35 Milliarden US-Dollar bis 2030 auf rund 84 Milliarden wachsen wird.1

Zur Bewältigung komplexer Aufgaben wie der Digitalisierung von Automobilen müssen Führungskräfte heute in der Lage sein, unterschiedliche strategische Verhaltensmuster zu verbinden. Unter diesem Begriff verstehen wir die häufig tief in der Kultur einer Organisation verankerten Verhaltenscharakteristika der Strategiearbeit.2 Neben dem visionären und dem analyseorientierten Muster werden das in Plattform-Unternehmen ausgeprägte kooperative Muster und das agile Muster von Start-ups immer wichtiger. Eine situationsgerechte Verbindung dieser Muster ist jedoch nicht einfach. Im Rahmen von sogenannten T-shaped Skills erfordert eine solche Verbindung besondere konnektive Fähigkeiten.

 

T-shaped Skills

Der Begriff T-shaped Skills beschreibt die Kombination aus der Tiefe der Fähigkeiten in einem Gebiet und der Breite der Fähigkeiten. Wer über „T-förmige Fähigkeiten“ verfügt, ist also sowohl Spezialist als auch Generalist.3 Bei der Aus- und Weiterbildung von Managern dominierte lange Zeit die Spezialisierung. So wurden Ingenieure zu Technologie-Spezialisten und Betriebswirte zu Funktionsspezialisten trainiert. Diese Fokussierung bildete die Grundlage für den angestrebten Expertenstatus, eine Beurteilung durch Vorgesetzte und weit verbreitete Silokarrieren.

Lernprozess Innovationsstrategie

Die Defizite dieser Schwerpunktsetzung auf den vertikalen T-Balken sind seit langem bekannt. Neben der Spezialisierung sollten Führungskräfte daher auch über eine gewisse Breite an Fähigkeiten verfügen, die der horizontale T-Balken symbolisiert.

Als Erfolg versprechender Weg zur Erlangung dieser Fähigkeiten gilt das Projektmanagement. Auch der Erfolg von agilen Methoden wie Design Thinking und Scrum basiert nicht zuletzt auf dem Nutzenversprechen einer Förderung von Interdisziplinarität. Bei keiner dieser Methoden liegt jedoch der Schwerpunkt auf einer Verbindung unterschiedlicher Denk- und Verhaltensmuster. Diese immer wichtiger werdenden Fähigkeiten werden eher vorausgesetzt und bei der Anwendung z.B. von Design Thinking praktiziert.

Wir vertreten daher die These, dass die Aus- und Weiterbildung von Managern konnektive Fähigkeiten vernachlässigt. Diese Defizite treten z.B. beim digitalen Wandel deutlich zu Tage. So haben viele Unternehmen Schwierigkeiten bei der Verbindung zwischen einem eher stabilitätsorientierten und einem agilen Mindset.4 Ein vielversprechender Ansatz zur Bewältigung dieser Schwierigkeiten sind Mentoring-Programme.

 

Formen des Mentoring

Die Wurzeln des Begriffs Mentoring liegen in der griechischen Mythologie. So vertraute einst Odysseus seinen Sohn dem Freund Mentor an, als er in den Trojanischen Krieg aufbrach. In Unternehmen unterstützt ein erfahrener Mentor, der bzw. die nicht Vorgesetzter einer anderen Person ist, seinen Mentee über einen bestimmten Zeitraum. Bei der klassischen Anwendung dieses Personalentwicklungs-konzepts kommt der Mentor aus dem eigenen Unternehmen. Die inhaltlichen Schwerpunkte liegen bei der Begleitung z.B. beim Eintritt in das Unternehmen oder einer Beförderung.

Daneben gibt es auch das Cross Mentoring durch Vertreter anderer Unternehmen. So bereiten ehemalige Top-Manager von Chairman Mentors International Führungskräfte auf neue Aufgaben vor. Auch Personal- und Strategieberater wie Egon Zehnder, McKinsey und die Boston Consulting Group haben das Potenzial dieses Marktes erkannt.5

Lernprozess Innovationsstrategie

Während in der Vergangenheit der Schwerpunkt des Mentoring bei den vorhandenen Aufgaben lag, beschäftigt sich das New Mentoring explizit mit innovativen Managementthemen. Mentoren können wie z.B. beim Reverse Mentoring als junge Digitalexperten aus dem eigenen Unternehmen kommen oder auch von außen. Ein solches innovatives Thema ist die Weiterentwicklung verbindender Fähigkeiten und deren Anwendung im Rahmen eines Connective Managements.6

 

Konnektive Fähigkeiten in Software-Unternehmen

Das Konzept eines Connective Managements, das sowohl Management- und Organisationsbausteine als auch die relevanten Akteure verbindet, ist in erfolgreichen Digital-Unternehmen entstanden. Eine besondere Rolle spielt dabei die gegenüber dem klassischen Management veränderte Beziehung zwischen der Führungsebene und den Softwareentwicklern. Während Unternehmensgründer im Handwerk und in Hidden Champions in der Regel auch die ausführenden Tätigkeiten beherrschen, hat das Top-Management etablierter Unternehmen häufig eine große fachliche Distanz zur Arbeitsebene. Dies ist in Software-Unternehmen anders. Viele der Gründer und Top-Manager kommen selbst aus dem Software Engineering und pflegen daher eine enge Zusammenarbeit mit Programmierern und Datenexperten. Die Führungsebene verfügt also über ausgeprägte konnektive Fähigkeiten, die das Verhältnis zwischen der Entwicklung und der Umsetzung von Strategien prägen.

 

Phasen der Software-Wertschöpfung

Von erfolgreichen Software-Unternehmen kann man nicht nur lernen, wie sich die Software-Wertschöpfung verändert hat, sondern auch, wie diese Unternehmen die Zusammenarbeit von Führungskräften, Software-Ingenieuren und Kunden gestalten.7

Die Software-Wertschöpfung hat in den letzten Jahrzehnten verschiedene Phasen durchlaufen

  • von der Entwicklung von Lösungspaketen wie Enterprise Resource Planning (ERP) durch wenige große Anbieter
  • über Software as a Service (SaaS)
  • bis zur Kooperation mit Platform as a Service (PaaS-) Anbietern, die eine relative kostengünstige Infrastruktur für Software-Microservices liefern.

Dabei ist die Eigenentwicklung von Software zu einem zentralen Faktor der kundenorientierten Erzielung von Wettbewerbsvorteilen geworden. Im Zeitalter von „Build and buy Software or die“ spielt daher die Konnektivität von Kunden, Unternehmensführung und Software Engineering eine entscheidende Rolle.

 

Mentoring for Connectivity

Die Herausforderung für etablierte Unternehmen beim digitalen Wandel liegt darin, dass sich Führungskräfte und Softwareentwickler im Hinblick auf die Kundenorientierung weiterentwickeln. Eine zentrale Frage für die Führung ist: Was ist das Kundenproblem? Bei der Beantwortung der Frage, wie dieses Kundenproblem zu lösen ist, brauchen Software-Ingenieure einen gewissen Freiraum.

Lernprozess Innovationsstrategie

 

Ein Mentoring for Connectivity hilft beiden Gruppen, mentale Barrieren (Mindtraps) zu überwinden.8 Dabei lernen die Führungskräfte, die Arbeitsweise von Softwareentwicklern besser zu verstehen. Parallel dazu lernen die Software-Ingenieure, sich auf die Erwartungen von Führungskräften einzustellen. Die Überwindung von „Ego-Fallen“ im Rahmen des eigenen Karriereweges ist eine der vielen Aufgaben eines New Mentoring, bei dem Spezialisten für neue Managementthemen helfen können.

 

Digitale Entwicklung als gemeinsamer Lernprozess

Angesichts des mäßigen Erfolgs vieler Programme zur digitalen Transformation wird es Zeit umzudenken. Führende Software-Unternehmen wenden – bewusst, wie z.B. Alphabet oder unbewusst – Erkenntnisse der Komplexitätstheorie an.9

Sie schaffen günstige Rahmenbedingungen für eine verbesserte Konnektivität der technischen Bausteine und der relevanten Akteure. Die angestrebte digitale Entwicklung in etablierten Unternehmen sollte ebenfalls an diesen Hebeln ansetzen. Mit einem Augenzwinkern könnte man daher fragen: Stecken Sie noch in der digitalen Transformation fest oder gestalten Sie diese Entwicklung als motivierenden Lernprozess?

 

Fazit

  • Konnektive Fähigkeiten verbinden unterschiedliche Denk- und Verhaltensmuster
  • Mentoring-Programme helfen, Defizite bei diesen Fähigkeiten zu überwinden
  • Von Software-Unternehmen können etablierte Organisationen lernen, wie man die Konnektivität von Kunden, Unternehmensführung und Software Engineering als Quelle von Wettbewerbsvorteilen nutzt
  • Ein Mentoring for Connectivity hilft bei der Überwindung von mentalen Barrieren

 

Literatur

[1] Fasse, M. et al.: Der Wettstreit um das Gehirn des Autos. In: Handelsblatt, 03. Mai 2021, S. 6-8

[2] Kaufmann, T., Servatius, H.G.: Das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz als Game Changer – Wege zu einem Management 4.0 und einer digitalen Architektur, Wiesbaden 2020, S. 68ff.

[3] Leonard-Barton, D.: Wellsprings of Knowledge – Building and Sustaining the Sources of Innovation, Boston 1995, S. 74 ff.

[4] Servatius, H.G.: Wege zu einem agilen Mindset. In: Competivation Blog, 09.08.20218

[5] Buchhorn, E.: Lernen von den Besten. In: Manager Magazin, November 2020, S. 96-103

[6] Servatius, H.G.: Komplexitätsbewältigung als Treiber eines Connective Managements. In: Competivation Blog, 31.03.2021

[7] Lawson, J.: Ask Your Developer – How to Harness the Power of Software Developers and Win in the 21st Century, New York 2021

[8] Garvey Berger, J.: Unlocking Leadership Mindtraps – How to Thrive in Complexity, Stanford 2019, S. 112 ff.

[9] Brown, S. L., Eisenhardt, K. M.: Competing on the Edge – Strategy as Structured Chaos, Boston 1998

[10] Kaufmann, Servatius, a.a.O., S. 73 ff.

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