
KI und die Zukunft der Management Education
Die Aus- und Weiterbildung von Managern hat in der Vergangenheit verschiedene Phasen durchlaufen. Gegenwärtig werden die negativen Folgen einer zu engen Theorieorientierung immer deutlicher und es entsteht die Vorstellung vom Management als einer dynamischen, Theorie und Praxis verbindenden Profession. Parallel dazu verändert Künstliche Intelligenz (KI) das Lernen und die Management Education. Wichtige Treiber dieses evolutionär verlaufenden Wandels sind disruptive Learning Ecosystems, die die traditionellen Akteure herausfordern. Am Anfang der Reise in diese nahe Zukunft steht eine Skizze der gegenwärtigen Erfolgsmuster für eine Karriere im Management.
In unserer Blogpost-Reihe zur KI beschäftige ich mich in diesem neuen Beitrag mit der Gegenwart und zukünftigen Entwicklung der Management Education, bei der Künstliche Intelligenz eine wichtige Rolle spielt.
Erfolgsmuster für eine Management-Karriere
In den vergangenen Jahrzehnten bestand das bewährte Erfolgsmuster für eine Turbo-Karriere im Management aus den folgenden Schritten:
- Bachelor-Studium in Ingenieurwissenschaft oder Informationstechnik
- kurze Orientierungsphase in einem angesehenen Unternehmen
- MBA an einer renommierten Business School
- weitere Lehrjahre in Beratung, Investment Banking oder Private Equity
- Wechsel in eine Stabseinheit für Unternehmensentwicklung und
- schnelle Beförderungen auf dem Weg zur Führungsebene.
Allerdings ist dieses Erfolgsmuster mit zwei offensichtlichen Nachteilen verbunden:
- Der eingeschränkten Work Life Balance in als arbeitsintensiv geltenden Professional-Service-Unternehmen und
- der Kosten-Barriere von MBA-Programmen an bekannten Business Schools.
So liegen die Kosten für ein einjähriges MBA-Studium an einer der europäischen Elite-Hochschulen zwischen 80.000 und 100.000 Euro. Hinzu kommen die hohen Lebenshaltungskosten an Standorten in Metropol-Regionen. In den USA, wo die meisten MBA-Programme zwei Jahre dauern, summieren sich die Kosten inklusive Wohnheim und Krankenversicherung auf bis zu 250.000 Euro.1 Bewerber müssen daher genau überlegen, ob sich eine solche Investition und der damit verbundene Einkommensverzicht lohnen.
Daneben ist ausgehend von den USA und mit erheblicher Verzögerung auch in Deutschland ein zweites Erfolgsmuster entstanden, das allerdings mit noch größeren Risiken verbunden ist. Dieser Weg führt von einer Idee zur Gründung und Skalierung eines Start-ups. Die Akteure sind meist kreative, interdisziplinäre Teams, die mit großem Engagement an neuen Geschäftsmodellen arbeiten. Ein Kennzeichen erfolgreicher Gründer ist, dass sie auch tief in Details stecken und mit wichtigen Prozessen vertraut sind. Seit langem gibt es in Deutschland keinen Mangel an solchen Talenten, wohl aber Defizite bei den innovationspolitischen Rahmenbedingungen. Die Situation hat sich in den letzten Jahren zwar verbessert. Es bleibt aber immer noch viel zu tun.
Eine Ursache der skizzierten Erfolgsmuster ist, dass sich die Managementwissenschaft immer mehr gegenüber den Technikwissenschaften geöffnet hat. Ausbildungen im klassischen Ingenieurwesen und der neueren Informationstechnik qualifizieren Studierende zwar für eine Fachlaufbahn. Für eine Führungslaufbahn sind darüber hinaus aber Kompetenzen in Strategie, Innovation, Marketing, Produktion, Finanzen, Organisation und Personalführung erforderlich. Eine interdisziplinäre Managementlehre vermittelt dies alles. Außerdem trainiert die Managementausbildung die verbindenden Fähigkeiten zu den Technikwissenschaften. Ein wichtiges Anwendungsfeld ist die Gestaltung neuer Geschäftsmodelle.2
Vorreiter dieser Entwicklung in Deutschland ist die Universität Stuttgart, an der ich nach externer Habilitation seit 1994 als Honorarprofessor lehre. In Stuttgart hat man bereits 1974 den Studiengang Technisch-orientierte Betriebswirtschaftslehre eingeführt und damit einen Fokus auf die Konnektivität von Wirtschaft und Technik gelegt. Die folgende Abbildung veranschaulicht die Segmentation von Fachdisziplinen.
Weniger offensichtlich als diese Erfolgsmuster ist eine Schwerpunktverlagerung bei den Inhalten der Aus- und Weiterbildung von Managern. Diese Entwicklung betrifft sowohl Business Schools als auch die klassischen technik- und wirtschaftsorientierten Studiengänge. Ein wichtiger Kritikpunkt ist deren zu starke Theorieorientierung.
Zu starke Theorieorientierung und ihre Folgen
In einem bereits 2005 im Harvard Business Review erschienenen Artikel kritisieren die renommierten US-Professoren Warren Bennis und James O‘Toole eine Fehlentwicklung an amerikanischen Business Schools. Ausgelöst durch die Förderung von Stiftungen begann dort Ende der 1950er Jahre eine stärkere Betonung von wissenschaftlicher Strenge (Rigor) in Form einer empirischen Behandlung relativ begrenzter Fragestellungen. Für eine Karriere als Professor entscheidend wurde die Publikation in wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Auf der Strecke blieben dabei praktische Erfahrung und die Relevanz der Forschung, die bei Berufungen eine immer geringere Rolle spielten.3
Leider gibt es die gleiche Entwicklung seit langem auch an deutschen Universitäten. Das Ergebnis ist eine Reihe negativer Folgen:
- So hat die Lehre gegenüber der Forschung an Bedeutung verloren.
- Die Professoren bringen weniger praktische Erfahrung in ihre Lehre und Forschung ein
- Insbesondere in dynamischen Fächern wie dem Innovationsmanagement gibt es kaum noch aktuelle Lehrbücher
- Die Forschung beschäftigt sich immer weniger mit praxisrelevanten komplexen Themen, die für empirische Methoden schwer zugänglich sind
- Die Zielgruppe für die Ergebnisse dieser Forschung sind vor allem andere Forscher, während Praktiker nur selten Artikel aus wissenschaftlichen Fachzeitschriften lesen
- Viele Absolventen sind auch nach einer Promotion nicht unmittelbar als Projektleiter in anspruchsvollen Praxisprojekten einsetzbar.
Die großen Nutznießer dieser Entwicklung sind seit langem Managementberatungen und die dort tätigen Consultants, die die Lücke füllen, die Business Schools und Universitäten hinterlassen. Diese Gewinner profilieren sich mit der Fähigkeit zur praxisorientierten Bewältigung neuartiger, komplexer Probleme. So sind Beratungen zu einer wichtigen nächsten Weiterbildungsstufe und einem Karrierebeschleuniger geworden. Für Klienten hat aufgrund dieser Kausalkette die Abhängigkeit von Consultants leider zugenommen.
Es ist erstaunlich, dass diese Entwicklung von der Unternehmenspraxis bislang nicht noch kritischer analysiert und bewertet worden ist. Daher wollen wir der Frage nachgehen, wie ein Ansatz zur Verbesserung aussehen konnte. Hierzu müsste sich das Management zu einer dynamischen Profession wandeln.
Management als dynamische Profession
Die Aus- und Weiterbildung von Managern wird durch die drei Dimensionen Theorie, Praxis und Veränderungsdynamik geprägt. Besondere Herausforderungen liegen in der Verbindung von Theorie und Praxis sowie der zunehmenden Dynamik des Umfelds von Unternehmen. Die Vorstellung vom Management als einer dynamischen Profession setzt an der Entwicklung der Managementaus- und -weiterbildung an.
Diese Entwicklung ist in verschiedenen Phasen verlaufen. Die Entstehung des Managements als interdisziplinäres Fachgebiet hat eine lange Geschichte. Der Erfolg vieler deutscher Hidden Champions in den vergangenen Jahrzehnten und auch der phänomenale Aufstieg von Digital-Unternehmen aus den USA basiert vor allem auf Führungskräften mit der Fähigkeit zur Verbindung von Technik- und Wirtschaftskompetenz.
Zu dieser Konnektivität haben die frühen Studiengänge in der ersten Phase einen wichtigen Beitrag geleistet. Mit ihrem ausgeprägten Fokus auf die Praxis wurden angehende Manager sehr gut auf die Herausforderungen einer Tätigkeit in Organisationen vorbereitet. Diese Phase könnte man unter das Motto des großen Sozialpsychologen Kurt Lewin stellen: „Nichts ist so praktisch wie eine gute Theorie“. Dies impliziert, dass man von einem exzellenten Professor neben wissenschaftlichen Leistungen auch eine ausgeprägte praktische Erfahrung erwarten kann.
In einer zweiten Phase der Management Education kam es zu der bereits skizzierten Akademisierung im Sinne einer Beschränkung der Forschung auf empirische Ansätze zur Behandlung begrenzter Fragestellungen. Ein Großteil der Dissertationen und Habilitationen verfolgt inzwischen diesen Weg, der selten zu tiefgreifenden Management-Innovationen führt.
Neue Impulse kommen heute meist von Professoren, die auch in der Executive Education und Beratung oder sogar als Unternehmensgründer tätig sind. Die Ergebnisse werden häufig in praxisorientierten Zeitschriften wie dem Harvard Business Review und Büchern internationaler Verlage publiziert. Dieser Professorentyp ist zahlenmäßig zwar in der Minderheit, liefert aber einen erheblichen Beitrag zu Innovationen in der Managementlehre.
Eine Neuausrichtung der Management Education zeichnet sich in einer dritten Phase ab. Diese Phase trägt der hohen Veränderungsdynamik Rechnung und es kommt zu einer stärkeren Verbindung von Theorie und Praxis. Das Ergebnis ist ein Management, das sich als dynamische Profession versteht. Das Ziel ist die Schaffung von innovativen Inhalten für die Forschung und Lehre, um die vielfältigen neuen Herausforderungen zu bewältigen.
Dabei sind wichtige Kriterien, damit aus der Tätigkeit im Management eine Profession wird
- eine qualifizierte Ausbildung mit Abschluss
- praktische Erfahrung bei anspruchsvollen Aufgaben
- ethische Standards und möglicherweise auch
- eine Form der Regulierung z.B. von KI.
Insofern ist der Anspruch des Managements, eine Profession zu sein, gegenwärtig nur teilweise erfüllt. Lernen kann das Management hingegen von anderen anwendungsorientierten Wissenschaften wie der Medizin.
Lernen von der Mediziner-Ausbildung
Kein vernünftiger Mensch würde sich von einem Arzt mit wenig Praxiserfahrung behandeln lassen, der noch nie in einem Krankenhaus tätig war. Um die Mediziner-Ausbildung nicht nur theoretisch zu gestalten, arbeiten Chefärzte renommierter Kliniken neben ihrer praktischen Tätigkeit häufig als Professoren an Universitäten. Ein Teil der Ausbildung findet in Lehrkrankenhäusern statt und insgesamt ist das System aus Universitäten und Kliniken sehr viel durchlässiger als die Aus- und Weiterbildung von Managern.
Dort gibt es zwar mit den stärker praxisorientierten Hochschulen und den von privaten Business Schools angebotenen dualen Studiengängen eine Alternative zum Studium an Universitäten. Die meisten Anbieter haben aber nur ein eingeschränktes Promotionsrecht. Damit fehlt weitgehend der von Doktoranden geleistete Beitrag zur Forschung.
Angesichts des starken Beharrungsbestrebens der Universitäten ist von diesen bei der Aus- und Weiterbildung im Management bestenfalls ein Wandel in kleinen Schritten zu erwarten. Ein erster Schritt könnte darin bestehen, theoretisch qualifizierte Führungskräfte und deren Unternehmen wesentlich stärker in die Lehre und Forschung zu integrieren. Ein seit langem bekannter Ansatz hierzu ist die handlungsorientierte Forschung (Action Research).4 Dabei gestalten interdisziplinäre Teams innovative Praxisprojekte, publizieren die Ergebnisse und machen sie so für die Lehre zugänglich. Dies ist eine seit langem in der Managementberatung übliche Vorgehensweise. Von einer solchen Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Unternehmen würden sowohl eher theoretisch orientierte Professoren als auch Praktiker profitieren.
Eine spannende Frage ist nun, welche neuen Impulse für die Management Education von der Künstlichen Intelligenz (KI) ausgehen.
KI verändert die Management Education
Nach einer Studie des britischen „Times Higher“-Magazins kommen dreizehn der weltweit besten KI-Universitäten aus den USA, drei aus Großbritannien, zwei aus China sowie eine aus der Schweiz und aus Singapur. Für die Staaten der Europäischen Union ist also noch „Luft nach oben“. Chinesische Unternehmen sehen 2025 als ein Schlüsseljahr für KI-Anwendungen. Deshalb setzt China neben großen Sprachmodellen verstärkt auf spezifische Industriemodelle.5 Dies ist eine Strategie, von der Deutschland lernen könnte.
Neben branchenspezifischen Modellen wird KI auch für die Aus- und Weiterbildung immer wichtiger. Nahezu alle Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ein Up- und Reskilling ihrer Mitarbeitenden erfolgreich und kostengünstig zu gestalten.
Dies gilt auch für die Aus- und Weiterbildung im Management. Dabei hat KI tiefgreifende Auswirkungen auf vier Aspekte des Managements. Sie verändert:
- sowohl die Forschung und Lehre als auch die Lerntechnologien
- alle Bereiche und Geschäftsprozesse von Organisationen
- alle Wirtschaftsbranchen und den öffentlichen Sektor sowie
- das Management als sich entwickelnde Profession.
Eine große Bedeutung haben dabei die praktischen Fähigkeiten von Führungskräften und Mitarbeitenden, die KI als Werkzeug anwenden.
Ingenieur- und wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge stehen nun vor der Herausforderung, Grundlagen und Anwendungen der Künstlichen Intelligenz in ihr Lehrangebot zu integrieren. Die Lerninhalte entwickeln sich sehr dynamisch und einzelne Professoren fühlen sich daher mit dieser Integrationsaufgabe häufig überfordert. Für Unternehmen besteht nach dem AI Act der Europäischen Union die Verpflichtung, Mitarbeitende, die KI-Systeme nutzen, im Umgang damit zu schulen. Vielen Unternehmen ist dies noch nicht bewusst. Der Bundesverband Bitcom hat im Juli 2024 deutsche Führungskräfte nach ihrer Haltung zu KI befragt. Danach sind6
– 29% der Befragten vorsichtig und 16% skeptisch, aber immerhin
– 46% experimentierfreudig und 9% sogar enthusiastisch.
Künstliche Intelligenz ist also sowohl Lerninhalt als auch Lernwerkzeug, das die Hochschullehre und die Praxis verändert.
In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, wie dynamisch die Entwicklung in den vergangenen zwei Jahrzehnten bei Lerntechnologien verlaufen ist. Daher wollen wir einen Blick in die mögliche Zukunft des Corporate Learning werfen.
Entwicklung zu einem KI-basierten Corporate Learning
Die Entwicklung der Lerntechnologien, die Organisationen nutzen, ist seit der Jahrtausendwende in den folgenden vier Phasen verlaufen:
- E-Learning mit Learning Managements Systems (LMS) als Plattform
- Weiterentwicklung der LMS zu einem stärker Kompetenz–orientierten Lernen im Sinne eines Personalentwicklungssystems
- Digitale Microlearnings mit Learning Experience Platforms (LXP) und einer zunehmenden Bedeutung von Videos sowie
- KI-basierte Lernplattformen, die relativ selbständig individualisierte Inhalte
In jeder dieser Phasen sind LearnTech-Anbieter vom Markt verschwunden und neue hinzugekommen. Anbieter, die auf KI setzen, sind z.B. Absorb, Arist, Docebo, Growthspace, LearnUpon, Sana Labs, Uplimit und Work Ramp.7
Eine Planung der Anwendung von Lerntechnologien in Organisationen erfolgt häufig nicht top-down, sondern bottom-up durch das Personalmanagement und die Informationstechnik. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Zusammenarbeit mit Start-ups.
Das junge Berliner Unternehmen Doinstruct setzt KI zur Schulung von „schreibtischlosen“ Mitarbeitenden ein. Gartner schätzt diese Zielgruppe weltweit auf 2,7 Milliarden Personen. Sie ist doppelt so groß, wie die Zahl derjenigen, die am Schreibtisch arbeiten. Mit Hilfe von KI generiert das Unternehmen kurze Lernvideos für „Frontline Worker“, die häufig weder einen Laptop noch eine E-Mail-Adresse haben. Bislang hat Doinstruct mehr als 250 Schulungsvideos produziert. Unternehmen können dieses Angebot personalisieren. Die Grundlage für die generierten Videos liefern namhafte KI-Anbieter. Fachexperten kümmern sich bei Doinstruct um die Auswahl der Inhalte, Drehbuchautoren um deren Aufbereitung. Das Unternehmen hat eine Software entwickelt, die den Log-in über SMS verschickt. Man denkt auch über WhatsApp-Chats nach. Die Inhalte werden 25 Sprachen übersetzt. 8
Vorgehen bei einem KI-unterstützten Lernen im Management
Das Beispiel Doinstruct zeigt wie ein KI-unterstütztes Lernen im Management aussehen kann. Es besteht aus sieben Schritten, die an die jeweilige Situation angepasst werden.
Im ersten Schritt erfolgt eine KI-unterstützte Zusammenfassung von vorhandenen Lerninhalten. Dieser Schritt erfordert ein mit Reasoning-Modellen unterstütztes Prompting und eine kritische Analyse der mit KI generierten Inhalte. Er soll die Lehrenden nicht ersetzen sondern vor allem ihre Produktivität steigern.
In Schritt zwei schafft ein projektorientiertes Action Learning von Hochschulen und Unternehmen innovative, praxisorientierte Lerninhalte. Auf diese Weise fließt neues Wissen und Können in die Lehre ein.
Im dritten Schritt geht es um eine Verbindung von Grundlagen und neuen Inhalten sowie deren Strukturierung in Microlearnings. Diese kurzen Sequenzen ermöglichen eine Modularisierung von Lernprogrammen.
Eine multimodale, didaktische Aufbereitung ist dann die Aufgabe von Schritt vier. Auf diese Weise wird eine professionelle Verbindung von Text, Ton und Bild erreicht, die mit praktischen Übungen kombiniert wird. Diese ersten vier Schritte können für spezifische Managementdisziplinen und Branchen eingesetzt werden.
Im fünften Schritt besteht die Möglichkeit einer KI-unterstützten Individualisierung der Lerninhalte. Diese werden so an die spezifische Situation eines Unternehmens und einzelner Personen angepasst.
Mit Hilfe innovativer Lerntechnologien erfolgt im sechsten Schritt eine Weiterentwicklung von Lernplattformen, die eine Skalierung ermöglichen. Diesen Schritt werden die meisten Unternehmen gemeinsam mit LearnTech-Partnern meistern.
Damit ist die Grundlage gelegt für Schritt sieben, der auf eine KI-unterstützte kontinuierliche Verbesserung gerichtet ist. Bei der Umsetzung eines solchen Vorgehens spielen disruptive Learning Ecosystems eine wichtige Rolle.
Wandel durch disruptive Learning Ecosystems
Unter einem disruptiven Learning Ecosystem versteht man ein Netzwerk von Partnern aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft sowie den Lernenden, dessen Disruptionswirkung von innovativen Ansätzen und Barrieren ausgeht, die durch traditionelle Akteure schwer zu überwinden sind.9 Ein Vorteil der entstehenden KI-basierten Stakeholder-Ökosysteme ist die bessere Zusammenarbeit der Partner.
Ein solches Learning Ecosystem besteht aus den folgenden Akteuren:
- Der Politik, die einen innovationsfördernen Rahmen schafft
- Hochschulen, Consultants, Trainern und Autoren, die forschen und Lerninhalte anbieten
- traditionellen und innovativen Bildungsanbietern, die Lerninhalte vermarkten
- KI- und LearnTech-Anbietern, die Lernplattformen gestalten sowie
- Organisationen und einzelne Personen in der Doppelrolle als Kunden sowie als Anbieter von Lerninhalten und Daten.
Die Chance für ein resilienteres Europa besteht darin, mit vertrauenswürdigen KI-Lösungen eine Vorreiterrolle bei solchen neuartigen Bildungssystemen zu übernehmen. Das Ziel ist eine konnektive Management Education für die im KI-Zeitalter veränderte Arbeitswelt.
Konnektive Management Education für das KI-Zeitalter
Ein wichtiges Kennzeichen der fünften Entwicklungsstufe des verbindenden strategischen Managements 10 ist eine Personalentwicklung, die den spezifischen Anforderungen der sich im KI-Zeitalter verändernden Arbeitswelt Rechnung trägt. Diese konnektive Management Education verbindet Elemente in den folgenden Feldern:
- Theorie und Praxis (A)
- Ausbildung und Weiterbildung (B)
- Spezialisierung und Interdisziplinarität (C) sowie
- menschliche Stärken und Künstliche Intelligenz (D).
Die Harmonisierung dieser Elemente ist ein wichtiger Gestaltungsansatz im Rahmen der Strategie 5.0, die neuen Wettbewerbsvorteile ermöglicht. Die Grundlage hierfür bildet eine veränderte Haltung, die durch Zukunftsgeist geprägt ist. Eine solche Haltung kombiniert Optimismus mit Offenheit und Neugier mit Experimentierfreude zu einer mentalen Beweglichkeit, die hilft, Chancen zu erkennen und zu nutzen. 11
Das erste dieser vier Felder ist eine bessere Verbindung von theoretischen Grundlagen und deren praktischer Anwendung. Dabei geht es sowohl um die Ausbildung für eine veränderte Arbeitswelt als auch um die Weiterbildung vieler Menschen in einer sich durch KI verändernden Arbeitswelt. Mit KI entstehen neue fachliche Spezialisierungen. Gleichzeitig steigt die Bedeutung einer stärker interdisziplinären Ausrichtung der Management Education. Insgesamt gilt es, menschliche Stärken in Lehre und Forschung wie z.B. Zukunftsgeist mit der Anwendung von KI als Werkzeug zu verbinden.
Diese vierfache Konnektivität ist inzwischen zu einem unserer Schwerpunkte in Forschung, Lehre und Beratung geworden.
Fazit
- Universitäten sollten bei der Aus- und Weiterbildung von Managern eine stärkere Verbindung von Theorie und Praxis anstreben. Auf dem Weg zu einem Management als dynamischer Profession liefert die Mediziner-Ausbildung Anregungen
- Künstliche Intelligenz (KI) verändert nicht nur die Arbeitswelt, sondern auch die Management Education. Dabei ist KI sowohl Lerninhalt als auch Werkzeug
- LearnTech-Anbieter und Anwender-Unternehmen arbeiten an KI-basierten Lernplattformen, die im Fokus einer neuen Entwicklungsphase des Corporate Learning stehen
- Disruptive Learning Ecosystems fordern die traditionellen Akteure heraus, stellen aber auch eine Chance für die Neuausrichtung des europäischen Bildungssystems dar
- Eine konnektive Management Education für das KI-Zeitalter verbindet Elemente in verschiedenen Feldern.
Literatur
[1] von Elm, K., Vorsicht vor hochfliegenden Erwartungen. In: Handelsblatt, 07./08./09. März 2025, S. 36-37
[2] Servatius, H.G., Evolution des strategischen Managements. In: Competivation Blog, 28.06.2024
[3] Bennis, W.G., O´Toole, J., How Business Schools Lost Their Way. In: Harvard Business Review, Mai 2005, S. 96-104
[4] Servatius, H.G., Generative KI und ein Mass Customized Action Learning. In: Competivation Blog, 28.08.2023
[5] Bomke, L., Gusbeth, S., Wer gewinnt das KI-Rennen? In: Handelsblatt, 10. März 2025, S.18
[6] Burkhardt, K., Wer mit KI-Systemen arbeitet muss vorher geschult werden. In: Handelsblatt, 18. März 2025, S. 26-27
[7] Bersin, J., The $ 340 Billion Corporate Learning Industry is Poised for Disruption, 23. März 2024
[8] Schmroszik, N., Doinstruct schult Mitarbeiter mit KI. In. Handelsblatt, 19. März 2025, S. 27
[9] Servatius, H.G., Gestaltung von innovativen Stakeholder-Ökosystemen. In: Competivation Blog, 10.01.2023
[10] Servatius, H.G., Strategie 5.0 zur Bewältigung der neuen Herausforderungen. In: Competivation Blog, 28.06.2022
[11] Pferdt, F.G., Radikal besser – Entfache den Zukunftsgeist, der in dir steckt, Hamburg 2025