Künstliche Intelligenz (KI) | Competivation
KI als Werkzeug für das strategische Management

KI als Werkzeug für das strategische Management

Die Künstliche Intelligenz (KI) entwickelt sich gegenwärtig zu einem mächtigen Werkzeug für das strategisches Management, das Lernprozesse beschleunigt, verstärkt und verändert. Dies gilt sowohl für die Unternehmensebene als auch für die Ebene der Funktionsbereiche und Geschäftsprozesse. Vorreiter-Unternehmen setzen eine wissensspezifische KI in den verschiedenen Phasen von Strategieprozessen ein und erzielen Wettbewerbsvorteile mit innovativen, KI-basierten Geschäftsmodellen. Dabei hat die generative KI den Charakter eines Weckrufs.

 

In unserer Blogpost-Rehe zur Künstlichen Intelligenz beschäftigt sich dieser Beitrag mit der Rolle von KI im strategischen Management. Darin erläutere ich die zunehmende Bedeutung von KI in Strategieprozessen.

 

Generative KI als Weckruf

Die Anwendung von Künstlicher Intelligenz im strategischen Management ist nicht neu. Bereits seit der Jahrtausendwende haben US-amerikanische Digital-Unternehmen wie Amazon die KI-basierte Personalisierung im Rahmen ihrer innovativen Geschäftsmodelle eingesetzt.1 Erstaunlicherweise ist der Beitrag der KI vielen Nutzern dieser Geschäftsmodelle nicht bewusst.

In unserem 2020 erschienenen Buch Das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz als Game Changer haben wir den Strategieprozess für neue IoT- und KI-basierte Geschäftsmodelle beschrieben2 und relevante Geschäftsmodellmuster behandelt.3 Zu dieser Zeit hielt sich das Interesse an dem Thema in Deutschland allerdings noch in Grenzen.

Der eigentliche Weckruf, der dann eine breite Öffentlichkeit wachgerüttelt hat, ist im November 2022 erfolgt, als OpenAI sein Dialogprogramm ChatGPT veröffentlichte. Diese Aktion löste einen Hype um die generative KI und große Sprachmodelle aus, dem eine gewisse Ernüchterung gefolgt ist.4

Viele Unternehmen fragen sich nun, welche Rolle die Künstliche Intelligenz in ihren Strategieprozessen spielen kann.

 

KI-unterstützte Strategieprozesse auf der Unternehmensebene

Eine Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) kommt zu dem Ergebnis, dass Künstliche Intelligenz Lernprozesse beschleunigt und verstärkt.5 Ein solches erweitertes (augmented) Lernen setzt an den vorhandenen Lernfähigkeiten an. Ein wichtiges Anwendungsfeld sind die verschiedenen Phasen von innovativen Strategieprozessen, die Unternehmen zu einer neuen Form von Wettbewerbsvorteilen verhelfen.

Lernprozess Innovationsstrategie

Am Anfang steht ein KI-Audit zur Analyse der strategischen Ausgangssituationen des Unternehmens und seiner Anwendung von KI. Hieran schließt sich eine KI-unterstützte strategische Vorausschau (Foresight) an, die eine schnellere und leistungsfähigere Früherkennung ermöglicht. Die wissensspezifische KI ist auch ein Mittel bei der Neuausrichtung von Geschäftsmodellen. Eine weitere Phase ist die Gestaltung eines KI-orientierten Stakeholder-Ökosystems. Bei der Auswahl von Partnern gilt es, die richtige Balance zwischen Kooperation und Wettbewerb zu finden.

Eine Basis für relevante Anwendungen bilden innovative KI-Plattform-Architekturen, zu deren Realisierung Unternehmen in der Regel Partner benötigen. Die Umsetzung von Strategien erfolgt mit Hilfe eines agilen, KI-unterstützten Performance Managements. Dabei findet eine enge Abstimmung zwischen der Unternehmensebene und der Ebene verbundener Geschäftsprozesse statt.

Eine entscheidende Rolle bei agilen Strategieprozessen spielen strategische Lernschleifen, die in Form von schnellen Iterationen ablaufen. So wird die Analyse der strategischen Ausgangssituation zu einem dynamischen Prozess.

 

KI-Audit zur Analyse der strategischen Ausgangssituation

Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) kommt zu dem Ergebnis, KI könne bundesweit 330 Milliarden Euro zur Bruttowertschöpfung beitragen. Jedes fünfte Unternehmen setzt bereits KI ein. Die meisten Anwendungen sind aber eher punktuell, z.B. in Form von Chatbots für Kundenanfragen. Erstaunlicherweise sagen 66 Prozent der Unternehmen, KI sei für ihr Geschäftsmodell nicht relevant. 36 Prozent halten die Integration in bestehende Systeme für schwierig. Über das fehlende Know-how der Beschäftigten klagen 47 Prozent. Der NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst glaubt aber dennoch, KI könne der Motor für einen wirtschaftlichen Aufschwung sein.6

Um dieses Ziel zu erreichen, sollten Unternehmen ein KI-Audit durchführen und sich z.B. mit der SWOT-Analyse einen Überblick zu ihrer strategischen Ausgangssituation verschaffen.7 Interessanterweise ähneln sich die Ergebnisse einer solchen Analyse der Stärken, Schwächen, Möglichkeiten und Bedrohungen. Eine Stärke vieler Unternehmen ist, dass sie über viel spezifisches Wissen verfügen, welches das Potenzial zu einer Erweiterung durch KI hat. Dem stehen häufig Schwächen bei einer systematischen Verankerung von KI in Strategien und Prozessen gegenüber. Die Möglichkeiten von KI liegen sowohl in der Produktivitätssteigerung als auch in Innovationsvorteilen durch neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle. Andererseits gibt es vielfältige Bedrohungen durch Konkurrenten, nicht-europäische Stakeholder-Ökosysteme und einen Missbrauch der in Künstlicher Intelligenz steckenden Macht.8

Lernprozess Innovationsstrategie

Auf dieser Grundlage geht es dann in einem nächsten Schritt darum, sich mit Hilfe einer KI-unterstützten strategischen Vorausschau noch besser auf zukünftige Entwicklungen vorzubereiten.

 

KI-unterstützte strategische Vorausschau

Die in den 1970er und 80er Jahren geprägten Begriffe strategische Früherkennung und Vorausschau (Foresight) haben eine längere Vorgeschichte, in der noch heute verbreitete Methoden wie die Szenarioanalyse entstanden sind. Der von uns entwickelte Gamechanger-Radar ermöglicht eine Vorbereitung auf tiefgreifende Veränderungen.9 Mit einer KI-unterstützten strategischen Vorausschau schreiben Vorreiter-Unternehmen nun ein neues Foresight-Kapitel. Dieses Kapitel geht von einem Wandel der Art und Weise aus, wie Menschen im Internet nach Informationen suchen.

So hat Google die neue Suchfunktion „Übersicht mit KI“ entwickelt, die zusammenfassende Texte zu Themen liefert. Ein Beispiel ist in der folgenden Abbildung dargestellt. Das Thema, das ich eingegeben habe, lautet: „Applying Complexity Theory in Management“. Die Antwort, die Google liefert, ist überraschend gut. Sie beschreibt den Paradigmenwechsel im strategischen Management, der sich in den vergangenen Jahrzehnten vollzogen hat, umfassender und besser als viele einzelne Publikationen zu diesem Thema.

Lernprozess Innovationsstrategie

Foresight-Anwender werden relativ schnell lernen, ihre Prompting-Fähigkeiten zu verbessern. Daneben entstehen gegenwärtig KI-unterstützte Foresight-Plattformen, die das frühzeitige Erkennen neuer Trends, die sich meist in Form von schwachen Signalen ankündigen, vereinfachen und beschleunigen.

Natürlich stellt diese Entwicklung auch eine Bedrohung für das traditionelle, mit Werbung verknüpfte Suchmaschinengeschäft von Google dar. Das Start-up Perplexity versucht z.B. mit seiner benutzerfreundlichen „Antwortmaschine“, Google Nutzer abzujagen. Es bleibt abzuwarten, wie sich dies auf den Gewinnbringer des Marktführers auswirken wird.10

Für komplexe Aufgabenstellungen wie die strategische Vorausschau bietet die Reasoning AI („argumentierende KI“) Vorteile. Sie wird inzwischen von einigen KI-Entwicklern angeboten. Beim Reasoning zerlegt die KI mögliche Anfragen in Teilprobleme und bearbeitet diese schrittweise. Ein solches langsameres Denken kostet mehr Computerleistung und Strom. Das „Nachdenken“ von KI nennen Entwickler Chain of Thought (CoT) im Sinne einer Argumentationskette. Reasoning-Modelle erreichen dies durch einen zusätzlichen Trainingsschritt, der mit Hilfe des Reinforcement Learning ausführliche Begründungen schult. Ähnlich wie ein erfahrener Mitarbeiter analysieren Reasoning-Modelle schrittweise komplexe Informationen. Dazu benötigen sie einen einzigen präzisen Prompt und viel Kontext. Die Anwendung von „argumentierender KI“ bei der strategischen Vorausschau befindet sich allerdings noch im Experimentierstadium.11

 

KI-basierte Neuausrichtung von Geschäftsmodellen

Gegenwärtig entstehen innovative Geschäftsmodelle für eine KI-basierte Robotik. Hierin liegt eine Chance für Europa. Die Stanford-Professorin und große „Patin der KI“ Fei-Fei Li hat das Start-up World Labs gegründet, das KI-Modelle für eine räumliche Intelligenz von Robotern entwickelt, die Maschinen unterstützen. Auch die Google-Tochter DeepMind und der Digital-Gigant Nvidia arbeiten an Partnernetzwerken für KI-basierte menschenähnliche Roboter. Viele der Partner kommen aus Europa. Neben bekannten Robotik-Unternehmen entstehen hier Start-ups wie Anybotics (Schweiz) sowie Agile Robots, Neura Robotics und Quantum Systems aus Deutschland, die aber nicht über so große finanzielle Mittel verfügen, wie ihre Wettbewerber aus den USA (z.B. Figure AI und Covariant). Für Europa kommt es darauf an, möglichst schnell die Chancen zu nutzen, die sich aus der Verbindung von tiefem branchenspezifischem Wissen und innovativen KI-Modellen ergeben.12

Bei einer KI-basierten Neuausrichtung von Geschäftsmodellen sind zwei Dimensionen relevant. Diese Dimensionen sind die Produktivitätsorientierung und die Innovationsorientierung. Die meisten Unternehmen beginnen mit einer KI-basierten Produktivitätssteigerung und setzen KI bei Routineprozessen ein, um Personalkosten zu senken. Daneben sind inzwischen viele Anwendungsfelder für KI-basierte Innovationen entstanden. Wenn beide Dimensionen zusammenkommen, sprechen wir von einer KI-basierten Ambidextrie. Der Begriff Ambidextrie kennzeichnet ursprünglich im Sport die Fähigkeit zum Einsatz beider Hände. Übertragen auf das Management beschreibt Ambidextrous Leadership eine Führung, die eine gute Balance zwischen Innovation und Produktivität findet.13

Lernprozess Innovationsstrategie

Aufgrund der spezifischen Anwendungen dieser beiden Dimensionen in Branchen und Unternehmen ergibt sich eine große Vielfalt an KI-basierter Ambidextrie. Dabei sind die neuen Geschäftsmodelle in KI-orientierte Stakeholder-Ökosysteme eingebettet.

 

KI-orientierte Stakeholder-Ökosysteme

Die deutsche und die europäische Politik planen eine Leistungssteigerung ihres KI-Ökosystems. Angesichts einer sich wandelnden geopolitischen Lage sieht der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung eine Stärkung der digitalen Souveränität vor. Die Digitalpolitik der Europäischen Union (EU) zielt in die gleiche Richtung. Geplant sind fünf riesige Rechenzentren, um den Rückstand bei der Künstlichen Intelligenz aufzuholen. Kandidaten für eine solche Gigafactory in Deutschland sind die Standorte Jülich und Stuttgart. Bei der KI-Regulierung möchte die EU die Wettbewerbsfähigkeit stärker in den Mittelpunkt stellen und Bürokratie abbauen. Hierzu liegt der Entwurf eines EU-Aktionsplans vor. Ob diese Maßnahmen ausreichen, um die Abhängigkeit von den großen Cloud-Anbietern (Hyperscaler) aus den USA zu verringern, bleibt abzuwarten.14

Auch bei einer Gestaltung des KI-orientierten Stakeholder-Ökosystems eines Unternehmens15 sind zwei Dimensionen zu beachten. Die eine Dimension ist die Abhängigkeit von mächtigen, nicht-europäischen KI-Anbietern. Um diese Abhängigkeit zu verringern, gewinnt als zweite Dimension für Unternehmen eine Verbesserung der eigenen Kompetenzen zur Entwicklung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz an Bedeutung. In der Hype-Phase von KI-Grundlagenmodellen hat die Abhängigkeit von US-amerikanischen Anbietern zugenommen. Die Chance für Europa liegt nun vor allem bei wissensspezifischen KI-Modellen für verschiedene Anwendungen. Durch eine Verbindung dieser beiden Dimensionen entstehen hybride KI-Ökosysteme. Eine solche Konnektivität erfordert spezifische Fähigkeiten.

Lernprozess Innovationsstrategie

Angesichts der geopolitischen Unsicherheiten stehen Unternehmen bei der Gestaltung ihres KI-Ökosystems vor der schweren Aufgabe, die richtigen Partnern zu finden. Dabei sind die Übergänge zwischen Kooperation und Wettbewerb fließend. Eine solche Situation beschreibt der Begriff Coopetition.16 Für eine Kombination von Cooperation und Competition fehlen bei KI-Ökosystemen bislang aber noch die theoretischen Grundlagen. Ein wichtiges Anwendungsfeld ist die Auswahl und eigene Entwicklung von innovativen KI-Plattform-Architekturen.

 

Innovative KI-Plattform-Architekturen

Der Chiphersteller AMD und das zu AMD gehörende finnische Start-up Silo AI arbeiten mit den Unternehmen der schwedischen Wallenberg-Gruppe zusammen. Der Nvidia-Wettbewerber AMD hat eine Partnerschaft mit 38 Unternehmen bekannt gegeben. Hierzu gehören u.a. AstraZeneca, Scania, Saab, Ericsson und IKEA. Die Zusammenarbeit koordiniert das Wallenberg-Innovationsnetzwerk Combient. Das Ziel ist eine Skalierung unternehmensspezifischer KI-Modelle. Während OpenAI seine KI-Modelle auf Nvidia-Chips trainiert, verwendet Silo AI Chips von AMD. Die Rolle von Silo AI ist, den Einsatz von KI-Modellen bei Unternehmen, die AMD-Plattformen nutzen, zu beschleunigen. Eine wichtige Rolle spielt dabei, auf welcher Infrastruktur die Arbeiten begonnen haben, da ein Umzug aufwändig ist. Silo AI setzt multimodale KI-Agenten ein, also Modelle, die neben Sprache auch Bilder und Audiodateien verarbeiten.17

Etablierte Digital-Unternehmen praktizieren seit geraumer Zeit eine Organisationsform, in deren Zentrum sich eine IT-Plattform befindet.18 Mit der zunehmenden Bedeutung von Künstlicher Intelligenz wird dieses Konzept für etablierte Unternehmen immer relevanter. Dabei verbinden innovative KI-Plattform-Architekturen sowohl die strategische und die operative Ebene als auch zentrale und dezentrale Organisationseinheiten. Dies ermöglicht, dass alle Geschäftsprozesse und Projekte Zugang zu einer gemeinsamen Datenbasis haben. Aufgrund ihrer verbindenden Rolle werden KI-Plattformen somit nicht nur zu einem Strategiebaustein, sondern auch zu einem wichtigen organisatorischen Gestaltungselement. Eine nicht einfach zu beantwortende Frage ist, wie groß der Anteil von Partnern und der eigene Anteil bei einer solchen KI-Plattform sein soll.

Lernprozess Innovationsstrategie

Innovative Plattform-Architekturen liefern auch die Infrastruktur für ein KI-unterstütztes Performance Management.

 

KI-unterstütztes Performance Management

Bei der Beantwortung der Frage, wie Künstliche Intelligenz das Performance Management verbessern kann, hilft ein Blick in die Geschichte der Leistungsmessung. Wichtige konzeptionelle Grundlagen liefern das von Peter Drucker entwickelte Management bei Objectives (MbO) und die von dem Organisationspsychologen Edwin Locke stammende Zielsetzungstheorie. Bereits in den 1980er Jahren entstand bei Intel die agile Objectives and Key Results (OKR-) Methode, die der Wagniskapitalgeber Kleiner Perkins z.B. bei Google einsetzte.19 In Deutschland wesentlich bekannter ist die aus einer Best-Practice-Studie von Robert Kaplan und David Norton hervorgegangene Balanced-Scorecard-Methode.20 Ein von Kleiner Perkins und dem Start-up Betterworks gestaltetes, KI-unterstütztes Performance Management zielt nun auf eine bessere Verbindung von Strategie und Motivation ab.

Lernprozess Innovationsstrategie

Für das Jahr 2025 gehört die Künstliche Intelligenz zwar zu den Topthemen des Managements, viele Unternehmen formulieren aber weder konkrete KI-Ziele noch messen sie die Ergebnisse. Eine weltweite BCG-Studie, in der 1800 Manager befragt wurden, kommt zu dem Ergebnis, dass nur 24 Prozent der Unternehmen ihre operativen und finanziellen KI-Ziele nachverfolgen. Ein KI-unterstütztes Performance Management steht vor drei Herausforderungen. Diese Herausforderungen sind:21

  1. Frühe Erprobungsversuche nicht abwürgen
  2. geeignete Schlüsselergebnisse für den Erfolg einer einzelnen Maßnahme festlegen und darüber hinaus
  3. die längerfristigen Effekte erfassen, die aus dem Zusammenwirken verschiedener Maßnahmen resultieren.

Die agile OKR-Methode liefert hierfür eine konzeptionelle Basis, bedarf aber einer Anpassung. Der OKR-Pionier Kleiner Perkins ist einer der Kapitalgeber des Anbieters von Performance-Management-Software Betterworks. Die Vision des 2013 gegründeten Unternehmens mit Sitz in Palo Alto ist, das traditionelle Performance Management weiterzuentwickeln. Eine wichtige Rolle spielt dabei KI als Co-Pilot. Zeitgewinne bei Routineaufgaben können Manager so in eine bessere Harmonisierung strategischer und operativer Projekte investieren. Wichtige Anwendungsfälle (Use Cases) sind:22

  • Eine Abstimmung von anspruchsvollen Unternehmenszielen und persönlichen Zielen
  • datenbasierte, motivierende Feedbacks sowie
  • die Unterstützung von Kommunikations- und Lernprozessen.

Der angestrebte Nutzen, der zum Gesamterfolg beiträgt, ist:

  • Eine Verringerung von Voreingenommenheit (bias), mehr Fairness und Objektivität
  • eine erhöhte Produktivität sowie
  • bessere persönliche Beziehungen.

Damit kommt das Performance Management dem schon von der Zielsetzungstheorie verfolgten Motivationsgedanken einen Schritt näher.

Mit der zunehmenden Bedeutung von Künstlicher Intelligenz im strategischen Management wird neben praktischen Fähigkeiten beim Umgang mit KI als Werkzeug die geopolitische Kompetenz bei der Zusammenarbeit mit Stakeholdern immer wichtiger. Eine Grundlage hierfür ist ein starkes Zukunftsnarrativ.

 

Ein starkes Zukunftsnarrativ als Grundlage

In unserem 2020 erschienenen Buch zum Gamechanger-Potenzial der Künstlichen Intelligenz haben wir uns kritisch mit der europäischen und der deutschen Digitalpolitik auseinandergesetzt.23 Die neue Bundesregierung steht nun vor der Aufgabe, ein starkes Zukunftsnarrativ zu entwickeln, das verschiedene Politikfelder verbindet.24 Ein Ansatz zu einer solchen dringend benötigten, großen Erzählung ist die Anwendung von vertrauenswürdiger KI sowohl zur Steigerung der Produktivität als auch zur Lösung der Innovations- und Umweltprobleme von Organisationen. Im Mittelpunkt steht dabei die bereits skizzierte neue Form der Ambidextrie.

Lernprozess Innovationsstrategie

Die traditionelle Ambidextrie strebt eine Balance zwischen der Erschließung von Innovationspotenzialen (Exploration) und der Ausschöpfung von Produktivität (Exploitation) an. Mit Hilfe einer KI, die vertrauenswürdig sein sollte, bietet sich nun die Möglichkeit, gleichzeitig

  • durch Produktivitätssteigerungen die Arbeitskosten zu senken, dem Fachkräftemangel zu begegnen25 und
  • qualifiziertes Personal stärker zu digitalen und ökologischen Neuausrichtung von Organisationen einzusetzen.26

Angesichts der veränderten geopolitischen Lage ergibt sich für eine AI made in Europe ein Zeitfenster, das der „alte Kontinent“ nutzen sollte, um die Weltmarktführerschaft bei notwendigen Nachhaltigkeitsinnovationen anzustreben.27 Aufgrund der Vielzahl der zu bewältigenden Krisen erfordert dies zunächst ein resilienzorientiertes strategisches Management.28

 

Fazit

  • Strategieprozesse werden durch die Anwendung von Künstlicher Intelligenz leistungsfähiger
  • Eine wissensspezifische KI unterstützt die strategische Vorausschau, eine Neuausrichtung von Geschäftsmodellen, die Gestaltung von Stakeholder-Ökosystemen, innovative Plattform-Architekturen und das Performance Management
  • Vorreiter-Unternehmen arbeiten an einer KI-basierten Ambidextrie
  • Angesichts der geopolitischen Herausforderungen kommt es entscheidend auf die Wahl der richtigen Partner an.

 

Literatur

[1] Servatius, H.G., Wettbewerbsvorteile mit wissensspezifischer KI. In: Competivation Blog, 11.02.2025

[2] Kaufmann, T., Servatius, H.G., Das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz als Game Changer – Wege zu einem Management 4.0 und einer digitalen Architektur, SpringerVieweg 2020, S. 56ff.

[3] Kaufmann, Servatius, a.a.O., S. 34ff.

[4] Servatius, H.G., Entwicklung der KI-Technologien. In: Competivation Blog, 19.02.2025

[5] Alavi, M., Westerman, G., How GenAI Will Transform Knowledge Work. In: Harvard Business Review, 7. November 2023

[6] Höning, A., Kowalewski, R., Jeder fünfte Betrieb in NRW nutzt KI. In: Rheinische Post, 13. November 2025, S. 1

[7] Servatius, H.G., Auditierung des Innovationssystems eines Unternehmens. In: Competivation Blog, 19.03.2015

[8] Suleyman, M., Bhaskar, M., The Coming Wave – Technology, Power and the Twenty-First Century‘s Greatest Dilemma, Crown 2013

[9] Servatius, H.G., Strategische Vorausschau mit einem Game-Changer-Radar. In: Competivation Blog, 27.01.2021

[10] Alvares de Souza Soares, P., Geldmaschine Google – Wie lange noch? In: Handelsblatt, 25./26./27. April 2025, S. 26-27

[11] Knees, L., Warum Nutzer mehr für langsame KI zahlen. In: Handelsblatt, 31. März 2025, S. 24-25

[12] Holtermann, F., Schimroszik, N., Die Roboter kommen! In: Handelsblatt, 3./4./5. Januar 2025, S. 44-48

[13] O’Reilley, C., Tushman, M., Lead and Disrupt – How to Solve the Innovator‘s Dilemma, Stanford Business Books 2016

[14] Bomke, L., et al., Europa will eigene KI-Factories bauen. In: Handelsblatt, 9. April 2025, S. 6-7

[15] Servatius, H.G., Gestaltung von innovativen Stakeholder-Ökosystemen. In: Competivation Blog, 10.01.2023

[16] Brandenburger, A.M., Nalebuff, B.J., Co-Opetition – A Revolutionary Mindset That Combines Competition and Co-Operation, Bantam 1996

[17] Holzki, L., AMD schließt Partnerschaft mit der Industrie. In: Handelsblatt, 30. Januar 2025, S. 24

[18] Servatius, H.G., Die Ressourcen-Plattform mit agilen Teams als neue Organisationsform. In: Competivation Blog, 12.01.2021

[19] Doerr, J., Measure What Matters – How Google, Bono and the Gates Foundation Rock the World with OKRs, Portfolio/Penguin 2018

[20] Kaplan, R.S., Norton, D.P., Balanced Scorecard – Translating Strategy into Action, Harvard Business School Press 1996

[21] Bomke, L., Höppner, A., Nur wenige Unternehmen messen ihre KI-Initiativen. In: Handelsblatt, 16. Januar 2025, S. 21

[22] Gouldsberry, M., The Pivotal Role of AI in Performance Management, 11. Januar 2025

[23] Kaufmann, Servatius, a.a.O, S. 203ff.

[24] Servatius, H.G., Auf dem Weg zu einem neuen wirtschaftspolitischen Narrativ. In: Competivation Blog, 16.05.2022

[25] Servatius, H.G., Prozessorientierte KI zur Produktivitätssteigerung. In: Competivation Blog, 12.03.2025

[26] Servatius, H.G., KI und die Zukunft der Management Education. In: Competivation Blog, 09.04.2025

[27] Servatius, H.G., Nachhaltigkeitsorientiertes strategisches Management. In: Competivation Blog, 15.08.2024

[28] Servatius, H.G., Resilienzorientiertes strategisches Management. In: Competivation Blog, 15.03.2024

KI und die Zukunft der Management Education

KI und die Zukunft der Management Education

Die Aus- und Weiterbildung von Managern hat in der Vergangenheit verschiedene Phasen durchlaufen. Gegenwärtig werden die negativen Folgen einer zu engen Theorieorientierung immer deutlicher und es entsteht die Vorstellung vom Management als einer dynamischen, Theorie und Praxis verbindenden Profession. Parallel dazu verändert Künstliche Intelligenz (KI) das Lernen und die Management Education. Wichtige Treiber dieses evolutionär verlaufenden Wandels sind disruptive Learning Ecosystems, die die traditionellen Akteure herausfordern. Am Anfang der Reise in diese nahe Zukunft steht eine Skizze der gegenwärtigen Erfolgsmuster für eine Karriere im Management.

 

In unserer Blogpost-Reihe zur KI beschäftige ich mich in diesem neuen Beitrag mit der Gegenwart und zukünftigen Entwicklung der Management Education, bei der Künstliche Intelligenz eine wichtige Rolle spielt.

 

Erfolgsmuster für eine Management-Karriere

In den vergangenen Jahrzehnten bestand das bewährte Erfolgsmuster für eine Turbo-Karriere im Management aus den folgenden Schritten:

  • Bachelor-Studium in Ingenieurwissenschaft oder Informationstechnik
  • kurze Orientierungsphase in einem angesehenen Unternehmen
  • MBA an einer renommierten Business School
  • weitere Lehrjahre in Beratung, Investment Banking oder Private Equity
  • Wechsel in eine Stabseinheit für Unternehmensentwicklung und
  • schnelle Beförderungen auf dem Weg zur Führungsebene.

Allerdings ist dieses Erfolgsmuster mit zwei offensichtlichen Nachteilen verbunden:

  1. Der eingeschränkten Work Life Balance in als arbeitsintensiv geltenden Professional-Service-Unternehmen und
  2. der Kosten-Barriere von MBA-Programmen an bekannten Business Schools.

So liegen die Kosten für ein einjähriges MBA-Studium an einer der europäischen Elite-Hochschulen zwischen 80.000 und 100.000 Euro. Hinzu kommen die hohen Lebenshaltungskosten an Standorten in Metropol-Regionen. In den USA, wo die meisten MBA-Programme zwei Jahre dauern, summieren sich die Kosten inklusive Wohnheim und Krankenversicherung auf bis zu 250.000 Euro.1 Bewerber müssen daher genau überlegen, ob sich eine solche Investition und der damit verbundene Einkommensverzicht lohnen.

Daneben ist ausgehend von den USA und mit erheblicher Verzögerung auch in Deutschland ein zweites Erfolgsmuster entstanden, das allerdings mit noch größeren Risiken verbunden ist. Dieser Weg führt von einer Idee zur Gründung und Skalierung eines Start-ups. Die Akteure sind meist kreative, interdisziplinäre Teams, die mit großem Engagement an neuen Geschäftsmodellen arbeiten. Ein Kennzeichen erfolgreicher Gründer ist, dass sie auch tief in Details stecken und mit wichtigen Prozessen vertraut sind. Seit langem gibt es in Deutschland keinen Mangel an solchen Talenten, wohl aber Defizite bei den innovationspolitischen Rahmenbedingungen. Die Situation hat sich in den letzten Jahren zwar verbessert. Es bleibt aber immer noch viel zu tun.

Eine Ursache der skizzierten Erfolgsmuster ist, dass sich die Managementwissenschaft immer mehr gegenüber den Technikwissenschaften geöffnet hat. Ausbildungen im klassischen Ingenieurwesen und der neueren Informationstechnik qualifizieren Studierende zwar für eine Fachlaufbahn. Für eine Führungslaufbahn sind darüber hinaus aber Kompetenzen in Strategie, Innovation, Marketing, Produktion, Finanzen, Organisation und Personalführung erforderlich. Eine interdisziplinäre Managementlehre vermittelt dies alles. Außerdem trainiert die Managementausbildung die verbindenden Fähigkeiten zu den Technikwissenschaften. Ein wichtiges Anwendungsfeld ist die Gestaltung neuer Geschäftsmodelle.2

Vorreiter dieser Entwicklung in Deutschland ist die Universität Stuttgart, an der ich nach externer Habilitation seit 1994 als Honorarprofessor lehre. In Stuttgart hat man bereits 1974 den Studiengang Technisch-orientierte Betriebswirtschaftslehre eingeführt und damit einen Fokus auf die Konnektivität von Wirtschaft und Technik gelegt. Die folgende Abbildung veranschaulicht die Segmentation von Fachdisziplinen.

Lernprozess Innovationsstrategie

Weniger offensichtlich als diese Erfolgsmuster ist eine Schwerpunktverlagerung bei den Inhalten der Aus- und Weiterbildung von Managern. Diese Entwicklung betrifft sowohl Business Schools als auch die klassischen technik- und wirtschaftsorientierten Studiengänge. Ein wichtiger Kritikpunkt ist deren zu starke Theorieorientierung.

 

Zu starke Theorieorientierung und ihre Folgen

In einem bereits 2005 im Harvard Business Review erschienenen Artikel kritisieren die renommierten US-Professoren Warren Bennis und James O‘Toole eine Fehlentwicklung an amerikanischen Business Schools. Ausgelöst durch die Förderung von Stiftungen begann dort Ende der 1950er Jahre eine stärkere Betonung von wissenschaftlicher Strenge (Rigor) in Form einer empirischen Behandlung relativ begrenzter Fragestellungen. Für eine Karriere als Professor entscheidend wurde die Publikation in wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Auf der Strecke blieben dabei praktische Erfahrung und die Relevanz der Forschung, die bei Berufungen eine immer geringere Rolle spielten.3

Leider gibt es die gleiche Entwicklung seit langem auch an deutschen Universitäten. Das Ergebnis ist eine Reihe negativer Folgen:

  • So hat die Lehre gegenüber der Forschung an Bedeutung verloren.
  • Die Professoren bringen weniger praktische Erfahrung in ihre Lehre und Forschung ein
  • Insbesondere in dynamischen Fächern wie dem Innovationsmanagement gibt es kaum noch aktuelle Lehrbücher
  • Die Forschung beschäftigt sich immer weniger mit praxisrelevanten komplexen Themen, die für empirische Methoden schwer zugänglich sind
  • Die Zielgruppe für die Ergebnisse dieser Forschung sind vor allem andere Forscher, während Praktiker nur selten Artikel aus wissenschaftlichen Fachzeitschriften lesen
  • Viele Absolventen sind auch nach einer Promotion nicht unmittelbar als Projektleiter in anspruchsvollen Praxisprojekten einsetzbar.

Die großen Nutznießer dieser Entwicklung sind seit langem Managementberatungen und die dort tätigen Consultants, die die Lücke füllen, die Business Schools und Universitäten hinterlassen. Diese Gewinner profilieren sich mit der Fähigkeit zur praxisorientierten Bewältigung neuartiger, komplexer Probleme. So sind Beratungen zu einer wichtigen nächsten Weiterbildungsstufe und einem Karrierebeschleuniger geworden. Für Klienten hat aufgrund dieser Kausalkette die Abhängigkeit von Consultants leider zugenommen.

Es ist erstaunlich, dass diese Entwicklung von der Unternehmenspraxis bislang nicht noch kritischer analysiert und bewertet worden ist. Daher wollen wir der Frage nachgehen, wie ein Ansatz zur Verbesserung aussehen konnte. Hierzu müsste sich das Management zu einer dynamischen Profession wandeln.

 

Management als dynamische Profession

Die Aus- und Weiterbildung von Managern wird durch die drei Dimensionen Theorie, Praxis und Veränderungsdynamik geprägt. Besondere Herausforderungen liegen in der Verbindung von Theorie und Praxis sowie der zunehmenden Dynamik des Umfelds von Unternehmen. Die Vorstellung vom Management als einer dynamischen Profession setzt an der Entwicklung der Managementaus- und -weiterbildung an.

Lernprozess Innovationsstrategie

Diese Entwicklung ist in verschiedenen Phasen verlaufen. Die Entstehung des Managements als interdisziplinäres Fachgebiet hat eine lange Geschichte. Der Erfolg vieler deutscher Hidden Champions in den vergangenen Jahrzehnten und auch der phänomenale Aufstieg von Digital-Unternehmen aus den USA basiert vor allem auf Führungskräften mit der Fähigkeit zur Verbindung von Technik- und Wirtschaftskompetenz.

Zu dieser Konnektivität haben die frühen Studiengänge in der ersten Phase einen wichtigen Beitrag geleistet. Mit ihrem ausgeprägten Fokus auf die Praxis wurden angehende Manager sehr gut auf die Herausforderungen einer Tätigkeit in Organisationen vorbereitet. Diese Phase könnte man unter das Motto des großen Sozialpsychologen Kurt Lewin stellen: „Nichts ist so praktisch wie eine gute Theorie“. Dies impliziert, dass man von einem exzellenten Professor neben wissenschaftlichen Leistungen auch eine ausgeprägte praktische Erfahrung erwarten kann.

Lernprozess Innovationsstrategie

In einer zweiten Phase der Management Education kam es zu der bereits skizzierten Akademisierung im Sinne einer Beschränkung der Forschung auf empirische Ansätze zur Behandlung begrenzter Fragestellungen. Ein Großteil der Dissertationen und Habilitationen verfolgt inzwischen diesen Weg, der selten zu tiefgreifenden Management-Innovationen führt.

Neue Impulse kommen heute meist von Professoren, die auch in der Executive Education und Beratung oder sogar als Unternehmensgründer tätig sind. Die Ergebnisse werden häufig in praxisorientierten Zeitschriften wie dem Harvard Business Review und Büchern internationaler Verlage publiziert. Dieser Professorentyp ist zahlenmäßig zwar in der Minderheit, liefert aber einen erheblichen Beitrag zu Innovationen in der Managementlehre.

Eine Neuausrichtung der Management Education zeichnet sich in einer dritten Phase ab. Diese Phase trägt der hohen Veränderungsdynamik Rechnung und es kommt zu einer stärkeren Verbindung von Theorie und Praxis. Das Ergebnis ist ein Management, das sich als dynamische Profession versteht. Das Ziel ist die Schaffung von innovativen Inhalten für die Forschung und Lehre, um die vielfältigen neuen Herausforderungen zu bewältigen.

Dabei sind wichtige Kriterien, damit aus der Tätigkeit im Management eine Profession wird

  • eine qualifizierte Ausbildung mit Abschluss
  • praktische Erfahrung bei anspruchsvollen Aufgaben
  • ethische Standards und möglicherweise auch
  • eine Form der Regulierung z.B. von KI.

Insofern ist der Anspruch des Managements, eine Profession zu sein, gegenwärtig nur teilweise erfüllt. Lernen kann das Management hingegen von anderen anwendungsorientierten Wissenschaften wie der Medizin.

 

Lernen von der Mediziner-Ausbildung

Kein vernünftiger Mensch würde sich von einem Arzt mit wenig Praxiserfahrung behandeln lassen, der noch nie in einem Krankenhaus tätig war. Um die Mediziner-Ausbildung nicht nur theoretisch zu gestalten, arbeiten Chefärzte renommierter Kliniken neben ihrer praktischen Tätigkeit häufig als Professoren an Universitäten. Ein Teil der Ausbildung findet in Lehrkrankenhäusern statt und insgesamt ist das System aus Universitäten und Kliniken sehr viel durchlässiger als die Aus- und Weiterbildung von Managern.

Dort gibt es zwar mit den stärker praxisorientierten Hochschulen und den von privaten Business Schools angebotenen dualen Studiengängen eine Alternative zum Studium an Universitäten. Die meisten Anbieter haben aber nur ein eingeschränktes Promotionsrecht. Damit fehlt weitgehend der von Doktoranden geleistete Beitrag zur Forschung.

Angesichts des starken Beharrungsbestrebens der Universitäten ist von diesen bei der Aus- und Weiterbildung im Management bestenfalls ein Wandel in kleinen Schritten zu erwarten. Ein erster Schritt könnte darin bestehen, theoretisch qualifizierte Führungskräfte und deren Unternehmen wesentlich stärker in die Lehre und Forschung zu integrieren. Ein seit langem bekannter Ansatz hierzu ist die handlungsorientierte Forschung (Action Research).4 Dabei gestalten interdisziplinäre Teams innovative Praxisprojekte, publizieren die Ergebnisse und machen sie so für die Lehre zugänglich. Dies ist eine seit langem in der Managementberatung übliche Vorgehensweise. Von einer solchen Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Unternehmen würden sowohl eher theoretisch orientierte Professoren als auch Praktiker profitieren.

Eine spannende Frage ist nun, welche neuen Impulse für die Management Education von der Künstlichen Intelligenz (KI) ausgehen.

 

KI verändert die Management Education

Nach einer Studie des britischen „Times Higher“-Magazins kommen dreizehn der weltweit besten KI-Universitäten aus den USA, drei aus Großbritannien, zwei aus China sowie eine aus der Schweiz und aus Singapur. Für die Staaten der Europäischen Union ist also noch „Luft nach oben“. Chinesische Unternehmen sehen 2025 als ein Schlüsseljahr für KI-Anwendungen. Deshalb setzt China neben großen Sprachmodellen verstärkt auf spezifische Industriemodelle.5 Dies ist eine Strategie, von der Deutschland lernen könnte.

Neben branchenspezifischen Modellen wird KI auch für die Aus- und Weiterbildung immer wichtiger. Nahezu alle Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ein Up- und Reskilling ihrer Mitarbeitenden erfolgreich und kostengünstig zu gestalten.

Dies gilt auch für die Aus- und Weiterbildung im Management. Dabei hat KI tiefgreifende Auswirkungen auf vier Aspekte des Managements. Sie verändert:

  • sowohl die Forschung und Lehre als auch die Lerntechnologien
  • alle Bereiche und Geschäftsprozesse von Organisationen
  • alle Wirtschaftsbranchen und den öffentlichen Sektor sowie
  • das Management als sich entwickelnde Profession.

Eine große Bedeutung haben dabei die praktischen Fähigkeiten von Führungskräften und Mitarbeitenden, die KI als Werkzeug anwenden.

Lernprozess Innovationsstrategie

Ingenieur- und wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge stehen nun vor der Herausforderung, Grundlagen und Anwendungen der Künstlichen Intelligenz in ihr Lehrangebot zu integrieren. Die Lerninhalte entwickeln sich sehr dynamisch und einzelne Professoren fühlen sich daher mit dieser Integrationsaufgabe häufig überfordert. Für Unternehmen besteht nach dem AI Act der Europäischen Union die Verpflichtung, Mitarbeitende, die KI-Systeme nutzen, im Umgang damit zu schulen. Vielen Unternehmen ist dies noch nicht bewusst. Der Bundesverband Bitcom hat im Juli 2024 deutsche Führungskräfte nach ihrer Haltung zu KI befragt. Danach sind6

   – 29% der Befragten vorsichtig und 16% skeptisch, aber immerhin
   – 46% experimentierfreudig und 9% sogar enthusiastisch.

Künstliche Intelligenz ist also sowohl Lerninhalt als auch Lernwerkzeug, das die Hochschullehre und die Praxis verändert.

In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, wie dynamisch die Entwicklung in den vergangenen zwei Jahrzehnten bei Lerntechnologien verlaufen ist. Daher wollen wir einen Blick in die mögliche Zukunft des Corporate Learning werfen.

 

Entwicklung zu einem KI-basierten Corporate Learning

Die Entwicklung der Lerntechnologien, die Organisationen nutzen, ist seit der Jahrtausendwende in den folgenden vier Phasen verlaufen:

  1. E-Learning mit Learning Managements Systems (LMS) als Plattform
  2. Weiterentwicklung der LMS zu einem stärker Kompetenzorientierten Lernen im Sinne eines Personalentwicklungssystems
  3. Digitale Microlearnings mit Learning Experience Platforms (LXP) und einer zunehmenden Bedeutung von Videos sowie
  4. KI-basierte Lernplattformen, die relativ selbständig individualisierte Inhalte

In jeder dieser Phasen sind LearnTech-Anbieter vom Markt verschwunden und neue hinzugekommen. Anbieter, die auf KI setzen, sind z.B. Absorb, Arist, Docebo, Growthspace, LearnUpon, Sana Labs, Uplimit und Work Ramp.7

Eine Planung der Anwendung von Lerntechnologien in Organisationen erfolgt häufig nicht top-down, sondern bottom-up durch das Personalmanagement und die Informationstechnik. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Zusammenarbeit mit Start-ups.

Das junge Berliner Unternehmen Doinstruct setzt KI zur Schulung von „schreibtischlosen“ Mitarbeitenden ein. Gartner schätzt diese Zielgruppe weltweit auf 2,7 Milliarden Personen. Sie ist doppelt so groß, wie die Zahl derjenigen, die am Schreibtisch arbeiten. Mit Hilfe von KI generiert das Unternehmen kurze Lernvideos für „Frontline Worker“, die häufig weder einen Laptop noch eine E-Mail-Adresse haben. Bislang hat Doinstruct mehr als 250 Schulungsvideos produziert. Unternehmen können dieses Angebot personalisieren. Die Grundlage für die generierten Videos liefern namhafte KI-Anbieter. Fachexperten kümmern sich bei Doinstruct um die Auswahl der Inhalte, Drehbuchautoren um deren Aufbereitung. Das Unternehmen hat eine Software entwickelt, die den Log-in über SMS verschickt. Man denkt auch über WhatsApp-Chats nach. Die Inhalte werden 25 Sprachen übersetzt. 8

 

Vorgehen bei einem KI-unterstützten Lernen im Management

Das Beispiel Doinstruct zeigt wie ein KI-unterstütztes Lernen im Management aussehen kann. Es besteht aus sieben Schritten, die an die jeweilige Situation angepasst werden.

Lernprozess Innovationsstrategie

Im ersten Schritt erfolgt eine KI-unterstützte Zusammenfassung von vorhandenen Lerninhalten. Dieser Schritt erfordert ein mit Reasoning-Modellen unterstütztes Prompting und eine kritische Analyse der mit KI generierten Inhalte. Er soll die Lehrenden nicht ersetzen sondern vor allem ihre Produktivität steigern.

In Schritt zwei schafft ein projektorientiertes Action Learning von Hochschulen und Unternehmen innovative, praxisorientierte Lerninhalte. Auf diese Weise fließt neues Wissen und Können in die Lehre ein.

Im dritten Schritt geht es um eine Verbindung von Grundlagen und neuen Inhalten sowie deren Strukturierung in Microlearnings. Diese kurzen Sequenzen ermöglichen eine Modularisierung von Lernprogrammen.

Eine multimodale, didaktische Aufbereitung ist dann die Aufgabe von Schritt vier. Auf diese Weise wird eine professionelle Verbindung von Text, Ton und Bild erreicht, die mit praktischen Übungen kombiniert wird. Diese ersten vier Schritte können für spezifische Managementdisziplinen und Branchen eingesetzt werden.

Im fünften Schritt besteht die Möglichkeit einer KI-unterstützten Individualisierung der Lerninhalte. Diese werden so an die spezifische Situation eines Unternehmens und einzelner Personen angepasst.

Mit Hilfe innovativer Lerntechnologien erfolgt im sechsten Schritt eine Weiterentwicklung von Lernplattformen, die eine Skalierung ermöglichen. Diesen Schritt werden die meisten Unternehmen gemeinsam mit LearnTech-Partnern meistern.

Damit ist die Grundlage gelegt für Schritt sieben, der auf eine KI-unterstützte kontinuierliche Verbesserung gerichtet ist. Bei der Umsetzung eines solchen Vorgehens spielen disruptive Learning Ecosystems eine wichtige Rolle.

 

Wandel durch disruptive Learning Ecosystems

Unter einem disruptiven Learning Ecosystem versteht man ein Netzwerk von Partnern aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft sowie den Lernenden, dessen Disruptionswirkung von innovativen Ansätzen und Barrieren ausgeht, die durch traditionelle Akteure schwer zu überwinden sind.9 Ein Vorteil der entstehenden KI-basierten Stakeholder-Ökosysteme ist die bessere Zusammenarbeit der Partner.

Lernprozess Innovationsstrategie

Ein solches Learning Ecosystem besteht aus den folgenden Akteuren:

  • Der Politik, die einen innovationsfördernen Rahmen schafft
  • Hochschulen, Consultants, Trainern und Autoren, die forschen und Lerninhalte anbieten
  • traditionellen und innovativen Bildungsanbietern, die Lerninhalte vermarkten
  • KI- und LearnTech-Anbietern, die Lernplattformen gestalten sowie
  • Organisationen und einzelne Personen in der Doppelrolle als Kunden sowie als Anbieter von Lerninhalten und Daten.

Die Chance für ein resilienteres Europa besteht darin, mit vertrauenswürdigen KI-Lösungen eine Vorreiterrolle bei solchen neuartigen Bildungssystemen zu übernehmen. Das Ziel ist eine konnektive Management Education für die im KI-Zeitalter veränderte Arbeitswelt.

 

Konnektive Management Education für das KI-Zeitalter

Ein wichtiges Kennzeichen der fünften Entwicklungsstufe des verbindenden strategischen Managements 10 ist eine Personalentwicklung, die den spezifischen Anforderungen der sich im KI-Zeitalter verändernden Arbeitswelt Rechnung trägt. Diese konnektive Management Education verbindet Elemente in den folgenden Feldern:

  • Theorie und Praxis (A)
  • Ausbildung und Weiterbildung (B)
  • Spezialisierung und Interdisziplinarität (C) sowie
  • menschliche Stärken und Künstliche Intelligenz (D).

Die Harmonisierung dieser Elemente ist ein wichtiger Gestaltungsansatz im Rahmen der Strategie 5.0, die neuen Wettbewerbsvorteile ermöglicht. Die Grundlage hierfür bildet eine veränderte Haltung, die durch Zukunftsgeist geprägt ist. Eine solche Haltung kombiniert Optimismus mit Offenheit und Neugier mit Experimentierfreude zu einer mentalen Beweglichkeit, die hilft, Chancen zu erkennen und zu nutzen. 11

Lernprozess Innovationsstrategie

Das erste dieser vier Felder ist eine bessere Verbindung von theoretischen Grundlagen und deren praktischer Anwendung. Dabei geht es sowohl um die Ausbildung für eine veränderte Arbeitswelt als auch um die Weiterbildung vieler Menschen in einer sich durch KI verändernden Arbeitswelt. Mit KI entstehen neue fachliche Spezialisierungen. Gleichzeitig steigt die Bedeutung einer stärker interdisziplinären Ausrichtung der Management Education. Insgesamt gilt es, menschliche Stärken in Lehre und Forschung wie z.B. Zukunftsgeist mit der Anwendung von KI als Werkzeug zu verbinden.

Diese vierfache Konnektivität ist inzwischen zu einem unserer Schwerpunkte in Forschung, Lehre und Beratung geworden.

 

Fazit

  • Universitäten sollten bei der Aus- und Weiterbildung von Managern eine stärkere Verbindung von Theorie und Praxis anstreben. Auf dem Weg zu einem Management als dynamischer Profession liefert die Mediziner-Ausbildung Anregungen
  • Künstliche Intelligenz (KI) verändert nicht nur die Arbeitswelt, sondern auch die Management Education. Dabei ist KI sowohl Lerninhalt als auch Werkzeug
  • LearnTech-Anbieter und Anwender-Unternehmen arbeiten an KI-basierten Lernplattformen, die im Fokus einer neuen Entwicklungsphase des Corporate Learning stehen
  • Disruptive Learning Ecosystems fordern die traditionellen Akteure heraus, stellen aber auch eine Chance für die Neuausrichtung des europäischen Bildungssystems dar
  • Eine konnektive Management Education für das KI-Zeitalter verbindet Elemente in verschiedenen Feldern.

 

Literatur

[1] von Elm, K., Vorsicht vor hochfliegenden Erwartungen. In: Handelsblatt, 07./08./09. März 2025, S. 36-37

[2] Servatius, H.G., Evolution des strategischen Managements. In: Competivation Blog, 28.06.2024

[3] Bennis, W.G., O´Toole, J., How Business Schools Lost Their Way. In: Harvard Business Review, Mai 2005, S. 96-104

[4] Servatius, H.G., Generative KI und ein Mass Customized Action Learning. In: Competivation Blog, 28.08.2023

[5] Bomke, L., Gusbeth, S., Wer gewinnt das KI-Rennen? In: Handelsblatt, 10. März 2025, S.18

[6] Burkhardt, K., Wer mit KI-Systemen arbeitet muss vorher geschult werden. In: Handelsblatt, 18. März 2025, S. 26-27

[7] Bersin, J., The $ 340 Billion Corporate Learning Industry is Poised for Disruption, 23. März 2024

[8] Schmroszik, N., Doinstruct schult Mitarbeiter mit KI. In. Handelsblatt, 19. März 2025, S. 27

[9] Servatius, H.G., Gestaltung von innovativen Stakeholder-Ökosystemen. In: Competivation Blog, 10.01.2023

[10] Servatius, H.G., Strategie 5.0 zur Bewältigung der neuen Herausforderungen. In: Competivation Blog, 28.06.2022

[11] Pferdt, F.G., Radikal besser – Entfache den Zukunftsgeist, der in dir steckt, Hamburg 2025

 

Entwicklung der KI-Technologien

Entwicklung der KI-Technologien

Zwischen der aktuellen Bedeutung des Themas Künstliche Intelligenz und der KI-Kompetenz der meisten Menschen besteht eine große Diskrepanz. Diese verbreitete Know-how-Lücke reicht von Schülern und Lehrern bis zu Führungskräften und Politikern. Daher erscheint es wichtig, sich mit der Entwicklung und dem aktuellen Stand der KI-Technologien zu beschäftigen, die bereits vor knapp 70 Jahren entstanden sind, was Vielen nicht bekannt ist.

Dieser neue Blogpost ist die Fortsetzung unserer Reihe zu Wettbewerbsvorteilen mit einer wissensspezifischen Künstlichen Intelligenz. Hierin skizziere ich die Wurzeln der KI-Technologien und erläutere den Hype und die Ernüchterung bei großen Sprachmodellen.

 

Schulungsoffensive ausgehend vom AI Act

Der AI Act der Europäischen Union fordert von Unternehmen, dass sie ihren Mitarbeitenden praktisches Know-how zur Funktionsweise und den Einsatzmöglichkeiten von KI sowie den Chancen und Grenzen der Technologie vermitteln müssen. Diese EU-Verordnung 2024/1689 ist in Deutschland am 2. Februar 2025 in Kraft getreten.1 Für einzelne Nutzergruppen wie z.B. IT-, Rechts-, Personal- und operative Einheiten können spezifische Trainingsmodule notwendig sein, die auf das vorhandene Wissensniveau auszurichten sind. Darüber hinaus erscheint es sinnvoll, die Vermittlung von KI-Know-how an die jeweilige Situation des Unternehmens anzupassen. Ein Einstieg sind Kenntnisse zur Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) und ihrer verschiedenen Technologien.

 

Von der symbolischen KI und neuronalen Netzen zu „KI-Wintern“

Die Künstliche Intelligenz hat in ihrer langen Entwicklungsgeschichte eine Reihe von Höhen und Tiefen erlebt. In den Computerwissenschaften der 1950er Jahre sind bei dem Versuch, Maschinen zu entwickeln, die menschliche Intelligenz nachahmen, zwei Herangehensweisen entstanden:2

  • Die symbolische KI basiert auf programmierbaren Regeln und einer systematischen Logik mit dem Ziel, Wissen zu repräsentieren und daraus Schlussfolgerungen abzuleiten. Dabei versucht man, ein reales Problem durch die Programmierung von Symbolen und ihren Beziehungen  
  • Angeregt durch die Vernetzung des Gehirns streben neuronale Netze an, Lernprozesse zu simulieren, indem sie Verbindungen zwischen künstlichen Neuronen nutzen. Diese Methode stützt sich auf ein datengetriebenes maschinelles Lernen, um Muster und Zusammenhänge zu finden.

Als Geburtsstunde der Künstlichen Intelligenz gilt das von Wissenschaftlern wie John McCarthy und Marvin Minsky 1956 initiierte Dartmouth-Sommer-Forschungsprojekt, bei dem die symbolische KI im Mittelpunkt stand. Diese bildet die Grundlage für Expertensysteme, die versuchen, Regeln und Entscheidungsketten in Computercode zu übersetzen. Deren Verfechter haben aber die Komplexität des Gehirns unterschätzt, was in den 1970er Jahren zum ersten „KI-Winter“ führte.

Das erste neuronale Netz konzipierte der Psychologe Frank Rosenblatt, der in Dartmouth nicht dabei war, ebenfalls bereits 1956. Inspiriert durch die Arbeit von Rosenblatt entwickelte der Physiologe, kognitive Psychologe und Informatiker Geoffrey Hinton 1986 an der Universität von Toronto ein mehrschichtiges neuronales Netz und einen Algorithmus, der es dem System ermöglichte, aus seinen Rechenfehlern zu lernen. Diese Methode der Fehlerrückverteilung (Backpropagation) führte zu einer Verfeinerung der Antworten. Sie bildete den Durchbruch für die neuronalen Netze. Allerdings reichte die Rechenleistung für große Datenmengen nicht und noch vor der Jahrtausendwende kam es zu einem zweiten „KI-Winter“.

 

Deep Learning

Eine Verbesserung der Hardware erreichte man mit den superschnellen Chips der Grafikprozessoren (Graphics Processing Units GPU), die der US-Halbleiterhersteller Nvidia zunächst für Videospiele entwickelte und später für das Training mehrschichtiger neuronaler Netze nutzte. Entscheidend waren dann verbesserte Methoden der Bilderkennung, die kleine Fehler nutzten, um Muster zu erkennen (Convolutional Neural Network CNN). 2015 prägten Hinton und seine Kollegen für tiefere Modelle mit mehr Neuronen-Schichten den Begriff Deep Learning.

 

Transformer-Architektur

Wichtige Impulse für die Sprachverarbeitung (Natural Language Processing NLP) gingen 2013 von einem Google-Team aus, das ein neuronales Netz so trainierte, dass die Nähe von Wörtern innerhalb eines Raumes ihre semantische Beziehung widerspiegelt. Das Team brachte seinem Worteinbettungssystem (word2vec) bei, das fehlende Wort in einem Satz vorherzusagen. Eine 2017 veröffentlichte Weiterentwicklung nannte Google Transformer-Architektur. Das Grundprinzip besteht darin, herauszufinden, welche Wörter in einem Satz am wichtigsten sind (Selbstaufmerksamkeit) und so einen Text in eine Zusammenfassung zu „transformieren“.

2019 veröffentlichte OpenAI sein Modell GPT-2, das auf 40 Gigabyte (acht Millionen Websites) mit 1,5 Milliarden Parametern trainiert worden war und so in der Lage sein sollte, das wahrscheinlichste nächste Wort in einer Sequenz vorherzusagen. GPT steht für Generative Pre-Trained Transformer. Am 30. November 2022 brachte OpenAI seinen Chatbot ChatGPT an die Öffentlichkeit. Nach einer Eingabeaufforderung (Prompt) produziert der Chatbot längere Texte aus unterschiedlichen Wissensfeldern, ist dabei aber fehleranfällig (halluziniert). Grundlagenmodelle (Foundation Models), die ein Trainingsfundament für spezifische Anwendungen bilden und auf Internetinhalten basieren nennt man große Sprachmodelle (Large Language Models LLM).

Diese Entwicklung der Künstlichen Intelligenz fasst die folgende Abbildung zusammen. Dabei ist KI ein Oberbegriff für verschiedene Technologien, der eine Erweiterung von Aspekten des Lernens und der Intelligenz durch eine Maschine beschreibt.

Lernprozess Innovationsstrategie

Mit einer KI, die neuronale Netze mit der Monte Carlo Tree Research (MCTR-) Methode kombiniert, ist es dem von Google akquirierten Unternehmen DeepMind seit 2015 nicht nur gelungen, einen der weltbesten Spieler in dem asiatischen Brettspiel Go zu besiegen, sondern auch die Faltungen von 200 Millionen Proteinen vorherzusagen. Dies zeigt, dass eine KI, die nach dem Prinzip des verstärkenden Lernens (Reinforcement Learning) arbeitet, sowohl die Produktivität erhöht als auch spezifisches Wissen und die daraus entstehenden Fähigkeiten erweitert. Bei einer Anwendung der generativen KI (GenAI) resultieren hieraus neue Perspektiven für die Wissensarbeit in Unternehmen. Mit Hilfe von wissensspezifischer (domain-specific) GenAI ergeben sich für die europäische Wirtschaft mit ihrem hohen Anteil an hochspezialisierten Unternehmen neue Möglichkeiten zur Differenzierung im Wettbewerb.

 

Nobelpreise für KI-Forscher

Die Nobelpreise für Physik haben 2024 John Hopfield und Geoffrey Hinton erhalten, die zum maschinellen Lernen und zu künstlichen neuronalen Netzen forschen. Eine Hälfte des Chemie-Nobelpreises ist ebenfalls 2024 an die bei der Google-Tochter DeepMind beschäftigten Demis Hassabis und John Jumper für ihre KI-basierte Vorhersage von komplexen Protein-Strukturen gegangen. Dies macht deutlich, dass es im Technologie- und Innovationsmanagement bei der Schaffung von neuem Wissen gravierende Veränderungen gibt.

 

Hype und Ernüchterung bei großen Sprachmodellen

Große Sprachmodelle (Large Language Models LLM) durchlaufen gegenwärtig einen Hype Cycle. Der technologische Auslöser war im November 2022 der von Open AI entwickelte Chatbot ChatGPT. Große Sprachmodelle auf Grundlage der von Google-Forschern 2017 vorgestellten Transformer-Technologie gab es schon länger. Aber ChatGPT erreichte die breite Masse und hatte nach zwei Monaten 100 Millionen Nutzer.

Der Gipfel der überzogenen Erwartungen zeigte sich in einer gigantischen Investitionsblase beim Rennen um die KI-Vorherrschaft von großen Digitalunternehmen und Start-ups.

Das Tal der Enttäuschung äußerte sich in der nicht erfüllten Management-Illusion, dass die hohen Investitionen auch zu gewinnbringenden Anwendungen führen und einer daraus resultierenden Börsen-Illusion.3

Lernprozess Innovationsstrategie

Ein möglicher Pfad der Erleuchtung könnte von kostengünstigen kleinen Sprachmodellen mit branchen-, unternehmens- und prozess-spezifischen Anwendungen ausgehen.

Ob, wann und wie genau mit wissensspezifischer KI ein Plateau der Produktivität erreicht wird, ist gegenwärtig noch nicht ganz klar. Wir gehen aber davon aus, dass sich hieraus Chancen für die europäische Wirtschaft ergeben. Diese Chancen sollten KI-Anbieter gemeinsam mit Anwendern nutzen.

 

Vorteile von kleinen und spezifischen KI-Modellen

Große Sprachmodelle streben an, möglichst viele Bereiche abzudecken und werden vor allem mit Daten aus dem Internet trainiert. Dies ist nicht nur zeit-, kosten- und energieintensiv, sondern der Grenznutzen zusätzlicher Daten nimmt ab. Bei Spezialaufgaben kann die Leistung großer Sprachmodelle sogar mit der Zeit schlechter werden.4

Diese Nachteile haben kleine Sprachmodelle nicht. Deren Training erfolgt auf der Grundlage von branchen-, unternehmens- und prozess-spezifischen Daten. So ist z.B. das Berliner Start-up Xayn auf Anwaltskanzleien und Rechtsabteilungen spezialisiert. Für das Training gibt es mehrere Ansätze, z.B.

–  eine Retrieval Augmented Generation (RAG): Dabei erfolgt die Kopplung eines großen Sprachmodells an interne Datenbanken
–  Continuous Pre-Training in Form von domänenspezifischen Modellen und
–  das Training eigener Modelle mit vollständiger Kontrolle über die verwendeten Daten.

Start-ups aus den USA wie Databricks bieten ihren Kunden die gemeinsame Entwicklung von unternehmensspezifischen KI-Modellen an. Die Kosten für ein Training dieser maßgeschneiderten Modelle liegen deutlich unter denen für das Training z.B. von GPT-4 in Höhe von knapp 80 Millionen Dollar. Das Training erfolgt auf der Grundlage von individuellen Unternehmensdaten.5 Ein Risiko ist möglicherweise, in eine Abhängigkeit von Dienstleistern zu geraten. Die Alternative ist daher die Befähigung der eigenen Mitarbeitenden. Die Grundlage hierfür bildet eine KI-Personalstrategie für das Unternehmen.

Bei branchenspezifischen KI-Lösungen kann die Zusammenarbeit von etablierten Unternehmen mit Start-ups erfolgreich sein.6 Das Berliner Start-up Linetweet konzentriert sich z.B. auf KI-Tools für das Storemanagement im Einzelhandel. Linetweet hat bereits 2019 die Optikerkette Fielmann mit einem Tool zur digitalen Terminvereinbarung gewonnen. Dieses Tool wurde gemeinsam weiterentwickelt. Heute passt Store AI die Dienstpläne in Fielmann-Filialen auf der Grundlage unternehmensspezifischer Daten automatisch an und steigert so die Produktivität der Stores. Bislang gehört Linetweet zu 100 Prozent den beiden Gründern. Das Beispiel zeigt das Potenzial einer Verbindung des branchenspezifischen Wissens etablierter Unternehmen mit der KI-Kompetenz von Start-ups.

Gegenwärtig konzentrieren sich viele Unternehmen bei ihren KI-Anwendungen noch auf einzelne Vorgänge. Der wirklich große Durchbruch von KI wird vermutlich erst mit einer integrierten Sicht von Strategien und Geschäftsprozessen gelingen.7 Das sind die Themen unserer nächsten Blogposts.

 

Fazit

  • Die Grundlage für die generative KI mit großen Sprachmodellen bilden neuronale Netze, deren Entwicklung vor vielen Jahrzehnten begonnen hat
  • Die mit Nobelpreisen ausgezeichneten KI-Forscher haben das Technologie- und Innovationsmanagement verändert
  • Nach der durch ChatGPT ausgelösten Hype-Phase zeichnet sich bei großen Sprachmodellen eine gewisse Ernüchterung ab
  • Die wissensspezifische KI hat eine Reihe von Vorteilen, die europäische Unternehmen nutzen sollten.

 

Literatur

[1] Obmann, C., Was Chefs und Mitarbeiter jetzt zu KI wissen müssen. In: Handelsblatt, 17. Februar 2025, S. 32-33

[2] Meckel, M., Steinacker, L., Alles überall auf einmal – Wie Künstliche Intelligenz unsere Welt verändert und was wir dabei gewinnen können, Rowohlt 2024

[3] Holtermann, F., Holzki, L., de Souza Soares, A.P., Die große Sinnkrise. In: Handelsblatt, 9./ 10./ 11. August 2024, S. 46-51

[4] Bomke, L., Holzki, L., Welche KI für die Wirtschaft zählt. In: Handelsblatt, 23. September 2024, S. 20-23

[5] Bomke, L., Kerkmann, C., Scheuer, S., Die Firmen-KI wird bezahlbar. In: Handelsblatt, 3./ 4./ 5. Mai 2024, S. 30

[6] Bomke, L., Einzelhändler organisieren mit KI ihre Läden neu. In: Handelsblatt, 2. Januar 2025, S. 32

[7] Servatius, H.G., Wettbewerbsvorteile mit einer wissensspezifischen KI. In: Competivation Blog, 11. Februar 2025

Von erfolgreichen Digital-Unternehmen lernen

Von erfolgreichen Digital-Unternehmen lernen

Sechs der sieben wertvollsten Unternehmen der Welt sind führend bei Technologien der Künstlichen Intelligenz (KI). Daneben gehen beim aktuellen Thema generative KI wichtige Impulse von Start-ups aus. Daher stellt sich die Frage, was etablierte Unternehmen von diesen Digital-Champions lernen können. Die Suche nach Antworten auf diese Frage führt uns zu einem Paradigmenwechsel im strategischen Management, der lange Zeit von etablierten Unternehmen nicht verstanden worden ist. Eng damit verbunden ist ein Wandel der Personalführung und Kultur.

 

In diesem Blogpost erläutere ich einen Ansatz, der zum Erfolg der Digital-Unternehmen beigetragen hat. In den USA nennt man diesen Ansatz „geeky leadership style“.

 

Steigerung des Unternehmenswertes der „großen Sechs“

Zu den sieben wertvollsten Unternehmen der Welt gehören (Stand 27.06.2024) Microsoft, Apple, Nvidia, Alphabet, Amazon und Meta. Diese „großen Sechs“ aus den USA profitieren in unterschiedlichem Maße von dem gegenwärtigen Boom bei der generativen Künstlichen Intelligenz.1 Allein Microsoft ist zurzeit 77 Prozent mehr wert als alle 40 Dax-Unternehmen zusammen.

Der Erfolg der US-Unternehmen basiert aber nicht nur auf ihrer Digitalkompetenz, sondern auch auf Managementinnovationen. Diese Kombination hat zu einem Vorsprung gegenüber etablierten Unternehmen geführt. Während die Kompetenz in den unterschiedlichen Wellen der Digitalisierung offensichtlich ist, sind die neuen Managementansätze in den Erfolgsphasen der Digital-Unternehmen weit weniger transparent.

 

Ursachen der Erfolgsphasen von Digital-Unternehmen

Wir sind daher der Frage nachgegangen, was die europäische Wirtschaft von erfolgreichen Digital-Unternehmen lernen kann. Das Ergebnis ist eine Kausalkette, die mit der Verbindung der ersten Entwicklungsstufe eines markt- und finanzorientierten strategischen Managements mit der zweiten, durch Technologie und Innovation bestimmten Stufe beginnt. Diese Verbindung hat Theorie verändernd gewirkt und zu einem Paradigmenwechsel von einem eher mechanistischen zu einem komplexitätsbewältigenden strategischen Management geführt. Dieser Paradigmenwechsel prägte die Kultur in den Erfolgsphasen von Digital-Unternehmen. In diesen Phasen ist eine innovationsfördernde Personalführung und disruptive Unternehmenskultur entstanden, die für etablierte Unternehmen eine schwer zu überwindende Barriere darstellt.

Lernprozess Innovationsstrategie

Diese drei Ursachen möchte ich in den folgenden Abschnitten erläutern. Ein besseres Verständnis der Ursachen kann dazu beitragen, dass etablierten Unternehmen der digitale Wandel besser gelingt. Eine Grundvoraussetzung hierfür ist allerdings die Bereitschaft, zu lernen und traditionelle kulturelle Normen zu hinterfragen. Den Ausgangspunkt bildet eine systemorientierte Verbindung der Strategie 1.0 und der Strategie 2.0.

 

Systemorientierte Verbindung von Strategie 1.0 und 2.0

Seit Anfang der 1980er Jahre hat eine Erweiterung des traditionellen markt- und finanzorientierten strategischen Managements (Strategie 1.0) um eine technologie- und innovationsorientierte zweite Entwicklungsstufe stattgefunden (Strategie 2.0).2 Diese Erweiterung haben erfolgreichen Digital-Unternehmen zu ihrem Vorteil genutzt. Deren Erfolg basiert zum einen auf ihrem Vorsprung bei digitalen Technologien. Mindestens ebenso wichtig ist die systemorientierte Integration eines analyseorientierten strategischen Handelns und einer innovationsfördernden Kultur. Auf diese Weise ist es ihnen gelungen, einen neuen integrierten Ansatz zur Gestaltung von Innovationsystemen zu realisieren.3 Dieser Ansatz ist nicht auf das eigene Unternehmen beschränkt, sondern bezieht Start-up-Ökosysteme mit ein.

In erfolgreichen Start-up-Ökosystemen arbeiten vier Sektoren partnerschaftlich zusammen. Die Politik fördert aktiv die Bildung, neue Technologien und Innovationen. Der Wissenschaft gelingt die erfolgreiche Ausgründung von Start-ups. Wagniskapitalgeber und ein Corporate Venture Management finanzieren nicht nur die Gründung, sondern auch die Skalierung der Start-ups. Und auch die Gesellschaft spielt eine wichtige Rolle, indem sie ein positives Innovationsklima und attraktive Rahmenbedingungen schafft.

Lernprozess Innovationsstrategie

Dieses Zusammenspiel hat mit mehreren Jahrzehnten Vorsprung gegenüber Europa zur Erfolgsgeschichte des Silicon Valleys geführt.4 Das Beispiel zeigt jedoch auch das Spannungsverhältnis zwischen dem gegenwärtigen KI-Boom und den explodierenden Lebenshaltungskosten an der US-amerikanischen Westküste.

Die Entwicklung von Start-up-Ökosystemen wurde durch die in den 1960er Jahren entstandene Design-Wissenschaft5 und Methoden wie dem Design Thinking befruchtet.6 Das Design Thinking unterstützt den interdisziplinären Lernprozess zur Gestaltung von digitalen Geschäftsmodellen. Dabei wirken innovative Technologien als Ermöglicher von neuen Formen der Problemlösung und Befriedigung von Kundenbedürfnissen. Das bereits in den 1940er Jahren von dem Psychologie-Professor Kurt Lewin in den USA entwickelte Action Research7 liefert die theoretische Basis für Lernschleifen, die von Hypothesen ausgehen, etwas gestalten, das man bei Kunden testen kann und deren Ergebnisse zu möglichen Richtungsänderungen führen. Anfang der 1990er Jahren sind auf dieser Grundlage agile Methoden zur Softwareentwicklung wie Scrum entstanden.8 So sind aus Start-ups, die diese Konzepte nutzen, die wertvollsten Unternehmen der Welt geworden.

Das Beispiel Amazon zeigt, dass diese Unternehmen auch kritische Phasen meistern mussten. Nach dem Scheitern eines Projekts zur Verbesserung der Zusammenarbeit von Funktionsbereichen erkannte Jeff Bezos die Notwendigkeit eines Richtungswechsels. Er führte das „Zwei-Pizza-Prinzip“ für agile Teams ein und setzte die Konzentration von Projektleitern auf ein einzelnes Projekt durch (Single-Threaded Leaders). Damit agile Teams möglichst selbständig arbeiten können, war die Entwicklung einer modularen IT-Architektur notwendig. Diese interne Initiative bildete den Ausgangspunkt für die Gründung von Amazon Web Services (AWS), dem heutigen Weltmarktführer im Cloud-Geschäft.9

Die theoretische Grundlage für derartige Aktivitäten lieferte ein Paradigmenwechsel im strategischen Management, der sich in den 1990er Jahren vollzogen hat. Ich möchte kurz schildern, wie ich diese Zeit erlebt habe.

 

Paradigmenwechsel von mechanistisch zu komplexitätsbewältigend

Nach rund einem Jahrzehnt in der Strategieberatung hatte ich damals den Eindruck, dass die vorhandenen, relativ mechanistische Strategiekonzepte nicht ausreichend sind, um die Komplexität von Innovations- und Nachhaltigkeitsthemen zu bewältigen. Auf der Suche nach besseren Lösungsansätzen bin ich auf die Evolutions- und Komplexitätstheorien gestoßen und habe über den notwendig erscheinenden Paradigmenwechsel im strategischen Management 1991 an der Universität Stuttgart extern habilitiert.10

Lernprozess Innovationsstrategie

Ein komplexitätsbewältigendes strategisches Management basiert auf drei theoretischen Grundlagen, die sich wechselseitig beeinflusst haben. Als erstes sind in verschiedenen Disziplinen Evolutionstheorien entstanden, Sie betrachten die dynamische Abfolge von Ungleichgewichten als Balance zwischen Chaos und Ordnung, dessen Ergebnis von den Anfangsbedingungen abhängt.11 Wichtige Impulse gingen dann von dem 1984 in den USA gegründeten Santa Fe Institute und der dort entwickelten Theorie komplexer adaptiver Systeme aus. Diese beschäftigt sich mit der Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen für eine stärker selbstorganisierte Interaktion kompetenter Akteure am „Chaosrand“, die auf einfachen Regeln basiert.12 Einen Beitrag zur Anwendung in Organisationen leistet die Theorie komplexer interaktiver Beziehungsprozesse. Im Mittelpunkt stehen hierbei lokale, nicht lineare Interaktionen von Akteuren, aus deren Verlauf sich Muster ergeben, die schwer prognostizierbar sind.13

Diese relativ abstrakt klingenden Gedanken waren in den 1990er Jahren etablierten Unternehmen schwer zu vermitteln. Daher sind auch die großen Beratungsunternehmen nicht auf diesen Zug aufgesprungen. Dennoch haben die Theorien ihren Weg in die Praxis gefunden. Dieser Weg führte von der Stanford University zu Google. Mit der fortschreitenden Digitalisierung hat dann die Bedeutung der Evolutions- und Komplexitätstheorien stark zugenommen.

1995 erschien das Buch Competing on the Edge der späteren Google-Managerin Shona Brown und der Stanford-Professorin Kathleen Eisenhardt, die versuchen die Komplexitätstheorien auf das strategische Management zu übertragen.14 Ihre Handlungsempfehlungen gliedern sie in die Felder Chaosrand, Zeit-Harmonie und zeitliche Taktung. Im Mittelpunkt steht dabei eine Komplexitätsbewältigung durch die Suche nach der richtigen Balance. Im Feld Chaosrand lauten die Handlungsempfehlungen:

  • Mit professioneller Improvisation die Mitte zwischen zu viel Struktur und zu viel Durcheinander suchen und
  • durch gemeinsame Anpassung Synergien zwischen Geschäften nutzen, um so die Balance zwischen zu viel Kooperation und zu viel Egoismus zu finden.

Die Empfehlungen im Feld Zeit-Harmonie sind:

  • Durch gezielte Erneuerung Vorteile aus der Zukunft und der Vergangenheit ableiten und
  • Experimente durchführen, um mit Erfahrung heute das Morgen zu gestalten.

Die letzte Empfehlung betrifft die zeitliche Taktung. Sie lautet:

  • Das Tempo vorgeben, um so Übergänge zu synchronisieren und den richtigen eigenen Rhythmus zu finden.

Diese Handlungsempfehlungen haben die Personalführung und Kultur von Google und anderen Digital-Unternehmen geprägt.

 

Innovationsfördernde Personalführung und disruptive Unternehmenskultur

In Digital-Unternehmen hat sich ein spezifischer Führungsstil entwickelt, den man in den USA als „geeky leadership style“ bezeichnet. Der Begriff Geek (oder deutsch Geck) erlebt dabei einen Bedeutungswandel zum Positiven. Diese Form der Personalführung ist kulturprägend. Charakteristisch hierfür sind die folgenden vier kulturellen Normen:15

  • Eine spezifische wissenschaftliche Vorgehensweise (Science)
  • persönliche Verantwortung (Ownership)
  • eine hohe Geschwindigkeit von Iterationen (Speed) und
  • Offenheit (Openness).

Der disruptive Charakter einer solchen Kultur liegt darin, dass sie für etablierte Unternehmen aufgrund von Verhaltensbarrieren schwer zu entwickeln ist. Dies möchte ich kurz erläutern.

Lernprozess Innovationsstrategie

Die auf dem Action Learning und der Design-Theorie basierende wissenschaftliche Vorgehensweise ist auf ein datenbasiertes, lernendes Gestalten gerichtet. Diese Erkenntnisse haben Digital-Unternehmen wie Google frühzeitig genutzt und Infrastrukturen für das Testen von Hypothesen entwickelt. Die Testergebnisse bilden dann den Ausgangsunkt für eine intensive, faktenorientierte Argumentation der Akteure. Demgegenüber beruhen Entscheidungen in etablierten Unternehmen stärker auf den Überzeugungen und der Macht von Führungskräften sowie auf den Meinungen von Experten. Der kulturelle Wandel zu einem stärker wissenschaftlich orientierten Vorgehen kann in etablierten Unternehmen daher Widerstand auslösen, weil die Verantwortlichen einen Bedeutungsverlust befürchten. Die Personalentwicklung an Hochschulen und in der Praxis sollte hier ein bewusstes Gegengewicht schaffen.

Charakteristisch für digitale Start-ups ist eine persönliche Verantwortung der Führungskräfte mit einem höheren Grad an Autonomie, einer Ermächtigung agiler Teams und weniger Koordinationsaufwand. Etablierte Unternehmen kämpfen hingegen oft mit einer zunehmenden Bürokratisierung, bei der viele mitreden dürfen und ihre Macht demonstrieren, indem sie ein Veto einlegen. Auch Microsoft stand vor der Herausforderung, eine Ownership-Kultur zurückzugewinnen, was unter der Führung von Satya Nadella gelungen ist. In der Öffentlichkeit viel diskutiert wird der Versuch des Unternehmens Bayer, Bürokratie mit Hilfe des Humanocracy-Konzepts abzubauen, das der Management-Guru Gary Hamel entwickelt hat.16 Es bleibt abzuwarten, wie erfolgreich dieser Versuch ist.

Eine Wurzel des „geeky leadership styles“ ist das 2001 geschriebene agile Manifest, das die Geschwindigkeit von schnellen Iterationen betont. Etablierte Hardware-orientierte Unternehmen tun sich häufig schwer, dieses bei der Softwareentwicklung entstandene Vorgehen mit ihrem existierenden Produktinnovationsprozess zu verknüpfen. Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Software z.B. in der Automobilindustrie werden hybride Ansätze immer wichtiger, die die vorhandenen Kompetenzen mit Digitalkompetenz verbinden. Ein Erfolgsindikator hierfür ist, dass die Unternehmen ihre gesetzten Zeitziele erreichen und nicht Opfer des 90-Prozent-Syndroms werden, bei dem die Akteure zu spät merken, dass sie ihre Ziele verfehlen.

Charakteristika der kulturellen Norm Offenheit sind das Teilen von Informationen, Empfänglichkeit für andere Argumente, die Bereitschaft, Situationen neu zu bewerten und die eigene Richtung zu ändern. Das Gegenteil von Offenheit sind weit verbreitete defensive Verhaltensmuster, die der Harvard-Professor Chris Argyris bereits seit den 1980er Jahren als Kennzeichen etablierter Unternehmen beschrieben hat.17 Die negative Konsequenz ist oft, dass die Gemeinschaft diejenigen bestraft, die gegen herrschende Normen verstoßen. Eine Extremform defensiver Verhaltensmuster ist die stillschweigende Duldung unethischer oder strafbarer Aktivitäten. Hingegen erkennt man eine durch Offenheit geprägte Kultur z.B. daran, dass junge Mitarbeitende ihrem Chef in einem internen Meeting offen widersprechen dürfen, ohne mit Sanktionen rechnen zu müssen.

Dieses Beispiel führt uns zu einem Ansatz, wie etablierte Unternehmen die kulturelle Distanz zur digitalen Welt verringern können.

 

Kulturelle Normen anpassen und vorleben

Führungskräfte etablierter Unternehmen haben die Aufgabe, einen individuellen Zugang zu den kulturellen Normen erfolgreicher Digital-Unternehmen zu finden. Dabei kann die Kenntnis der skizzierten theoretischen Grundlagen hilfreich sein. Der Erfolg in der digitalen Welt bedeutet jedoch nicht, dass diese Normen 1:1 auf ein etabliertes Unternehmen übertragbar sind. Sie bedürfen einer Anpassung an die spezifische Situation und an die Rahmenbedingungen des jeweiligen Unternehmens. Nachdem bezüglich dieser situativen Anpassung ein Konsens besteht, kommt es darauf an, dass die Führungskräfte veränderte kulturelle Normen vorleben. Eine wichtige Rolle spielt dann eine entsprechende Personalentwicklung und Beförderungspolitik. Daher ist die Vorstellung von einer schnellen, umfassenden digitalen Transformation unrealistisch. Eine erfolgreiche digitale Neuausrichtung in etablierten Unternehmen verläuft eher als spezifischer, längerfristiger Prozess.18

 

Zusammenarbeit mit Start-ups als eine zu wenig genutzte Chance

Eine Möglichkeit für etablierte Organisationen, von erfolgreichen Digital-Unternehmen zu lernen, besteht in einer verstärkten Zusammenarbeit mit Start-ups. Leider wird diese Chance zu wenig genutzt. So kommt eine Studie des Deutschen Start-up-Monitors zu dem Ergebnis, dass die Kooperation von Konzernen und Mittelständlern mit jungen Unternehmen von 2020 bis 2023 um zehn Prozent zurückgegangen ist. Die Chefin des Start-up-Verbands Verena Pausder sieht in dieser Rückwärtsentwicklung ein Alarmsignal und fördert eine Neuauflage der Partnerkultur.19 Gerade das aktuelle Thema der generativen Künstlichen Intelligenz böte hierzu vielfältige Ansätze. Zwar gibt es eine Reihe von Initiativen, wie die seit 2018 in Ostwestfalen stattfindende Konferenz „Hinterland of Things“, die verschiedenen Akteure vernetzt. Aber insgesamt existiert bei der Gestaltung von Start-up-Ökosystemen noch ein erhebliches Ausbaupotenzial.

 

Fazit

  • Viele der wertvollsten Unternehmen der Welt haben sich in relativ kurzer Zeit von Start-ups zu Digital-Champions entwickelt
  • Zur Beantwortung der Frage, was etablierte Unternehmen hieraus lernen können, haben wir die Entwicklung des strategischen Managements analysiert
  • Im Unterschied zu etablierten Unternehmen haben Digital-Unternehmen in ihren Erfolgsphasen einen Paradigmenwechsel im strategischen Management von mechanistisch zu komplexitätsbewältigend aktiv vorangetrieben
  • Eine wichtige Rolle hat dabei ein Wandel der Personalführung und Kultur gespielt
  • Führungskräfte in etablierte Unternehmen stehen vor der Aufgabe, situativ angepasste kulturelle Normen vorzuleben
  • Dabei sollten sie stärker die Möglichkeit nutzen, mit Start-ups zusammenzuarbeiten

 

Literatur

[1] Sommer, U., KI entfacht Kursfeuerwerk. In: Handelsblatt, 27. Dezember 2023, S.1, 4, 6

[2] Servatius, H.G., Evolution des strategischen Managements. In: Competivation Blog, 28.06.2024

[3] Servatius, H.G., Gestaltung des Innovationssystems von Unternehmen. In: Servatius, H.G., Piller, F.T. (Hrsg.), Der Innovationsmanager – Wertsteigerung durch ein ganzheitliches Innovationsmanagement, Symposion 2014, S. 21-64

[4] Keese, C., Silicon Valley – Was aus dem mächtigsten Tal der Welt auf uns zukommt, Knauer 2014

[5] Simon, H.A., The Sciences of the Artificial, 2.Aufl., MIT Press 1981 (1. Aufl.1969)

[6] Kelly T., Kelly, D., Creative Confidence – Unleashing the Creative Potential within us all, William Collins 2013

[7] Marrow, A.J., Kurt Lewin – Leben und Werk, Ernst Klett 1977

[8] Sutherland, J.J., The Scrum Fieldbook – A Master Class on Accelerating Perfomance, Getting Results, and Defining the Future, Currency 2019

[9] Bryar, C., Carr, B., Working Backwards – Insights, Stories, and Secrets from Inside Amazon, Macmillan 2021

[10] Servatius, H.G., Vom strategischen Management zur evolutionären Führung – Auf dem Wege zu einem ganzheitlichen Denken und Handeln, Poeschel 1991

[11] Beinhocker, E.D., Die Entstehung des Wohlstands – Wie Evolution die Wirtschaft antreibt, mi-Fachverlag 2007

[12] Lewin, R., Die Komplexitätstheorie – Wissenschaft nach der Chaos-Forschung, Hoffmann und Campe 1993

[13] Stacey R., Tools and Techniques of Leadership and Management – Meeting the Challenge of Complexity, Routledge 2012

[14] Brown, S.L., Eisenhardt, K.M., Competing on the Edge – Strategy as Structured Chaos, Harvard Business Review Press 1998

[15] McAfee, A., The Geek Way – The Radical Mindset That Drives Extraordinary Results, Macmillan 2023

[16] Hamel, G., Zanini, M., Humanocracy – Creating Organizations as Amazing as the People Inside Them, Harvard Business Review Press 2020

[17] Argyris, C., Overcoming Organizational Defences – Facilitating Organizational Learning, Allyn and Bacon 1990

[18] Servatius, HG., Dreifache strategische Neuausrichtung. In: Competivation Blog, 07.06.2024

[19] Müller, A., Schimroszik, N., Mittelstand rückt von Start-ups ab. In: Handelsblatt, 13. Juni 2024, S.22

Triple strategic realignment

Triple strategic realignment

Many companies are currently facing the task of becoming more digital, more sustainable and more resilient. The automotive industry provides an example of this triple strategic realignment. The necessary complex process requires the change of a system of interconnected fields of action. The question arises as to how companies can succeed in mastering such a process together with politics, science and society.

 

In this blog post, I explain the difference between the terms transformation and realignment and explain why the concept of transformation is based on an outdated understanding of management that is unfortunately still widespread.

 

Automotive companies that need to become more digital, sustainable and resilient

Established automotive companies are in the fifth development stage of a connective strategic management,1  in which they must become more digital, more sustainable and more resilient. So far, management theory and practice have provided little guidance for such a triple realignment. However, it is becoming increasingly clear that the idea of a comprehensive, temporary transformation is illusory and will not lead to the desired results.

When we published our book on the ecological reorientation of automotive companies in 1994, we never thought that the mobility turnaround in Germany would take so long.2 Ultimately, a strategic reorientation towards sustainable forms of propulsion only came about in response to political and competitive pressure. Traditional companies in the industry are now facing a threat from disruptive stakeholder ecosystems.3 They are looking for suitable answers and are preparing for a complex change with various options.

Digitalization is the second important area of realignment and is being driven primarily by large tech companies and start-ups. It has taken place in various waves and affects both the automotive product and key business processes. Digital technologies have the character of game changers, which the general public has become aware of at the latest since the hype surrounding generative artificial intelligence (AI).4 The design of innovative stakeholder ecosystems is also crucial in this field. Trustworthy AI certainly opens up opportunities for Europe.

Parallel to these developments, the geopolitical crises have increased the importance of a resilience-oriented realignment.5 The focus here is on improving the resilience of Western companies in the various stages of value creation. Relevant fields include raw materials, batteries, semiconductors and AI applications. For example, the leading US chip manufacturer Nvidia is heavily dependent on the Taiwanese contract manufacturer TSMC.6 This example shows that although this third dimension of realignment is linked to the other dimensions, it requires specific approaches.

The following diagram illustrates the three dimensions of realignment. The specific approaches relate to the transitions

– from analog to digital, but also trustworthy

– from primarily financially oriented to sustainable, but also realistic and

– from dependent to resilient but also strategic.

This is a key challenge for the European economy and politics in the coming years.

Lernprozess Innovationsstrategie

To this end, it is important to understand the difference between the widely used term transformation and the term realignment.

 

Difference between transformation and realignment

The term transformation has a long history of development. As early as 1944, Karl Polanyi used it as a political term of struggle to express his demand for a change in the capitalist system.7 In the 1990s, consultants understood the term transformation of organizations to mean comprehensive change.8 In doing so, they sought to differentiate themselves from the reengineering concept, which was perceived as too mechanistic. Today, transformation has become a buzzword with unclear content. This is clearly illustrated by the current term twin transformation, which suggests that digital and green change have a twin character. 9

In order to bring clarity to this confusion of terms, we differentiate between a temporal and a content dimension in organizational change. We define transformation as a temporary, comprehensive change. This brings a transformation task close to restructuring and is now also interpreted in this sense by many management consultants. In contrast, we understand realignment as a longer-term, specific change, e.g. with a focus on digitalization, sustainability or resilience.

Lernprozess Innovationsstrategie

The idea that a digital transformation is possible in the short term and comprehensively underestimates the complexity of the task. We believe this idea is illusory. Such a transformation illusion is the cause of many failures.

The term alignment of a company describes a well-coordinated connection of important system elements (e.g. business model, strategy, innovation, core competencies, organization, IT systems, culture and stakeholders) with regard to a common vision and purpose. In the course of their development, such alignment has been lost in many companies and at the same time the task of realignment in the sense of a realization arises.10

Based on these definitions, I would like to explore the question of what the complexity of a triple realignment consists of and what approach companies can use to overcome this complexity.

 

Complexity of a triple realignment

A key finding is that the complexity of a triple realignment lies in the connection of different fields of action. This triple realignment requires the change of a complex system. The transformation illusion consists of the assumption that such a change is possible with the help of one-off top-down planning. This mechanistic strategy paradigm is outdated and has now been superseded by a new paradigm that focuses on managing complexity.11 The diagram shows important fields of action for such a

Lernprozess Innovationsstrategie

Over the past sixty years, strategic management has developed in five stages. Strategy 5.0 connects the development stages. Companies manage this connectivity in various fields of action. A common vision plays an important role here as a bracket for an innovation, sustainability and resilience strategy. The focal points of a realignment of business models result from these strategies.

A second field of action is responding to or shaping disruptive stakeholder ecosystems. The research and development (R&D) management of companies, together with stakeholders from politics, science and society, is aimed at achieving competitive advantages in innovative technologies.

Field of action number three is digital, sustainable and resilient value creation. A current topic here is increasing productivity with AI-based business processes and knowledge-intensive applications. This topic affects almost all sectors and company sizes.

Mastering these fields of action requires a change in human resource management and culture as well as the development of new skills. Important impetus for overcoming complexity comes from connective leadership with agile methods, which start-ups and digital champions have implemented more consistently than established companies.

There is a close connection between this and changes in the organization, IT architecture and project management. Established companies find it difficult to transfer the concept of a platform organization with agile teams developed by digital champions to their own situation.

Action area number six is value enhancement with financial and non-financial reporting. Many companies limit themselves to a reactive approach in order to comply with new sustainability guidelines. It makes more sense to see sustainability as an opportunity for innovation.

A promising approach to this triple realignment, which connects various fields of action, is based on a breakdown into phases and learning loops. This approach differs fundamentally from rigid roadmap concepts,12 which are widely used in the literature but have often failed in practice.

 

Procedure for a triple realignment

Structuring the approach of complex tasks into phases and learning loops is based on the action learning model, which also forms the basis for agile methods. Similar to the scaling of agile teams, the challenge here is to bring the entire organization together in an iterative process. In practice, it has proven useful to divide each of the learning loops into the six phases shown in the diagram.

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A realignment begins with an analysis of the company’s specific initial situation combined with a look into the future (foresight). Particular attention should be paid to the early recognition of possible radical changes. This requires a high level of contextual intelligence in order to correctly assess the complexity of external developments.

In the next phase, the task is to develop a vision for a triple realignment. One trigger may be the need to overcome crises and regain resilience. For many companies, the topic of sustainability has a meaningful effect. Digital technologies provide the potential for renewal. It is crucial to involve employees in this process and to credibly convey a spirit of optimism that provides the positive energy for the subsequent phases.

The vision forms the framework for prioritizing the dimensions of digital, sustainable and resilient as well as the fields of action for a realignment. In an initial learning loop, the company works on the challenges with the highest priority. Lower-priority tasks are completed according to the same pattern in later learning loops. This iterative approach makes an important contribution to overcoming complexity. Management often reassesses the current situation of the company and its environment after each learning loop.

In many companies, a triple realignment fails due to the existing governance model. By governance, we mean the interplay between human resource management, culture, organization and control. The supervisory board must ensure that the governance is suitable for changing this complex system and take appropriate measures if this is not the case. This fourth phase is therefore crucial to overall success. A misconceived approach to transformation contributes to an increased likelihood of joint failure between the board, management, employees and external advisors. It is possible that a restructuring may be necessary before the realignment. However, it is important to communicate this clearly and not hide behind a vaguely formulated transformation concept.

Another important hurdle is implementation in the form of programs and projects, which takes place in phase five. Coordinating the fields of action with the help of agile and transparent performance management has proven its worth here. A suitable approach is the Objectives and Key Results (OKR) method. This is used successfully by start-ups and successful digital giants, but still frequently encounters the barriers of a silo culture in established companies. In this respect, the success of the individual phases builds on each other. Without suitable governance in phase four, the coordination of the fields of action will not succeed. Feedback is therefore of great importance in this process.

The sixth and final phase is human resource development in the form of specific action learning by many. In view of the growing importance of generative AI, companies are increasingly faced with the question of how they should organize the further training of many employees during an ongoing digital realignment. As there has been nothing comparable in recent economic history, new approaches are needed here. These should start with school education. Unfortunately, Germany has largely missed out on this and is now facing the need to further develop its education system. However, the economy cannot wait for this and must take the initiative itself when it comes to human resource development.

Our practical experience shows that this approach has the character of a framework concept that each company must adapt to its specific situation. We support managers in this adaptation by combining consulting with personnel development. In this way, we achieve a better price-performance ratio for our clients than with traditional management consulting.

 

Conclusion

– Companies must currently master a triple strategic realignment and become more digital as well as more sustainable and resilient

– We understand the term realignment to mean a long-term, specific change

– The complexity of a triple realignment lies in the processing of different fields of action that are linked to each other

– In this form of change, an iterative process structured in phases and learning loops has proven its worth

 

Literature

[1] Servatius, H.G., Strategy 5.0 for mastering the new challenges. In: Competivation Blog, 28.06.2022

[2] Berger, R., Servatius, H.G., Krätzer, A., Die Zukunft des Autos hat erst begonnen – Ökologisches Umsteuern als Chance, Pieper 1994

[3] Servatius, H.G., Designing innovative stakeholder ecosystems. In: Competivation Blog, 10.01.2023

[4] Kaufmann, T., Servatius, H.G., Das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz als Game Changer – Wege zu einem Management 4.0 und einer digitalen Architektur, SpringerVieweg 2020

[5] Servatius, H.G., Resilience-oriented strategic management. In: Competivation Blog, 15.03.2023

[6] Hofer, J. et al, Nvidia’s Taiwan risk. In: Handelsblatt, May 28, 2024, p.1, 4-5

[7] Polanyi, K., The Great Transformation – Political and Economic Origins of Societies and Economic Systems, Suhrkamp 1973

[8] Goullart, F.J., Kelly, J.N., Transforming the Organization, Mc Graw Hill 1995

[9] Christmann, A.S., et al, The Twin Transformation Butterfly. In: Business Information Systems Engineering, January 23, 2024

[10] Trevor, J., Re:Align – A Leadership Blueprint for Overcoming Disruption and Improving Performance, Bloomsbury 2022

[11] Servatius, H.G., With a strategy 5.0 to success with Digital GreenTech. In: Fesidis, B., Röß, S.A., Rummel, S.(Eds.), With digitalization and sustainability to a climate-neutral company, SpringerGabler 2023, pp.71-94

[12] Rogers, D.L., The Digital Transformation Roadmap – Rebuild Your Organization for Continuous Change, Columbia Business School Publishing 2023

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