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Evolution des strategischen Managements

Evolution des strategischen Managements

Digital-Unternehmen haben die erste Entwicklungsstufe des markt- und finanzorientierten strategischen Managements mit einer zweiten Stufe verbunden, die durch Technologie und Innovation geprägt ist. Bereits vor der Entstehung des strategischen Managements ist eine solche Konnektivität grundlegender Orientierungen ein Erfolgsfaktor der europäischen Hidden Champions gewesen. In der Fähigkeit zur Verbindung liegt auch gegenwärtig eine Chance für die europäische Industrie, die sich ausgehend von ihren traditionellen Stärken neu in Richtung auf Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Resilienz ausrichten muss.

In diesem Blogpost erläutere ich die Grundlagen und Charakteristika der ersten beiden Entwicklungsstufen des strategischen Managements und gehe auf die Rolle der generativen Künstlichen Intelligenz (KI) als Game Changer ein.

 

Verbindung von Strategie 1.0 und 2.0

Fast jedes zweite deutsche Unternehmen befürchtet, dass eine Deindustrialisierung des Standorts Deutschlands kaum noch aufzuhalten ist und dieser weiter an Attraktivität verliert. Das ist das ernüchternde Ergebnis einer Studie des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Nach Meinung der Befragten sei die Lage so schlecht wie schon lange nicht mehr.1

Natürlich ist dies vor allem ein Weckruf an die Politik. Daneben stellt sich aber die Frage, wie Unternehmen ihr strategische Managements an ein verändertes Umfeld anpassen können.

Aufgabe des strategischen Managements als interdisziplinäres Fachgebiet ist es, die Unternehmensentwicklung zu gestalten und neue Herausforderungen zu meistern. In den letzten Jahrzehnten haben sich die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft grundlegend verändert. Die sich daraus ergebende Evolution des strategischen Managements gliedern wir in fünf Entwicklungsstufen.2 Zwischen diesen Stufen gibt es vielfältige Wechselwirkungen und Rückkopplungen. Gegenwärtig von besonderer Bedeutung ist die Verbindung zwischen der Strategie 1.0 und der Strategie 2.0. Eine wichtige Rolle spielen dabei Digital-Unternehmen.3

 

Vier grundlegende Orientierungen

Das strategische Management hat sich seit den 1960er Jahren aus der strategischen Planung entwickelt.4 Bereits lange vorher lag eine Stärke der wenig bekannten europäischen Weltmarktführer in ihrer Verbindung der Technologie-, Innovations-, Markt- und Finanzorientierung. Bis heute sind die vier grundlegenden Orientierungen bei diesem Unternehmenstyp auf spezifische, wissensintensive Geschäftsfelder fokussiert.5 Dies hat zum hohen Ansehen des German Engineering in der Welt beigetragen.

Der Siegeszug der ersten Entwicklungsstufe eines markt- und finanzorientierten strategischen Managements begann hingegen in diversifizierten US-amerikanischen Großunternehmen. Ein wichtiger Nutzen für die Verantwortlichen lag in der integrativen Sicht betrieblicher Funktionen und der Unterstützung von Portfolio-Entscheidungen. In den 1970er Jahren erreichte diese neuen Managementlehre deutsche Großunternehmen. Parallel dazu gewannen Funktionalstrategien an Bedeutung. Die Strategieumsetzung scheiterte aber häufig an einer von der Personalführung nicht bewältigten Komplexität.

Technologie- und Innovationsaspekte spielten in dieser ersten Stufe eine untergeordnete Rolle. Daher war die Verbreitung des strategischen Managements bei europäischen Hidden Champions und im Mittelstand eher gering. Dies hat mich Ende der 1970er Jahre bewogen, mit einer Promotion zum strategischen Technologie-Management zu beginnen. Interessanterweise befand sich in dieser Zeit die US-amerikanische Industrie in einer tiefen Krise.6 In meiner Dissertation habe ich eine ressourcenorientierte Methodik für die Entstehung von Technologiestrategien entwickelt und damit einen Beitrag zur zweiten Entwicklungsstufe eines technologie- und innovationsorientierten strategischen Managements geleistet.7 Dabei war eine wichtige Erkenntnis, dass erfolgreiche Innovationssysteme von Unternehmen aus verbundenen Handlungsfeldern bestehen. Bei deren Gestaltung kommt es auf die Fähigkeit an, die Entstehung und Umsetzung von Strategien mit einer unternehmerischen Kultur zu verbinden.8

In Europa weniger erfolgreich verlaufen ist die Erschließung des Potenzials digitaler Querschnittstechnologien. So waren es letztlich US-amerikanische Start-ups, die im Rahmen von verschiedenen Digitalisierungswellen die erste und die zweite Entwicklungsstufe des strategischen Managements zusammengeführt haben. Auf diese Weise sind die heute wertvollsten Unternehmen der Welt entstanden. Die Abbildung veranschaulicht die vier Orientierungen, die die ersten beiden Entwicklungsstufen des strategischen Managements verbinden.

Lernprozess Innovationsstrategie

Im folgenden möchte ich die Grundlagen und Charakteristika dieser beiden Entwicklungsstufen näher erläutern.

 

Markt- und finanzorientiertes strategisches Management

Die Ursprünge des Strategiebegriffs liegen im militärischen Sektor. Eine frühe Übertragung auf die Wirtschaft erfolgte an der Harvard Business School, wo man 1911 einen Kurs zum Thema Business Policy startete, um eine Klammer für die betriebswirtschaftlichen Funktionslehren zu schaffen. Schwerpunkt der Unternehmenspolitik sind die Themen Vision und Mission.9 Eine weitere Grundlage der ersten Stufe ist der Blick in mögliche Zukünfte, was der Begriff Foresight umschreibt.10 In dieser Entstehungsphase hat das strategische Management allmählich die bis dahin verbreitete Langfristplanung verdrängt.  Allerdings ist das strategische Management nie ein homogenes Konzept gewesen. Relativ früh sind verschiedene Schulen entstanden, die die Vielzahl möglicher Strategieprozesse beschreiben. Dabei ist der analytische Prozess nur eine der Varianten.11

Lernprozess Innovationsstrategie

Im Mittelpunkt der ersten Entwicklungsstufe des strategischen Managements (Strategie 1.0) steht der Fokus auf Wettbewerbsvorteile in Absatzmärkten.12 Das übergeordnete Ziel ist eine Steigerung des Unternehmenswertes für die Anteilseigner.13 Gegen diese dominierende Shareholder-Value-Sicht konnte sich die Stakeholder-Theorie zunächst nicht durchsetzen. Einen starken Einfluss auf die praktische Strategiearbeit hatte die durch Wissenschaftler und Managementberatungen geprägte Positionierungsschule, die die Strategieentwicklung als primär analytischen Prozess betrachtet. Eine populäre Methode ist die aus heutiger Sicht relativ mechanistisch erscheinende Portfolio-Analyse strategischer Geschäftselder.14

Der Hauptkritikunkt an der Strategie 1.0 ist, dass es mit dem primär analytischen Vorgehen allein nicht gelingt, Umsetzungsprobleme zu meistern. Zu einem Scheitern der Strategie-Implementierung tragen die Top-down-Vorgehensweise und die schwierige Harmonisierung von Funktionalstrategien bei. Trotz der Kritik ist diese erste Entwicklungsstufe vor allem in etablierten Großunternehmen lange Zeit weit verbreitet gewesen. Sie steht auch immer noch im Mittelpunkt der Lehre vieler Hochschulen, die zwischen den Fächern strategisches Management und Technologie- und Innovationsmanagement unterscheiden.

 

Technologie- und innovationsorientiertes strategisches Management

Die zweite, technologie- und innovationsorientierte Stufe des strategischen Managements basiert stärker auf Unternehmertum. Daher liefert für eine Strategie 2.0 die Entrepreneurship-Forschung eine wichtige Grundlage.15 In den USA haben die Finanzierung von Start-ups durch Venture Capital16 und das Corporate Venture Management viel früher an Bedeutung gewonnen als in Europa.17 Eine weitere wichtige Grundlage ist die ganzheitliche Designtheorie, die der Wirtschaftsnobelpreisträger Herbert Simon geprägt hat.18 Von den betriebswirtschaftlichen Funktionslehren behandeln vor allem das Forschungs- und Entwicklungs-(F&E) Management19 und das Produktionsmanagement20 technologische Themen.

Lernprozess Innovationsstrategie

Seit den 1980er Jahren hat sich die zweite Stufe des strategischen Managements sehr dynamisch in verschiedenen Phasen entwickelt.21 Der Fokus liegt dabei auf Technologien und Innovationsvorteilen. Das Technologie- und Innovationsmanagement integriert klassische Managementaufgaben in einem systemorientierten Ansatz.22 Hervorzuheben ist dabei die Bedeutung der Personalführung, Kultur und Organisation. Die Aufgabe von Innovationsmanagern liegt in der Gestaltung der verbundenen Handlungsfelder des Innovationssystems ihres Untenehmens.23 Diese systemorientierte Betrachtung von Handlungsfeldern bildet für die beteiligten Akteure einen gemeinsamen Rahmen. Die Evolution eines solchen offenen, komplexen Systems ergibt sich aus der Interaktion der Akteure mit ihrem Umfeld. In den letzten Jahrzehnten hat die Bedeutung von neuen Geschäftsmodellen24 und einer innovationsfördernden Kultur25 stark zugenommen. Dabei haben zunächst vor allem Start-ups mit agilen Methoden das Potenzial digitaler Technologien genutzt.26

Aus diesen Start-ups sind die US-amerikanischen Digital-Giganten hervorgegangen, deren Marktmacht teilweise auch kritisch gesehen wird. Für etablierte Unternehmen stellen der digitale Wandel und die damit verbundene Abhängigkeit von IT-Unternehmen eine große Herausforderung dar.27 In der folgenden Abbildung ist die zeitliche Entwicklung des technologie- und innovationsorientierten strategischen Managements zusammengefasst.

Lernprozess Innovationsstrategie

Eine neue Digitalisierungswelle geht von der generativen Künstlichen Intelligenz (KI) mit großen Sprachmodellen aus, die Produktivitätsvorteile und veränderte Formen der Wissensarbeit ermöglicht. Im Juni 2024 ist der KI-Ausrüster Nvidia kurzfristig das wertvollste börsenorientierte Unternehmen der Welt geworden.28 In dieser aktuellen Welle könnten die Karten zwischen Unternehmen und Wirtschaftsblöcken neu gemischt werden. Es stellt sich die Frage, wie Europa die sich hieraus ergebenden Risiken meistern kann.

 

Die generative KI als Game Changer für Europa

Als wir 2020 unser Buch Das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz als Game Changer publiziert haben, war der gegenwärtige Hype um die generative KI noch nicht absehbar. Im letzten Kapitel des Buchs setzen wir uns kritisch mit der europäischen und der deutschen Innovationspolitik auseindander.29 Eine spannende Frage ist, inwieweit die generative KI zu einer erfolgreichen Neuausrichtung der deutschen Wirtschaft beiträgt oder ihren weiteren Niedergang beschleunigt. Beides erscheint möglich. Daher befindet sich unser Land an einem Wendepunkt.

Aus der Erfolgsgeschichte der europäischen Hidden Champions können wir lernen, dass es entscheidend auf eine Verbindung der Sektoren Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft sowie der strategischen Handlungsfelder von Unternehmen ankommt. Unsere Empfehlung ist daher zu versuchen, eine Kultur der Verbundenheit zurückzugewinnen. Wichtig wäre es, dass alle Beteiligten einen entsprechenden Mindset entwickeln. Den sollten die Eliten vorleben und hoffen, dass die Bürgerinnen und Bürger ihrem Beispiel folgen. Die Aus- und Weiterbildung zum Thema Cultural Connectedness kann hierzu einen Beitrag leisten.

 

Fazit

– Der Erfolg von Digital-Unternehmen resultiert aus der Verbindung der ersten und  der zweiten Entwicklungsstufe des strategischen Managements

– Ein Problem der ersten markt- und finanzorientierten Stufe ist die Komplexitätsbewältigung bei der Strategieumsetzung

-Den Digital-Champions gelingt es besser als etablierten Unternehmen, das Potenzial der Informationstechnik zu nutzen und die verbundenen Handlungsfelder ihrer Innovationssysteme erfolgreich zu gestalten

– Mit dem Thema generative Künstliche Intelligenz (KI) hat bei der Verbindung von Strategie 1.0 und 2.0 ein neues Kapitel begonnen

 

Literatur

[1] Höpner, A., „Deindustrialisierung kann kaum noch aufgehalten werden“. In: Handelsblatt, 18.Juni 2024, S.18

[2] Servatius, H.G., Strategie 5.0 zur Bewältigung der neuen Herausforderungen. In: Competivation Blog, 28.06.2022

[3] Servatius, H.G., Personalführung im Zeitalter eines Connective Managements. In: Competivation Blog, 19.01.2021

[4] Ansoff, I.H., Declerck, R.P., Hayes, R.L. (Hrsg.), From Strategic Planning to Strategic Management, John Wiley 1976

[5] Simon, H., Hidden Champions des 21.Jahrhunderts –  Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer, Campus 2007

[6] Hayes, R.H., Wheelwright, S.C., Restoring Our Competitive Edge – Competing Through Manufacturing, John Wiley 1984

[7] Servatius, H.G., Methodik des strategischen Technologie-Managements – Grundlage für erfolgreiche Innovationen, Erich Schmidt 1985

[8] Schein, E.H., Organizational Culture and Leadership – A Dynamic View, Jossey Bass 1986

[9] Bleicher, K., Das Konzept Integriertes Management, Campus 1991

[10] Müller, A.W., Müller-Stewens, G., Strategie Foresight –  Trend- und Zukunftsforschung in Unternehmen –  Instrumente, Prozesse, Fallstudien, Schäffer Poeschel 2009

[11] Mintzberg, H., Ahlstrand, B., Lampel, J., Strategy Safari – Eine Reise durch die Wildnis des strategischen Managements, Ueberreuter 1999

[12] Porter, M.E., Competitive Strategy – Techniques for Analyzing Industries and Competititors, The Free Press 1980

[13] Rappaport A., Creating Shareholder Value – The New Standard for Business Performance, The Free Press 1986

[14] Kirsch, W., Roventa, P. (Hrsg.), Bausteine des Strategischen Managements – Dialoge zwischen Wissenschaft und Praxis, De Gruyter, 1983

[15] Ronstadt, R.C., Entrepreneurship – Text, Cases and Notes, Lord Publishing 1984

[16] Gladstone, D.J., Venture Capital Handbook – An Entrepreneur’s Guide to Obtaining Capital To Start a Business, Buy a Business, Or Expand An Existing Business, Reston Publishing 1983

[17] Servatius, H.G., New Venture Management – Erfolgreiche Lösung von Innovationsproblemen für Technologie-Unternehmen, Gabler 1988

[18] Simon, H.A., The Sciences of the Artificial, 2.Aufl., MIT Press 1981 (1.Aufl. 1969)

[19] Brockhoff, K., Forschung und Entwicklung – Planung und Kontrolle, Oldenbourg 1988

[20] Zäpfel, G., Strategisches Produktionsmanagement, De Gruyter Oldenbourg 2000

[21] Zahn, E. (Hrsg.), Handbuch Technologie-Management, Schäffer-Poeschel 1995

[22] Servatius, H.G., Piller, F.T. (Hrsg.), Der Innovationsmanager – Wertsteigerung durch ein ganzheitliches Innovationsmanagement, Symposion 2014

[23] Servatius, H.G., Dreifache strategische Neuausrichtung, In: Competivation Blog, 07.06.2024

[24] Osterwalder, A., Pigneur, Y., Business Model Generation – A Handbook for Visionaries, Game Changers, and Challengers, Wiley 2010

[25] Mc Afee, A., The Geek Way – The Radical Mindset That Drives Extraordinary Results, Macmillan Business 2023

[26] Ries, E., The Lean Startup – How Today’s Entrepreneurs Use Continuous Innovation to Create Radically Successful Businesses, Crown Currency 2011

[27] Rogers, D.L., The Digital Transformation Roadmap – Rebuild Your Organization for Continuous Change, Columbia Business School Publishing 2023

[28] Brüntjen, J.S., Narat, I., Maisch, M., Kursbebeben erschüttert Nvidia. In: Handelsblatt, 26.Juni 2024, S.30-31

[29] Kaufmann, T. Servatius, H.G., Das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz als Game Changer – Wege zu einem Management 4.0 und einer digitalen Architektur, Springer Vieweg 2020, S.203 ff.

Evolution des strategischen Managements

Evolution of strategic management

Digital companies have combined the first development stage of market- and finance-oriented strategic management with a second stage characterized by technology and innovation. Even before the emergence of strategic management, such connectivity of fundamental orientations has been a success factor of European hidden champions. The ability to connect is also currently an opportunity for European industry, which must reorient itself towards digitalization, sustainability and resilience based on its traditional strengths.

In this blog post, I explain the basics and characteristics of the first two development stages of strategic management and discuss the role of generative artificial intelligence (AI) as a game changer.

 

Linking strategy 1.0 and 2.0

Almost every second German company fears that the deindustrialization of Germany as a business location can hardly be stopped and that it will continue to lose its attractiveness. This is the sobering result of a study by the Federation of German Industries (BDI). According to the respondents, the situation is worse than it has been for a long time.1

Of course, this is above all a wake-up call for politicians. However, it also raises the question of how companies can adapt their strategic management to a changed environment.

The task of strategic management as an interdisciplinary field is to shape corporate development and master new challenges. In recent decades, the framework conditions for the economy have changed fundamentally. We divide the resulting evolution of strategic management into five development stages.2 There are many interactions and feedback loops between these stages. The link between Strategy 1.0 and Strategy 2.0 is currently of particular importance, with digital companies playing a key role.3

 

Four basic orientations

Strategic management has developed from strategic planning since the 1960s.4 Long before that, one of the strengths of the little-known European world market leaders was their combination of technology, innovation, market and financial orientation. To this day, the four basic orientations of this type of company are focused on specific, knowledge-intensive business areas.5 This has contributed to the high reputation of German engineering in the world.

The triumphant advance of the first development stage of market- and finance-oriented strategic management, on the other hand, began in diversified large US companies. An important benefit for those responsible lay in the integrative view of operational functions and the support of portfolio decisions. This new management theory reached large German companies in the 1970s. At the same time, functional strategies gained in importance. However, strategy implementation often failed due to a complexity that was not mastered by personnel management.

Technology and innovation aspects played a subordinate role in this first stage. As a result, the spread of strategic management among European hidden champions and SMEs was rather low. This prompted me to start a doctorate in strategic technology management at the end of the 1970s. Interestingly, the US industry was in a deep crisis at that time.6 In my dissertation, I developed a resource-oriented methodology for the development of technology strategies and thus made a contribution to the second development stage of technology and innovation-oriented strategic management.7 An important finding was that successful corporate innovation systems consist of interconnected fields of action. Their design depends on the ability to combine the development and implementation of strategies with an entrepreneurial culture. 8

In Europe, tapping into the potential of digital cross-sectional technologies has been less successful. Ultimately, it was US start-ups that brought together the first and second development stages of strategic management as part of various waves of digitalization. This is how the most valuable companies in the world today were created. The diagram illustrates the four orientations that link the first two development stages of strategic management.

Lernprozess Innovationsstrategie

In the following, I would like to explain the basics and characteristics of these two stages of development in more detail.

 

Market and finance-oriented strategic management

The origins of the concept of strategy lie in the military sector. An early transfer to the business world took place at Harvard Business School, where a course on business policy was launched in 1911 to create a framework for business management theory. The focus of business policy is on vision and mission.9 Another foundation of the first stage is a look into possible futures, which is described by the term foresight.10 In this development phase, strategic management gradually replaced the long-term planning that had been widespread until then.  However, strategic management has never been a homogeneous concept. Various schools emerged relatively early on to describe the multitude of possible strategic processes. The analytical process is only one of the variants. 11

Lernprozess Innovationsstrategie

The focus of the first development stage of strategic management (Strategy 1.0) is on competitive advantages in sales markets.12 The overriding goal is to increase the value of the company for shareholders.13 Stakeholder theory was initially unable to assert itself against this dominant shareholder value view. The positioning school, which was shaped by academics and management consultancies and views strategy development as a primarily analytical process, had a strong influence on practical strategy work. One popular method is the portfolio analysis of strategic business fields, which seems relatively mechanistic from today’s perspective. 14

The main criticism of Strategy 1.0 is that the primarily analytical approach alone does not succeed in overcoming implementation problems. The top-down approach and the difficulty of harmonizing functional strategies contribute to the failure of strategy implementation. Despite criticism, this first stage of development has long been widespread, especially in established large companies. It is also still the focus of teaching at many universities, which differentiate between the subjects of strategic management and technology and innovation management.

 

Technology and innovation-oriented strategic management

The second, technology and innovation-oriented stage of strategic management is based more strongly on entrepreneurship. Entrepreneurship research therefore provides an important basis for Strategy 2.0.15 In the USA, the financing of start-ups through venture capital16 and corporate venture management gained importance much earlier than in Europe.17 Another important foundation is the holistic design theory coined by Nobel Prize winner Herbert Simon.18 Of the functional business management theories, research and development (R&D) management19 and production management20 deal primarily with technological topics.

Lernprozess Innovationsstrategie

Since the 1980s, the second stage of strategic management has developed very dynamically in various phases.21 The focus here is on technologies and innovation advantages. Technology and innovation management integrates classic management tasks in a system-oriented approach.22 The importance of personnel management, culture and organization should be emphasized. The task of innovation managers is to shape the connected fields of action of their company’s innovation system.23 This system-oriented view of fields of action forms a common framework for the actors involved. The evolution of such an open, complex system results from the interaction of the actors with their environment. In recent decades, the importance of new business models24 and a culture that promotes innovation25 has increased significantly. Initially, it was primarily start-ups with agile methods that exploited the potential of digital technologies.26

These start-ups have given rise to the US digital giants, whose market power is sometimes viewed critically. For established companies, digital change and the associated dependence on IT companies represent a major challenge.27 The following figure summarizes the development of technology and innovation-oriented strategic management over time.

Lernprozess Innovationsstrategie

A new wave of digitalization is coming from generative artificial intelligence (AI) with large language models, which enables productivity advantages and changed forms of knowledge work. In June 2024, AI supplier Nvidia briefly became the most valuable listed company in the world.28 In this current wave, the cards between companies and economic blocs could be reshuffled. The question arises as to how Europe can master the resulting risks.

 

Generative AI as a game changer for Europe

When we published our book The Internet of Things and Artificial Intelligence as a Game Changer in 2020, the current hype surrounding generative AI was not yet foreseeable. In the last chapter of the book, we take a critical look at European and German innovation policy.29 An exciting question is to what extent generative AI will contribute to a successful reorientation of the German economy or accelerate its further decline. Both seem possible. Our country is therefore at a turning point.

We can learn from the success story of the European hidden champions that it is crucial to connect the sectors of politics, science, business and society as well as the strategic fields of action of companies. Our recommendation is therefore to try to regain a culture of solidarity. It would be important for everyone involved to develop a corresponding mindset. The elites should set an example and hope that citizens will follow their example. Education and training on the topic of cultural connectedness can contribute to this.

 

Conclusion

  • The success of digital companies results from the combination of the first and second development stages of strategic management
  • One problem of the first market- and finance-oriented stage is coping with the complexity of strategy implementation
  • Digital champions are better than established companies at exploiting the potential of information technology and successfully shaping the associated fields of action of their innovation systems
  • A new chapter in the combination of Strategy 1.0 and 2.0 has begun with the topic of generative artificial intelligence (AI)

 

Literature

[1] Höpner, A., „Deindustrialization can hardly be stopped“. In: Handelsblatt, June 18, 2024, p.18

[2] Servatius, H.G., Strategy 5.0 for mastering the new challenges. In: Competivation Blog, 28.06.2022

[3] Servatius, H.G., Personnel management in the age of connective management. In: Competivation Blog, 19.01.2021

[4] Ansoff, I.H., Declerck, R.P., Hayes, R.L. (eds.), From Strategic Planning to Strategic Management, John Wiley 1976

[5] Simon, H., Hidden Champions des 21.Jahrhunderts – Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer, Campus 2007

[6] Hayes, R.H., Wheelwright, S.C., Restoring Our Competitive Edge – Competing Through Manufacturing, John Wiley 1984

[7] Servatius, H.G., Methodology of Strategic Technology Management – Basis for Successful Innovations, Erich Schmidt 1985

[8] Schein, E.H., Organizational Culture and Leadership – A Dynamic View, Jossey Bass 1986

[9] Bleicher, K., Das Konzept Integriertes Management, Campus 1991

[10] Müller, A.W., Müller-Stewens, G., Strategie Foresight – Trend- und Zukunftsforschung in Unternehmen – Instrumente, Prozesse, Fallstudien, Schäffer Poeschel 2009

[11] Mintzberg, H., Ahlstrand, B., Lampel, J., Strategy Safari – Eine Reise durch die Wildnis des strategischen Managements, Ueberreuter 1999

[12] Porter, M.E., Competitive Strategy – Techniques for Analyzing Industries and Competitors, The Free Press 1980

[13] Rappaport A., Creating Shareholder Value – The New Standard for Business Performance, The Free Press 1986

[14] Kirsch, W., Roventa, P. (eds.), Bausteine des Strategischen Managements – Dialoge zwischen Wissenschaft und Praxis, De Gruyter, 1983

[15] Ronstadt, R.C., Entrepreneurship – Text, Cases and Notes, Lord Publishing 1984

[16] Gladstone, D.J., Venture Capital Handbook – An Entrepreneur’s Guide to Obtaining Capital To Start a Business, Buy a Business, Or Expand An Existing Business, Reston Publishing 1983

[17] Servatius, H.G., New Venture Management – Successful Solution of Innovation Problems for Technology Companies, Gabler 1988

[18] Simon, H.A., The Sciences of the Artificial, 2nd ed., MIT Press 1981 (1st ed. 1969)

[19] Brockhoff, K., Research and Development – Planning and Control, Oldenbourg 1988

[20] Zäpfel, G., Strategic Production Management, De Gruyter Oldenbourg 2000

[21] Zahn, E. (ed.), Handbuch Technologie-Management, Schäffer-Poeschel 1995

[22] Servatius, H.G., Piller, F.T. (eds.), The innovation manager – value enhancement through holistic innovation management, Symposion 2014

[23] Servatius, H.G., Triple strategic realignment, Competivation Blog, 07.06.2024

[24] Osterwalder, A., Pigneur, Y., Business Model Generation – A Handbook for Visionaries, Game Changers, and Challengers, Wiley 2010

[25] Mc Afee, A., The Geek Way – The Radical Mindset That Drives Extraordinary Results, Macmillan Business 2023

[26] Ries, E., The Lean Startup – How Today’s Entrepreneurs Use Continuous Innovation to Create Radically Successful Businesses, Crown Currency 2011

[27] Rogers, D.L., The Digital Transformation Roadmap – Rebuild Your Organization for Continuous Change, Columbia Business School Publishing 2023

[28] Brüntjen, J.S., Narat, I., Maisch, M., Share price quake shakes Nvidia. In: Handelsblatt, June 26, 2024, p.30-31

[29] Kaufmann, T. Servatius, H.G., Das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz als Game Changer – Wege zu einem Management 4.0 und einer digitalen Architektur, Springer Vieweg 2020, p.203 ff.

 

 

Game-Changer-Themen meistern

Game-Changer-Themen meistern

Game-Changer-Themen wie die Digitalisierung und der Klimawandel haben das Potenzial, die Spielregeln für Unternehmen und den Wettbewerb grundlegend zu verändern. Wie aber meistern Führungskräfte eine solche Herausforderung? Das ist die Frage, die bei dem vorliegenden und weiteren Blog-Beiträgen im Mittelpunkt steht. 

 

Neubeginn im Startup-Verband

Christian Miele, Ururenkel des gleichnamigen Unternehmensgründers und Partner beim Risikokapitalgeber Eventures möchte den Bundesverband Deutsche Startups neu ausrichten. Dazu tritt er mit einem prominent besetzten Vorstand und einem Team für Präsidium, Beirat und Kuratorium an. Diese neue Führungsmannschaft plant eine Fokussierung auf zwei Themen: Mitarbeiterbeteiligung und Zukunftsfonds. Die Digitalisierung sei wie der Klimaschutz das Thema der Stunde. Mit seiner Agenda will Miele die Politik wachrütteln, damit aus Deutschland doch noch ein digitaler Vorzeigestaat wird. Hierzu seien neue Ökosysteme aus Startups und Partnern sowie verbesserte politische Rahmenbedingungen erforderlich.1

Das Beispiel zeigt, dass ein Game-Changer-Thema, wie die Verbesserung der Situation von Startups innovative Ansätze erfordert. In diesem Fall die Neuausrichtung eines Verbandes.

 

Defizite bei Game-Changer-Themen

Im Rahmen der Arbeit an unserem Buch „Das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz als Game Changer“2 mussten wir feststellen, dass viele Unternehmen Schwierigkeiten bei der Identifikation und Bewältigung von Game-Changer-Themen haben. Aus dieser Erkenntnis ist die Arbeitshypothese entstanden, dass Game-Changer-Themen bestimmte Charakteristika aufweisen. Ein Verständnis dieser Charakteristika – so unsere Überlegung – bildet den Ausgangspunkt für die Entwicklung geeigneter Lösungsansätze. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass sehr unterschiedliche Themen ein solches Game-Changer-Potenzial aufweisen. Daher haben wir die Themen in eine Typologie eingeordnet.

 

Game-Changer-Typologie

Viele Game-Changer-Themen kann man einem der folgenden fünf Typen zuordnen. Zu Typ eins gehören Themen, deren Bedeutung häufig unterschätzt wird und die etablierte Unternehmen daher nicht gut beherrschen. Ein Beispiel ist die Förderung der Innovationskultur durch die Führung. Sowohl Digital-Champions als auch Startups sind bei diesem Thema deutlich besser als Durchschnittsunternehmen. Aufgrund verbreiteter Defizite ist das Thema seit einiger Zeit zum Game-Changer geworden.

 

 

Der Game-Changer-Typ zwei hat die Diskussion im letzten Jahrzehnt stark geprägt. Dabei geht es um die disruptive Wirkung digitaler Technologien auf Geschäftsmodelle, Produkte, Dienstleistungen und Prozesse. Ein Beispiel ist die Entwicklung von digitalen Anwendungen (Apps) mit Low-Code-Plattformen. Bei diesem Typ werden die Notwendigkeit zum Ausbau von digitaler Kompetenz und einer Zusammenarbeit mit Plattformpartnern besonders deutlich.

Angesichts der globalen Herausforderungen des Klimawandels ist das Streben nach Nachhaltigkeit ein wichtiger Treiber des Game-Changer Typs drei. Es gibt jedoch eine Reihe von Themen, bei denen Defizite bei den Beziehungen zu Stakeholdern Durchbrüche erschweren. Beispiele sind Nachhaltigkeitsinnovationen im Energie- und Mobilitätssektor, wie die Einführung von Smart Meter Gateways oder eine fehlende Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität. In beiden Fällen verläuft die Abstimmung zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor nicht optimal.

Der Ursprung von Game-Changer-Typ vier liegt in einem veränderten Kundenverhalten. Seit einigen Jahren gelingt es vor allem Startups, wie dem Dollar Shave Club, die Kundenwertschöpfung digital zu entkoppeln und so etablierte Unternehmen wie die Procter & Gamble-Marke Gilette massiv unter Druck zu setzen. Die Herausforderung für die Etablierten liegt in der Beantwortung der Frage, welche Gegenstrategie Erfolg versprechend ist.

Game Changer vom Typ fünf werden von Ereignissen initiiert, die eine geringe Eintrittswahrscheinlichkeit und große Auswirkungen haben. Der Autor Nassim Nicholas Taleb beschreibt die Macht dieser höchst unwahrscheinlichen Ereignisse in seinem berühmten, 2007 erschienenen Buch „Der Schwarze Schwan“. Ein aktuelles Beispiel ist die Corona-Pandemie, die nicht nur die Weltwirtschaft in eine Rezession stürzt, sondern voraussichtlich auch wichtige ökonomische Handlungsmuster verändern wird.

 

Gemeinsamkeiten bei Game-Changer-Themen

Die Beispiele zeigen, dass es bei den Game-Changer-Themen deutliche Unterschiede gibt. Neben diesen Unterschieden existieren aber auch einige Gemeinsamkeiten, die sich in den folgenden Punkten zusammenfassen lassen:

  1. Game-Changer-Themen haben das Potenzial, die Spielregeln für Unternehmen und den Wettbewerb grundlegend zu verändern.
  2. Die Wirkung für ein Unternehmen kann sowohl den Charakter einer Bedrohung als auch einer Chance haben.
  3. Für die beteiligten Akteure stellt das Thema eine besondere Herausforderung dar.
  4. Game-Changer-Themen zu meistern erfordert eine komplexitätsbewusste Führung und häufig auch Digitalkompetenz.

 

 

Die Typologie und die Gemeinsamkeiten verdeutlichen, dass Game-Changer-Themen eine spezifische Haltung von Führungskräften erfordern, die im Rahmen der traditionellen Managementaus- und Weiterbildung kaum vermittelt wird.

Dies wird am Beispiel des früheren Continental-Chefs Hubertus von Grünberg deutlich, dessen neu gegründetes Unternehmen Avateramedical einen Operationsroboter auf den Markt bringt, der den Weltmarktführer Intuitive Surgical angreift. „Wir wussten, dass es schwer wird“, sagt von Grünberg. Die besondere Herausforderung war für ihn der Anreiz.3 In diesem Punkt gleichen die Akteure, die ein Game-Changer-Thema vorantreiben, Spitzensportlern, die sich immer wieder neue ehrgeizige Ziele setzen. Weniger verbreitet als bei Sportlern ist bei wirtschaftlichen Game Changern allerdings ein maßgeschneidertes Coaching zur Unterstützung der Spielveränderer.

 

Integraler Ansatz für das Game-Changer-Management

Interessant ist, dass eine theoretische Grundlage für das Game-Changer-Management allenfalls in Grundzügen existiert. Wichtige Impulse kommen aus der Entrepreneurship-Forschung.4 Aber die Herausforderung, Game-Changer-Themen zu meistern, stellt sich nicht nur für Unternehmensgründer, sondern auch für Manager in späteren Phasen des Geschäftszyklus. Das Game-Changer-Management erfordert einen Ansatz, der neue Konzepte aus den Feldern Unternehmertum, Strategie, Technologie, Innovation, Wandel, Organisation und Nachhaltigkeit zusammenführt. In unserer praktischen Tätigkeit und der begleitenden Forschung beschäftigen wir uns seit einiger Zeit mit der Entwicklung eines solchen integralen Ansatzes. Ein wichtiger Unterschied zum traditionellen Change Management liegt dabei in der großen Unsicherheit der Veränderungsvorhaben.

Eine wichtige Erkenntnis ist, dass die Bewältigung von Game-Changer-Themen einer breiten Anwendung von Erkenntnissen der Theorie komplexer Systeme zum Durchbruch verhelfen kann. Daher sprechen wir von einer komplexitätsbewussten Führung (Complexity Conscious Leadership).

 

Literatur

  1. Brors, P., Tuma, T: Neustart im Startup-Verband (Interview mit Christian Miele). In: Handelsblatt, 9. Dezember 2019, S. 1, 4-5
  2. Kaufmann, T., Servatius, H.G.: Das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz als Game Changer – Wege zu einem Management 4.0 und einer digitalen Architektur, Wiesbaden 2020
  3. Telgheder, M.: Angriff im Robotermarkt. In: Handelsblatt, 13./14./15. Dezember 2019, S. 60
  4. Grichnik, D., Brettel, M., Koropp, C., Mauer, R.: Entrepreneurship – Unternehmerisches Denken, Entscheiden und Handeln in innovativen und technologieorientierten Unternehmungen, 2. Aufl., Stuttgart 2017

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